Das Rechtsprechungssystem, d. h. das Gerichtssystem, ist ein
gesetzliches System, bei dem es sich um die Einrichtung der
Gerichte, die Richter und die Rechtsprechungsorganisationen sowie
deren Aktivitäten handelt.
(1) Die Organisation der Volksgerichte und ihre Kompetenzen
Gemäß der Verfassung und dem Organisationsgesetz für Volksgerichte
sind die Volksgerichte die Organe der Rechtsprechung des Staates.
Der Staat richtet lokale Volksgerichte verschiedener Ebenen,
Sondervolksgerichte und das Oberste Volksgericht ein. Das Oberste
Volksgericht beaufsichtigt die Arbeit der Rechtsprechung der
Volksgerichte aller Arten und Ebenen. Die lokalen Volksgerichte der
verschiedenen Ebenen werden nach der administrativen Gliederung und
die Sondergerichte nach den Bedürfnissen eingerichtet.
Zu
den lokalen Volksgerichten gehören Volksgerichte der Grundebene,
Volksgerichte der mittleren Ebene und höhere Volksgerichte.
Gemäß dem Organisationsgesetz für Volksgerichte sind die
Volksgerichte von Kreisen oder autonomen Kreisen und Volksgerichte
von Städten ohne Bezirke sowie von Stadtbezirken Volksgerichte der
Grundebene. Sie haben die folgenden Kompetenzen:
a)
Verhandlung von Straffällen, Zivilrechtsfällen und administrativen
Fällen erster Instanz mit Ausnahme der gesetzlich definierten
Sonderfälle. Wenn sie die Rechtsfälle, die sie annehmen und
behandeln, für schwerwiegend halten und meinen, daß sie von den
Volksgerichten der höheren Ebene verhandelt werden müssen, können
sie bitten, sie an die Volksgerichte der höheren Ebene zu
verweisen.
b)
Behandlung von zivilrechtlichen Streitigkeiten und geringfügigen
Straffällen, die nicht gerichtlich verhandelt werden müssen.
c)
Anleitung der Arbeit der Volksvermittlungskommissionen.
Um
der Bevölkerung Erleichterungen bei Prozessen zu verschaffen,
richten die Volksgerichte der Grundebene Volkskammern als
Vertretungen ein. Diese Volkskammern sind jedoch keine Instanzen.
Ihre Aufgabe besteht darin, gewöhnliche Zivilrechtsfälle und
geringfügige Straffälle zu verhandeln, die Arbeit der
Volksvermittlungskommissionen anzuleiten, über die Rechtsordnung
aufzuklären und Zuschriften sowie persönlich vorgebrachte Anliegen
von Bürgern zu bearbeiten. Ihre Urteile und Entscheidungen gelten
als Urteile und Entscheidungen der Volksgerichte der
Grundebene.
Die Volksgerichte der mittleren Ebene umfassen von den Provinzen
bzw. autonomen Gebieten, von den regierungsunmittelbaren Städten
und von den Städten, die der Verwaltung der Provinzen bzw.
autonomen Gebiete direkt unterstehen, sowie von den autonomen
Bezirken eingerichtete Volksgerichte. Sie haben die folgenden
Kompetenzen:
1)
Verhandlung der folgenden Rechtsfälle:
a)
Rechtsfälle der ersten Instanz, die nach dem Gesetz von ihnen zu
verhandeln sind. Nach der Strafprozeßordnung unterliegen die
folgenden Straffälle der Gerichtsbarkeit der Volksgerichte der
mittleren Ebene: Gefährdung der Staatssicherheit; gewöhnliche
Straffälle, die möglicherweise zu einer lebenslänglichen
Freiheitsstrafe oder Todesstrafe führen können; Delikte von
Ausländern oder Verletzungen der legitimen Rechte und Interessen
von Ausländern durch chinesische Bürger. Nach der
Zivilprozeßordnung sind die Zivilrechtsfälle, die in die
Zuständigkeit der Volksgerichte der mittleren Ebene fallen,
schwerwiegende Fälle, die Ausländer betreffen, Fälle, die in den
Gebieten ihrer Zuständigkeit einen großen Einfluß haben, und Fälle,
die sie auf Anweisung des Obersten Volksgerichts zu verhandeln
haben. Nach der Verwaltungsprozeßordnung sind die administrativen
Fälle, die der Gerichtsbarkeit der Volksgerichte der mittleren
Ebene unterliegen, Fälle in Bezug auf die Bestätigung von
Erfindungspatenten, vom Zollamt behandelte Fälle, Anklagen gegen
die administrativen Aktivitäten der Abteilungen des Staatsrates
oder der Volksregierungen von Provinzen, autonomen Gebiete und
regierungsunmittelbaren Städte sowie schwerwiegende und
komplizierte Fälle in den Gebieten, für die sie zuständig sind.
