VII. Das Schlichtungssystem

(1) Die Bedeutung des Schlichtungssystems und seine Klassifizierung

1. Die Bedeutung des Schlichtungssystems

Die Schlichtung ist ein Verfahren, bei dem die streitenden Parteien durch Vermittlung, Überzeugung und Erziehung durch eine dritte Partei freiwillig ein Abkommen schließen und dadurch die Streitigkeiten beilegen.

3. Die Arten des Schlichtungssystems

Das Schlichtungssystem im heutigen China ist ein Schlichtungssystem der Volksmacht. Es hat die folgenden vier Arten:

1) Die Volksschlichtung, d. h. die Schlichtung von Streitigkeiten zwischen Einwohnern durch Volksschlichtungsausschüsse. Es handelt sich hierbei um eine Schlichtung außerhalb des Prozesses.

2) Die Schlichtung durch das Volksgericht. Es handelt sich hierbei um eine Schlichtung innerhalb des Prozesses, die das Volksgericht für die von ihm angenommenen Zivilrechtsfälle, Fälle in bezug auf wirtschaftliche Streitigkeiten und geringfügige Straffälle vornimmt. Für Scheidungsprozesse ist die Schlichtung ein notwendiges Verfahren. Für andere Zivilrechtsfälle ist sie kein notwendiges Verfahren. Ob sie in diesen Fällen vorgenommen wird, hängt von der freiwilligen Entscheidung der Prozeßparteien ab. Die Schlichtungsurkunde und der Urteilsspruch des Gerichts sind gleichermaßen verbindlich.

3) Die administrative Schlichtung. Es gibt zwei Arten: 1. Die Schlichtung von Streitigkeiten unter Einwohnern durch die Gemeinderegierung. 2. Die Schlichtung einiger besonderer ziviler oder wirtschaftlicher Streitigkeiten oder Arbeitsstreitigkeiten, die Staatsorgane gemäß den gesetzlichen Bestimmungen vornehmen. Beide Arten sind eine Schlichtung außerhalb des Prozesses.

4) Die Schlichtung durch einen Schiedsspruch. Das heißt, daß das Schiedsorgan einen Schiedsspruch fällt, wenn ihm die Schlichtung mißlingt. Auch dies ist eine Schlichtung außerhalb des Prozesses.

(2) Das Volksschlichtungssystem

1. Der Charakter, die Aufgabe und die Prinzipien des Volksschlichtungssystems

Das Volksschlichtungssystem entwickelte sich aus den Schlichtungsaktivitäten der Bevölkerung im Altertum Chinas und bildete sich in der Periode des Antijapanischen Kriegs heraus. Es wurde kurz nach der Gründung der Volksrepublik China offiziell etabliert.

1) Der Charakter des Volksschlichtungssystems

In Artikel 111 der Verfassung wird festgelegt: „Die Einwohner- und Dorfbewohnerkomitees richten Volksschlichtungsausschüsse ein, um Streitigkeiten zwischen Einwohnern beizulegen.“

Das Volksschlichtungssystem ist dem Wesen nach ein juristisches Hilfssystem, ein volksdemokratisches Selbstverwaltungssystem, ein gesetzliches System, nach dem die Bürger Streitigkeiten selbst beilegen, und ein juristisches System chinesischer Prägung.

2) Die Aufgabe der Volksschlichtung

In Artikel 5 der „Vorschriften für die Organisation der Volksschlichtungsausschüsse“ ist festgelegt: „Die Aufgabe der Volksschlichtungsausschüsse besteht darin, Streitigkeiten zwischen Einwohnern beizulegen und durch die Schlichtung Gesetze, Verordnungen, Vorschriften und politische Richtlinien zu propagieren und die Bevölkerung im Sinne des Gesetzes, der Disziplin und der öffentlichen Moral zu erziehen.“

3) Die Grundprinzipien der Volksschlichtung

a. Vernünftigkeit und Rechtmäßigkeit

b. Freiwilligkeit und Gleichberechtigung

c. Respekt vor dem Prozeßrecht

2. Die Organisationsform der Volksschlichtung

1) Die Organisationsform der Volksschlichtung

Die Organisationsform der Volksschlichtung sind die Volksschlichtungsausschüsse.

Nach der Verfassung und den o. g. „Vorschriften“ sind die Volksschlichtungsausschüsse eine von Einwohner- und Dorfbewohnerkomitees eingerichtete Organisation, die dazu bestimmt ist, Streitigkeiten zwischen Einwohnern beizulegen, und unter der Anleitung der Volksregierung und des Volksgerichts der Basisebene arbeitet.

2) Die Volksschlichter

Nach den „Vorschriften“ müssen die Volksschlichter den folgenden Bedingungen entsprechen:

a. rechtschaffen sein;

b. enge Verbindung mit der Bevölkerung halten;

c. sich aktiv für die Schlichtung einsetzen;

d. juristische Kenntnisse besitzen und ein bestimmtes politisches Niveau haben;

e. erwachsene Bürger sein.

In den „Vorschriften“ ist festgelegt, daß ein Volksschlichtungsausschuß drei bis neun Mitglieder hat, von denen eines den Vorsitz übernimmt. Wenn notwendig, kann ein stellvertretender Vorsitzender ernannt werden.

