Asien-Pazifik-Wochen Berlin 2001
 
Deutschland zeigt Interesse für Erschließung Westchinas

Von Li Yafang und Zheng Wenhua

„Für Westchina bringt Chinas Beitritt zur WTO nicht nur Vorteile mit sich. Wir müssen Vor- und Nachteile nach dem WTO-Beitritt einer genauen Beobachtung unterziehen, wobei wir weder zu optimistisch noch zu pessimistisch sein dürfen. Die WTO bietet Westchina die Chance einer freien, fairen und transparenten Entwickungsmöglichkeit. Wir müssen diese Chance nutzen“, sagte Du Ping, Leiter des Forschungsinstituts für Bodenerschließung und regionale Wirtschaft der Staatlichen Kommission für Planung und Entwicklung während eines Interviews mit Korrespondenten des Internetportals china.org.cn auf dem Forum über Provinzen Westchinas während der Asien-Pazifik-Wochen in Berlin. Das Interview verlief wie folgt:

China.org.cn: Betrachtet man die Inhalte der Asien-Pazifik-Wochen, so existiert für das Forum über Provinzen Westchinas kein festgelegtes Programm. Erzählen Sie uns bitte Näheres zu diesem Forum.

Du Ping: Ursprünglich hatten die Organisatoren der Asien-Pazifik-Wochen nicht die Absicht, ein Forum über Provinzen Westchinas zu organisieren. Doch dann initiierten das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) ein Forum mit dem Thema „Probleme Westchinas angesichts Chinas Beitritt zur WTO“. Ziel war es, sowohl Deutsche als auch Chinesen über die von der GTZ in China geleistete Arbeit zu informieren. Auch die Chinesen hofften, mit diesem Forum das Interesse der Deutschen für eine wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Westchina zu wecken. Ziel dieses Forums war de facto ein Informationsaustausch zwischen China und Deutschland.

China.org.cn: Wofür werden sich die Deutschen Ihrer Meinung nach auf diesem Forum interessieren? In welchen Bereichen haben Deutsche und Chinesen in Westchina zusammengearbeitet?

Du: Viele Deutsche wissen kaum etwas über Westchina und verstehen deshalb auch nicht, warum sich die chinesische Regierung zu einer Erschließung der Gebiete Westchinas entschlossen hat. Grund dafür ist, daß in deutschen Medien wenig darüber berichtet wird. Ich denke, die folgenden Fragen werden für die Deutschen von großem Interesse sein: Welches Ziel verfolgt China mit einer Erschließung seiner westlichen Gebiete? Welche Maßnahmen hat China bisher ergriffen? Welches sind die Ausgangspunkte einer Kooperation deutscher Unternehmen und Banken mit China?

Die GTZ hat bereits die Zusammenarbeit mit China aufgenommen. Es ist jedoch das erste Mal, daß ein Diskussionsforum über die Ressourcenerschließung von Arbeitskräften, Umwelt und privaten Investitionen Westchinas abgehalten wird. Ich finde, daß sich Deutschland sehr für die Erschließung Westchinas interessiert. Westchina ist reich an Kohlenressourcen, deshalb werden deutschen Unternehmen auf diesem Forum die Energieressourcen in Westchina vorgestellt und letztendlich mehr Investitionen nach Westchina fließen. Im Vergleich zu anderen Ländern will die deutsche Regierung dem Empfängerland technisches Know-How anbieten, anstatt in ein bestimmtes Produktionsprojekt zu investieren. Auf diese Weise können nicht nur Qualifikation der Arbeitskräfte und Bildungs- und Technologieniveau Chinas verbessert werden, als auch die deutschen Unternehmen in China Entwicklungsmöglichkeiten ausfindig machen.

China.org.cn: Worüber werden Sie als Experte auf diesem Forum sprechen?