b)
Erstinstanzliche Rechtsfälle, die ihnen von Volksgerichten der
Grundebene übertragen werden.
d)
Berufungen und Einsprüche gegen Urteile und Entscheidungen der
Volksgerichte der Grundebene.
Wenn die Volksgerichte der mittleren Ebene Straffälle,
Zivilrechtsfälle und administrative Fälle, die sie annehmen und
behandeln, für schwerwiegend halten und meinen, daß sie von den
Volksgerichten der höheren Ebene verhandelt werden müssen, können
sie bitten, sie an die Volksgerichte der höheren Ebene zu
verweisen.
2)
Aufsicht über die Rechtsprechung der Volksgerichte der Grundebene
in den Gebieten, die unter ihrer Gerichtsbarkeit stehen. Wenn sie
feststellen, daß Urteile und Entscheidungen der Volksgerichte der
Grundebene, die rechtskräftig geworden sind, falsch sind, haben sie
das Recht, die betreffenden Rechtsfälle zu übernehmen oder die
Volksgerichte der Grundebene anzuweisen, sie nochmals zu
verhandeln.
Nach dem Organisationsgesetz für Volksgerichte werden die höheren
Volksgerichte in den Provinzen, autonomen Gebieten und
regierungsunmittelbaren Städten eingerichtet. Sie haben die
folgenden Kompetenzen:
1)
Verhandlung der folgenden Rechtsfälle:
a)
Schwerwiegende oder komplizierte Straffälle, Zivilrechtsfälle und
administrative Fälle der ersten Instanz, die nach dem Gesetz von
ihnen verhandelt werden müssen;
b)
Erstinstanzliche Rechtsfälle, die ihnen von den untergeordneten
Volksgerichten zur Verhandlung übertragen werden;
c)
Berufungen und Einsprüche gegen Urteile bzw. Entscheidungen der
untergeordneten Volksgerichte. Die höheren Volksgerichte in jenen
Gebieten, in denen sich Seegerichte befinden, haben das Recht, über
Berufungen gegen Urteile bzw. Entscheidungen der Seegerichte zu
verhandeln.
d)
Einsprüche, die die Volksstaatsanwaltschaft nach dem Verfahren zur
Überwachung von Entscheidungen erhoben hat.
2)
Überprüfung erstinstanzlicher Rechtsfälle, bei denen die
Angeklagten von Volksgerichten der mittleren Ebene zum Tode
verurteilt worden sind und keine Berufung einlegen. Wenn sie mit
der Todesstrafe einverstanden sind, legen sie das Urteil den
höheren Volksgerichten zur Bestätigung vor; wenn sie mit der
Todesstrafe nicht einverstanden sind, können sie die betreffenden
Rechtsfälle übernehmen oder sie den Volksgerichten der mittleren
Ebene zur nochmaligen Verhandlung zurückzugeben.
3)
Überprüfung der Rechtsfälle, bei denen die Angeklagten von
Volksgerichten der mittleren Ebene zur Todesstrafe mit zweijähriger
Aussetzung der Strafvollstreckung verurteilt worden sind.
4)
Bestätigung von Todesstrafen mit der Autorisation des Obersten
Volksgerichts.