3) Juristische Assistenten

In den „Vorschriften“ ist festgelegt, daß die Volksregierung der Basisebene juristische Assistenten ernennen soll, die die Volksschlichtung anleiten und den Volksschlichtungsausschüssen beim organisatorischen, ideologischen und beruflichen Aufbau helfen.

Das Volksgericht der Basisebene gibt den Volksschlichtungsausschüssen berufliche Anleitungen, indem es sie einlädt, an Schlichtungen bei Prozessen teilzunehmen und bei Gerichtsverhandlungen zu hospitieren, und ihnen hilft, Rechtsfälle zu analysieren und Erfahrungen zusammenzufassen und auszutauschen.

3. Das Arbeitsverfahren und die Arbeitsmethode der Volksschlichtung

1) Das Schlichtungsverfahren

Die Volksschlichtung soll nach dem folgenden Verfahren erfolgen:

a. den Streitfall übernehmen;

b. Vorbereitungen für die Schlichtung treffen;

c. die Schlichtung vornehmen;

d. ein Schlichtungsabkommen schließen;

e. die Schlichtung beenden.

2) Die Methode der Schlichtung

Die Art und Weise der Schlichtung: direkte Schlichtung, öffentliche Schlichtung, gemeinsame Schlichtung usw.

Die Schlichtung erfolgt in der Weise, daß man sich mit den Streitenden über die Nachteile der Streitigkeit auseinandersetzt, sie gesetzlich aufklärt und sie einfühlsam überredet, sich zu versöhnen.

Die Volksschlichtungsausschüsse sollen die Streitigkeiten nicht nur passiv beilegen, sondern auch darauf achten, die Schlichtung mit aktiver Verhütung zu verbinden, um Streitigkeiten zwischen Einwohnern zu reduzieren und ihre Zuspitzung zu verhindern.

(3) Die Schlichtung durch das Gericht

In Artikel 85 der „Zivilprozeßordnung der Volksrepublik China“ ist ferstgelegt: „Bei der Verhandlung über Zivilrechtsfälle soll das Volksgericht auf der Basis der Freiwilligkeit der Prozeßparteien und der Klärung des Tatbestandes die Schlichtung vornehmen.“

1) Die Art und Weise der Schlichtung

In Artikel 86 der „Zivilprozeßordnung“ heißt es: „Die Schlichtung durch das Volksgericht kann sowohl unter dem Vorsitz eines Richters als auch unter dem Vorsitz eines Richterkollegiums durchgeführt werden, und zwar möglichst an Ort und Stelle. Dabei kann das Volksgericht auf einfache Art und Weise die Prozeßparteien und Zeugen vorladen.“

In Artikel 87 heißt es: „Zur Schlichtung kann das Volksgericht die betreffenden Arbeitseinheiten und Individuen einladen. Die eingeladenen Arbeitseinheiten und Individuen sollen dem Volksgericht helfen, die Schlichtung vorzunehmen.“

2) Das Schlichtungsabkommen

In Artikel 88 der „Zivilprozeßordnung“ ist vorgesehen: „Das Schlichtungsabkommen muß auf der Basis der Freiwilligkeit der beiden Prozeßparteien geschlossen und darf nicht aufgezwungen werden. Sein Inhalt darf nicht den gesetzlichen Bestimmungen zuwiderlaufen.“

3) Die Schlichtungsurkunde

A. Die Anfertigung der Schlichtungsurkunde

In Artikel 89 der „Zivilprozeßordnung“ ist festgelegt: „Wenn ein Schlichtungsabkommen geschlossen worden ist, soll das Volksgericht eine Urkunde über das Prozeßgesuch, den Tatbestand des Falls und die Ergebnisse der Schlichtung ausstellen. Die Schlichtungsurkunde ist von den Richtern und Protokollführern zu unterzeichnen und mit dem Stempel des Volksgerichts zu versehen. Sie ist den beiden Prozeßparteien zuzustellen. Nachdem sie von den beiden Prozeßparteien quittiert worden ist, ist sie rechtskräftig.“

B. Prozesse, in denen das Volksgericht keine Schlichtungsurkunde ausstellt

Nach den Bestimmungen von Artikel 90 der „Zivilprozeßordnung“ stellt das Volksgericht bei den folgenden Prozessen trotz der Schließung eines Schlichtungsabkommens keine Schlichtungsurkunde aus:

a. Scheidungsprozesse, in denen sich die beiden Parteien durch die Schlichtung versöhnt haben;

b. Prozesse, in denen die Adoptionsbeziehung durch die Schlichtung aufrechterhalten wird;

c. Prozesse, in denen das Schlichtungsabkommen sofort ausgeführt werden kann;

d. sonstige Prozesse, bei denen das Volksgericht keine Schlichtungsurkunde anzufertigen braucht.

Die Schlichtungsabkommen, die keine entsprechende Urkunde brauchen, werden ins Protokoll aufgenommen und sind nach dem Unterzeichnen oder Abstempeln durch die beiden Prozeßparteien sowie die Richter und Protokollführer rechtskräftig.

4) Das Scheitern der Schlichtung

In Artikel 91 der „Zivilprozeßordnung“ ist festgelegt: „Wenn es trotz der Schlichtungsbemühungen nicht gelingt, ein Abkommen zu schließen, oder wenn eine Prozeßpartei vor der Zustellung der Schlichtungsurkunde die Versöhnung bereut, soll das Volksgericht rechtzeitig ein Urteil fällen.“

 

 
 
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