Du: Heute werde ich hauptsächlich über Chancen und Risiken, mit denen Westchina nach dem WTO-Beitritt konfrontiert sein wird, sprechen. Anfänglich herrschte teilweise die Ansicht, daß es sehr schwierig sei, die westchinesischen Gebiete zu entwicklen, insbesondere angesichts des großen Wettbewerbs nach Chinas WTO-Beitritt. Allerdings fordert die WTO ihre Mitglieder auf, sich an die Prinzipien der Gleichberechtigung, Transparenz und der Gleichbehandlung von Untenehmen im In- und Ausland im Rahmen des Gesetzes zu halten. Angesichts dieser Gegebenheiten werden die rückständigen Gebiete, meiner Meinung nach, nicht immer in ihrer schwachen Position bleiben. Auch Westchina wird von den folgenden vier Bereichen profitieren:

1. Nach dem WTO-Beitritt wird sich der westchinesische Markt noch weiter öffnen und mehr Geschäftsleute anziehen. Dadurch wird das indirekte Einkommen der lokalen Bevölkerung steigen, da die Konsumenten unter den Bedingungen eines fairen Wettbewerbs mit gleichen Geldmitteln mehr Dienstleistungen erhalten können. Es mangelt den westlichen Gebieten momentan jedoch an einem reichhaltigen Angebot und einem Konkurrenzverhalten zwischen den Unternehmen, auch ist das Einkommen der lokalen Bevölkerung weiterhin niedrig. Mit einer Öffnung des Konsumgütermarkts Westchinas wird auch die Auswahl an Waren reicher und die Konsumenten werden unter der Bedingung der gleichen Kaufkraft mehr Dienstleistungen erhalten können.

2. Nach dem WTO-Beitritt wird sich der westchinesische Markt für den internationalen Markt öffnen, was die Umgestaltung zahlreicher traditioneller chinesischer Unternehmen ermöglichen wird, insbesondere derer, denen in Westchina eine bedeutende Stellung zukommt, wie Unternehmen der Energieindustrie, der Verarbeitungsindustrie für Agarhilfsprodukte, der Bergbauindustrie und der Biomedizin.

3. Der WTO-Beitritt wird eine Bewußtseinsveränderung der Menschen in Westchina beschleunigen. Während dieses Prozesses werden es die Menschen anfänglich noch schwer haben, später aber wird ihr Vertrauen in die Zukunft gestärkt sein. Für die Rückständigkeit Westchinas gibt es zahlreiche Ursachen, wichtigste Ursache ist die nur langsame Entwicklung in Richtung Öffnung. Chinas WTO-Beitritt wird sowohl für die chinesische Regierung als auch für die Bewohner Westchinas die Möglichkeit einer Erschließung der westlichen Gebiete bieten.

4. Chinas WTO-Beitritt wird der Reform der staatlichen Unternehmen in Westchina neue Impulse geben. Von den Unternehmen in Westchina machen Staatsunternehmen den Hauptanteil aus. Sie sind in den Bereichen Anlagen, Technologie und Qualifikation der Arbeitskräfte überlegen. Diese befinden sich derzeit jedoch in einer schwierigen Situation, da ihre Produkte nicht mehr den Bedürfnissen des Marktes entsprechen. Nach dem WTO-Beitritt wird die chinesische Regierung die Reform des Eigentumsrechts staatlicher Unternehmen beschleunigen, was eine Wiederbelebung der staatlichen Unternehmen möglich macht.

Nach dem WTO-Beitritt werden in China noch viele Probleme existieren, die sich in den westlichen Gebieten noch gravierender gestalten, wie z. B. ein mangelhaftes Rechtssystem, eine konservative Denkweise, eine eventuelle Verschlechterung der ökologischen Umwelt. Des weiteren machen die staatlichen Unternehmen in Westchina einen relativ großen Anteil aus, während sich Privat- und Kollektivunternehmen nur langsam entwickeln.

Das Chinesisch-Europäische Forum für Wirtschaft fand im Rahmen der Veranstaltung „Schwerpunktland China“ vom 18.-19. September im Hotel Berlin statt, auch das Forum über Provinzen Westchinas wurde im Rahmen dieser Veranstaltung abgehalten. Es war das erste Forum mit dem Thema der Problematik der Ressourcenerschließung hinsichtlich Arbeitskräften, Umwelt und Privatinvestitionen, das von China und Deutschland organisiert wurde und in Deutschland stattfand.

(CIIC/12. Oktober 2001)