5)
Aufsicht über die Rechtsprechung der untergeordneten Volksgerichte
in den Gebieten ihrer Zuständigkeit. Wenn sie feststellen, daß
Urteile und Entscheidungen der untergeordneten Volksgerichte, die
rechtskräftig wurden, falsch sind, haben sie das Recht, die
betreffende Rechtsfälle zu übernehmen oder die untergeordneten
Volksgerichte anzuweisen, sie nochmals zu verhandeln.
2.
Die Sondervolksgerichte sind Volksgerichte, die nach tatsächlichen
Bedürfnissen in besonderen Abteilungen eingerichtet werden, um
besondere Rechtsfälle zu verhandeln. Als Sondergerichte gibt es in
China Militärgerichte, Seegerichte und Eisenbahngerichte.
Für die Militärgerichte gibt es drei Stufen: Militärgerichte der
Grundebene, Militärgerichte der Wehrbereiche bzw. der
Teilstreitkräfte und Waffengattungen und das Militärgericht der
Chinesischen Volksarmee (VBA).
Das Militärgericht der VBA ist das oberste Militärgericht. Es hat
die folgenden Kompetenzen:
a)
Verhandlungen erstinstanzlicher Rechtsfälle, die Personen von der
Divisionsebene aufwärts betreffen;
b)
Verhandlungen von Straffällen, die Ausländer betreffen;
c)
Verhandlungen von Rechtsfällen, die sie mit der Autorisation oder
auf Anweisung des Obersten Volksgerichts zu verhandeln haben, und
von anderen Straffällen, die seiner Meinung nach von ihm verhandelt
werden sollen.
d)
Verhandlungen der zweiten Instanz, Überprüfungen der Todesstrafe
und nochmalige Verhandlung.
Zu
den Militärgerichten der Wehrbereiche bzw. der Teilstreitkräfte und
Waffengattungen gehören neben Militärgerichten der Wehrbereiche die
Militärgerichte der Kriegsmarine, der Luftwaffe, der 2. Artillerie
und der Truppen, die unmittelbar dem Hauptquartier der VBA
unterstehen. Sie alle sind Militärgerichte der mittleren Ebene und
haben die folgenden Kompetenzen:
a)
Verhandlungen erstinstanzlicher Rechtsfälle, die Personen im Rang
eines stellvertretenden Divisionskommandeurs oder eines
Regimentskommandeurs betreffen;
b)
Verhandlungen von Rechtsfällen, die zu einer Todesstrafe führen
können, und von Rechtsfällen, die sie mit der Autorisation oder auf
Anweisung der Militärgerichte der höheren Ebene zu verhandeln
haben;
c)
Verhandlungen von Berufungen und Einsprüchen.
Zu
den Militärgerichten der Grundebene zählen die Militärgerichte des
Heeres auf Armeeebene, Militärgerichte der Wehrbereiche,
Militärgerichte der Kriegsflotten, Militärgerichte der Luftwaffe
und die Militärgerichte der in Beijing stationierten Truppen. Sie
haben die folgenden Kompetenzen:
a)
Verhandlungen von Rechtsfällen, die Personen von der
Bataillonsebene abwärts betreffen und zu einer lebenslänglichen
oder einer zeitlich begrenzten Freiheitsstrafe führen können;
b)
Verhandlungen erstinstanzlicher Rechtsfälle, die sie mit der
Autorisation oder auf Anweisung der Militärgerichte der höheren
Ebene zu verhandeln haben.
Die Seegerichte sind Sondergerichte, die eingerichtet werden, um
die Gerichtsbarkeit über das Seewesen auszuüben und Rechtsfälle in
bezug auf maritime Angelegenheiten und den Seehandel zu verhandeln.
Im Mai 1989 veröffentlichte das Oberste Volksgericht die
„Bestimmungen über den Rahmen der Rechtsfälle, die die Seegerichte
annehmen und verhandeln“, in denen festgelegt ist, daß die
Militärgerichte Rechtsfälle in Bezug auf maritime Angelegenheiten
und den Seehandel zwischen chinesischen juristischen Personen oder
Bürgern, zwischen chinesischen juristischen Personen oder Bürgern
und juristischen Personen oder Bürgern eines fremden Landes oder
einer Region außerhalb des chinesischen Festlandes und zwischen
juristischen Personen oder Bürgern eines fremden Landes oder einer
Region außerhalb des chinesischen Festlandes annehmen und
verhandeln sollen. Solche Rechtsfälle lassen sich in fünf
Kategorien und 14 Arten einteilen:
1)
Zehn Arten von Rechtsfällen in bezug auf Streitigkeiten im
Seewesen. Es handelt sich um die folgenden Fälle: Zusammenstöße von
Schiffen und diesbezüglicher Schadenersatz; Auffahrt von Schiffen
auf Bauwerke und Einrichtungen auf hoher See, in den Gewässern, die
mit dem Meer verbunden sind, oder in Häfen und diesbezüglicher
Schadenersatz; die durch die Emission oder Durchsickerung von
Schadstoffen oder Abwasser aus Schiffen verursachte Verschmutzung
von Gewässern oder Beschädigung von anderen Schiffen und Gütern und
diesbezüglicher Schadenersatz; Unfälle während der Arbeit auf hoher
See, in den Gewässern, die mit dem Meer verbunden sind, oder in
Häfen und diesbezüglicher Schadenersatz.
2)
Vierzehn Arten von Rechtsfällen in Bezug auf den Seehandel. Es
handelt sich hauptsächlich um die folgenden Fälle:
Vertragsstreitigkeiten bezüglich des Wassertransports;
Vertragsstreitigkeiten bezüglich des Passagier- und
Gepäcktransports; Vertragsstreitigkeiten bezüglich der Arbeit von
Seeleuten; Vertragsstreitigkeiten bezüglich Rettung und Bergung im
Meer und Vertragsstreitigkeiten in Fragen der Seeversicherung.
3)
Elf Arten von anderen Rechtsfällen in Bezug auf maritime
Angelegenheiten und den Seehandel. Es handelt sich um die folgenden
Fälle: schwere Unfälle während des Seetransports oder der Arbeit
auf hoher See; Streitigkeiten bezüglich der Arbeit in Häfen;
Streitigkeiten nach Havarien; Streitigkeiten um die Erschließung
und Nutzung der See; Streitigkeiten bezüglich des Eigentums-,
Besitz- bzw. Verpfändungsrechts auf Schiffe oder der
Anspruchsrechte auf maritime Angelegenheiten; administrative Fälle,
die zuständige Organe für Meere und Binnenflüsse betreffen;
Betrugsfälle bezüglich des Seetransports.
4)
Fünf Arten von Rechtsfällen in Bezug auf Urteilsvollstreckungen. Es
handelt sich um die folgenden Fälle: Anträge von zuständigen
Organen für Meere und Binnenflüsse auf zwangsweise
Urteilsvollstreckung; Anträge von Prozeßparteien auf die
Vollstreckung von Schiedssprüchen; Anträge von Prozeßparteien, in
denen sie die chinesischen Seegerichte bitten, in Übereinstimmung
mit der „Konvention über Anerkennung und Vollstreckung von
ausländischen Schiedssprüchen“ die Schiedssprüche von
Schiedsorganen eines fremden Landes oder einer Region außerhalb des
chinesischen Festlandes zu vollstrecken; Hilfe bei der
Vollstreckung von Urteilen ausländischer Gerichte in
Übereinstimmung mit einem von China und einem fremden Land
unterzeichneten Abkommen über Rechtshilfe bzw. nach dem Prinzip des
gegenseitigen Nutzens.
5)
Zwei Arten von Rechtsfällen in Bezug auf Bitten um dinglichen
Arrest, nämlich Bitten um die Beschlagnahme von Schiffen vor dem
Prozeß und Bitten um die Beschlagnahme der Güter, die das
betreffende Schiff transportiert, oder der Treibstoffe, die das
betreffende Schiff benutzt.
Die Eisenbahngerichte sind Sondervolksgerichte, die an
Eisenbahnlinien eingerichtet sind. Sie verhandeln die folgenden
Rechtsfälle:
a)
Straffälle, die sich an Eisenbahnlinien ereignet haben und von
Sicherheitsorganen für die Eisenbahn ermittelt worden sind und in
denen die Staatsanwaltschaften für die Eisenbahn Anklage erhoben
haben;
b)
Rechtsfälle in Bezug auf Wirtschaftsstreitigkeiten. Nach den
Bestimmungen des Obersten Volksgerichts gibt es für solche
Rechtsfälle zwölf Kategorien einschließlich Vertragsstreitigkeiten
um den Gütertransport per Eisenbahn, Vertragsstreitigkeiten um den
internationalen Eisenbahntransitverkehr, Beschädigungen der
Eisenbahn infolge einer Verletzung des
Einsenbahnsicherheitsgesetzes, Verletzungen von Personen und
Sachbeschädigungen während der Fahrt oder des Rangierens von
Eisenbahnwagen und Rechtsverletzungen, gegen die ein Kläger Anklage
vor einem Eisenbahngericht erhoben hat.
1.
Das Oberste Volksgericht befindet sich in Beijing, der Hauptstadt
der VR China. Es ist das höchste Rechtsprechungsorgan des Staates
und übt nach dem Gesetz die oberste Gerichtsbarkeit des Staates
aus. Zugleich beaufsichtigt es die Arbeit der lokalen Volksgerichte
aller Ebenen und der Sondervolksgerichte. Das Oberste Volksgericht
setzt sich aus dem Präsidenten und seinen Stellvertretern, dem
Kammerpräsidenten und seinen Stellvertretern und einigen Richtern
zusammen. Es übt die folgenden Befugnisse aus:
1)
Aufsicht über die Arbeit der lokalen Volksgerichte aller Ebenen und
der Sondervolksgerichte. Wenn es feststellt, daß Urteile und
Entscheidungen der lokalen Volksgerichte und der
Sondervolksgerichte, die rechtskräftig geworden sind, falsch sind,
hat es das Recht, die betreffenden Rechtsfälle zu übernehmen oder
die untergeordneten Volksgerichte anzuweisen, sie nochmals zu
verhandeln.
2)
Verhandlung folgender Rechtsfälle:
a)
Erstinstanzliche Rechtsfälle, die nach dem Gesetz in seine
Zuständigkeit fallen, und Rechtsfälle, die seiner Meinung nach von
ihm verhandelt werden sollen. Nach der Strafprozeßordnung müssen
die erstinstanzlichen Rechtsfälle, die von ihm verhandelt werden,
landesweit schwerwiegende Fälle sein. Nach der Zivilprozeßordnung
müssen die Zivilrechtsfälle der ersten Instanz und die
Wirtschaftsstreitigkeiten, die von ihm verhandelt werden,
Rechtsfälle sein, die einen großen Einfluß auf das ganze Land
haben. Nach der Verwaltungsprozeßordnung müssen die administrativen
Rechtsfälle, die in seine Zuständigkeit fallen, im Landesmaßstab
schwerwiegende und komplizierte Rechtsfälle sein.
b)
Berufungen und Einsprüche gegen Urteile und Entscheidungen der
höheren Volksgerichte oder Sondervolksgerichte oder Einsprüche, die
die Oberste Volksstaatsanwaltschaft nach dem Überwachungsverfahren
für die Rechtsprechung erhoben hat.
c)
Bestätigung von Todesstrafen.
d)
Juristische Interpretationen. Das heißt, daß das Oberste
Volksgericht erklärt, wie die Volksgerichte bei Verhandlungen
Gesetze und Verordnungen anzuwenden haben.
e)
Leitung und Verwaltung der administrativen Arbeit der Volksgerichte
aller Ebenen des ganzen Landes.
(2) Das Richtersystem
Richtersystem ist der Gesamtbegriff für die Regeln und Vorschriften
über die Qualifikation der Richter, die Art und Weise ihrer
Auswahl, ihre Amtsdauer, die Methoden für ihre Auszeichnung und
Bestrafung und ihre Gehälter und andere materielle Behandlung.
China veröffentlichte am 28. Februar 1995 das Richtergesetz mit 17
Kapiteln und 42 Artikeln, in dem das Richtersystem ausführlich
dargelegt wird.
1.
Die Qualifikation der Richter
Die Richter sind Personen, die die Gerichtsbarkeit des Staates
ausüben, nämlich die Präsidenten der Gerichte aller Ebenen und
deren Stellvertreter, die Mitglieder der Richterausschüsse, die
Kammerpräsidenten und deren Stellvertreter sowie die Richter und
deren Assistenten. Ihre Aufgabe besteht darin, in einem
Richterkollegium oder allein Rechtsfälle zu verhandeln.
Die Richter müssen die Qualifikation für ihre Aufgabe besitzen. In
Kapitel IV des Richtergesetzes ist vorgesehen, daß die Richter den
folgenden Voraussetzungen zu entsprechen haben:
a)
Sie müssen die Staatsangehörigkeit der Volksrepublik China
besitzen.
b)
Sie müssen das 23. Lebensjahr vollendet haben.
c)
Sie müssen die Verfassung der Volksrepublik China unterstützen.
d)
Sie müssen politisch zuverlässig, fachlich qualifiziert und
moralisch einwandfrei sein.
e)
Sie müssen gesund sein.
f)
Sie müssen Absolventen einer Fakultät für Jura oder einer anderen
Fakultät sein und nach der Absolvierung zwei Jahre gearbeitet
haben; oder sie müssen Bachelors einer Fakultät für Jura sein und
nach der Absolvierung ein Jahr gearbeitet haben. Wenn sie Magister
oder Doktoren einer Fakultät für Jura sind, unterliegen sie nicht
der Beschränkung durch die o. g. Arbeitsdauer.
Diejenigen, die wegen einer kriminellen Handlung vorbestraft sind
oder unehrenhaft aus dem öffentlichen Dienst entlassen worden sind,
dürfen nicht als Richter arbeiten.
Außerdem müssen die Präsidenten der Volksgerichte und deren
Stellvertreter, die Kammerpräsidenten und deren Stellvertreter, die
Richter und deren Assistenten sowie die Volksschöffen in
Übereinstimmung mit dem Organisationsgesetz für Volksgerichte
Bürger sein, die das 23. Lebensjahr vollendet haben und das aktive
und das passive Wahlrecht sowie juristische Kenntnisse
besitzen.
2.
Berufung und Abberufung der Richter
Die Verfassung und das Gesetz legen die Befugnisse und das
Verfahren für die Berufung und Abberufung der Richter fest.
Die Präsidenten der Volksgerichte aller Ebenen werden von den
Volkskongressen der jeweiligen Ebene gewählt bzw. abgesetzt. Ihre
Amtszeit entspricht der der Volkskongresse der jeweiligen Ebene.
Die Berufung und Abberufung ihrer Stellverteter, der Mitglieder der
Richterausschüsse, der Kammerpräsidenten und deren Stellvertreter
sowie der Richter werden von ihnen den ständigen Ausschüssen der
Volkskongresse der jeweiligen Ebene vorgeschlagen. Die
assistierenden Richter werden von ihnen berufen bzw. abberufen. Die
Methoden für die Berufung und Abberufung der Richter der
Sondervolksgerichte werden vom Ständigen Ausschuß des Nationalen
Volkskongresses festgelegt.
Die Richter und die assistierenden Richter werden durch öffentliche
Prüfung und strenge Kontrolle aus den Kandidaten, die die
Qualifikation für Richter besitzen, nach ihrem politischen
Verhalten und ihren fachlichen Fähigkeiten ausgewählt. Die
Kandidaten für die Präsidenten der Volksgerichte und deren
Stellvertreter, die Mitglieder der Richterausschüsse, die
Kammerpräsidenten und deren Stellvertreter werden aus denjenigen,
die praktische Arbeitserfahrungen haben, ausgewählt.
Die Richter dürfen nicht gleichzeitig Mitglieder der ständigen
Ausschüsse der Volkskongresse sein. Sie dürfen nicht gleichzeitig
Ämter in Verwaltungsorganen, Staatsanwaltschaften, Unternehmen oder
Institutionen bekleiden oder als Rechtsanwälte fungieren.
Richter, die ihre Staatsangehörigkeit eingebüßt haben, in der
Kontrolle negativ bewertet werden, die Disziplin oder das Gesetz
verletzt haben oder aus Gesundheitsgründen lange Zeit ihren
Amtspflichten nicht nachkommen können, sollen nach dem Gesetz ihres
Amtes enthoben werden.
3.
Absicherungssystem für Richter
Nach dem Richtergesetz genießen die Richter, die ihren
Amtspflichten nachkommen, die folgenden Absicherungen:
a)
Berufsabsicherung: Den Richtern, die ihren Amtspflichten
nachkommen, sollen entsprechende Befugnisse und Arbeitsbedingungen
gewährt werden. Sie sollen frei von Einmischung durch
Verwaltungsorgane, gesellschaftliche Organisationen oder Individuen
Rechtsfälle verhandeln. Sie werden ohne gesetzliche Gründe und ohne
die Einleitung eines gesetzlichen Verfahrens nicht abgesetzt,
degradiert, entlassen oder bestraft.
b)
Gehaltsabsicherung: Die Richter beziehen nach den entsprechenden
Bestimmungen ihre Gehälter, werden versichert und genießen andere
Vergünstigungen.
c)
Absicherung der persönlichen Sicherheit: Die persönliche Sicherheit
der Richter und die Sicherheit ihres Eigentums und ihrer Wohnung
werden gesetzlich geschützt.
d)
Andere Absicherungen: Die Richter haben das Recht auf Demission,
Beschwerde oder Anklage und Fortbildung.
4.
Beförderungssystem für Richter
Für die Richter gibt es zwölf Ränge. Der Präsident des Obersten
Volksgerichts ist der Chefrichter. Die Richter vom 2. bis 12. Rang
sind Große Richter, höhere Richter und einfache Richter. Der Rang
eines Richters wird nach seinem Amt, seinem politischen Verhalten,
seiner fachlichen Fähigkeit, seiner Arbeitsleistung und seinem
Dienstalter bestimmt. Nach der Bewertung am Jahresende werden die
Richter Rang um Rang befördert. Die Bewertung der Richter wird von
dem Gericht, in dem sie arbeiten, durchgeführt. Sie muß objektiv
und unparteiisch sein und erfolgt nach dem Prinzip der Verbindung
der Führung mit den Massen und der Kontrolle in normalen Zeiten mit
der Kontrolle am Jahresende.
5.
Auszeichnungs- und Bestrafungssystem für Richter
Richter, die bei Gerichtsverhandlungen bewerkenswerte Leistungen
erzielt oder große Beiträge geleistet haben oder andere große Taten
vollbracht haben, sollen ausgezeichnet werden. Die Auszeichnung
gliedert sich in Belobigung, Auszeichnung mit einem „Verdienst
erster Klasse“, Auszeichnung mit einem „Verdienst zweiter Klasse“,
Auszeichnung mit einem „Verdienst dritter Klasse“ und Verleihung
eines Ehrentitels. Hier gilt das Prinzip der Verbindung des
geistigen Anreizes mit dem materiellen Anreiz.
Es
ist den Richtern verboten, Meinungen, die dem Ansehen des Staates
schaden, zu äußern, sich an illegalen Organisationen zu beteiligen,
an Versammlungen oder Demonstrationen, die sich gegen den Staat
richten, oder an Streiks teilzunehmen, Unterschlagungen zu begehen,
Bestechungsgelder anzunehmen, durch Folter ein Geständnis zu
erpressen, Beweise zu verheimlichen oder zu verfälschen,
Staatsgeheimnisse oder Geheimnisse in bezug auf die Rechtsprechung
zu verraten, die legitimen Rechte und Interessen der Bürger,
juristischen Personen oder Organisationen zu verletzen, wegen
Pflichtvergessenheit ein falsches Urteil zu fällen oder
Prozeßführenden schwere Verluste beizubringen, mit Absicht
Gerichtsverhandlungen zu verzögern, ihre Stellung und Macht für
persönliche Interessen oder Interessen von anderen zu mißbrauchen,
sich geschäftlich zu betätigen, unerlaubt mit Prozeßführenden und
deren Agenten zusammenzutreffen oder ihre Einladung zu einem
Bankett sowie Geschenke anzunehmen.
Richter, die o. g. Verstöße gegen Gesetz und Disziplin begangen
haben, sollen bestraft werden. Die Bestrafung gliedert sich in
Verwarnung, Verweis, strengen Verweis, Degradierung, Amtsenthebung
und Entlassung. Wer seines Amtes enthoben wird, dessen Lohnstufe
und Rang werden gleichzeitig herabgesetzt. Wer ein Verbrechen
begangen hat, wird strafrechtlich verfolgt.
6.
Andere Bestimmungen
Die Richter haben das Recht auf Pensionierung, Demission,
Fortbildung, Beschwerde oder Anklage. Nach der Pensionierung
beziehen sie nach den Bestimmungen des Staates eine Altersrente und
genießen andere Vergünstigungen.
(3) Die Formen der Gerichtsorganisation
Nach den Bestimmungen des Organisationsgesetzes für Volksgerichte
und anderer Gesetze hat die Gerichtsorganisation die folgenden drei
Formen:
1.
Einzelrichter
Dies ist eine Gerichtsorganisation für die Verhandlung einfacher
Rechtsfälle. Nach den gesetzlichen Bestimmungen ist der
Einzelrichter für folgende Rechtsfälle zuständig:
a)
Privatklagen erster Instanz und andere geringfügige Straffälle;
b)
Einfache Zivilrechtsfälle und Wirtschaftsstreitigkeiten, die von
Volksgerichten der Grundebene und ihren Vertretungen verhandelt
werden;
c)
Rechtsfälle, die in einem Sonderverfahren verhandelt werden. Mit
Ausnahme von Fällen, die die Eigenschaft der Wähler betreffen, oder
anderen schwerwiegenden und komplizierten Fällen, die von
Richterkollegien verhandelt werden müssen, werden solche Fälle von
Einzelrichtern verhandelt.
2.
Richterkollegium
Dies ist eine Gerichtsorganisation, die sich aus drei oder mehr
Richtern oder Richtern und Volksschöffen zusammensetzt und
Rechtsfälle kollektiv verhandelt. Mit Ausnahme von einfachen
Rechtsfällen, die von Einzelrichtern verhandelt werden, sollen die
Straffälle, Zivilrechtsfälle und Wirtschaftsstreitigkeiten erster
Instanz von einem Richterkollegium, das aus drei Richtern besteht,
verhandelt werden. Die adminstrativen Fälle erster Instanz werden
ausnahmslos von einem Richterkollegium verhandelt. Die Rechtsfälle
zweiter Instanz, die Wiederaufnahmesachen und die Überprüfung von
Todesstrafen werden ebenfalls ausnahmslos von einem
Richterkollegium verhandelt.
Das Richterkollegium ist die grundlegende Gerichtsorganisation.
Seine Mitglieder amtieren nicht ständig, sondern auf Zeit. Der
Gerichts- oder Kammerpräsident ernennt eines von ihnen zum
Vorsitzenden des Richterkollegiums. Wenn der Gerichts- oder
Kammerpräsident an der Gerichtsverhandlung teilnimmt, ist er der
Vorsitzende des Richterkollegiums. Wenn es bei der Diskussion des
Richterkollegiums über den verhandelten Rechtsfall zu
Meinungsverschiedenheiten kommt, gilt das Prinzip, daß sich die
Minderheit der Mehrheit fügen muß, aber die Meinung der Minderheit
muß ins Protokoll aufgenommen werden, das von den Mitgliedern des
Richterkollegiums unterzeichnet wird.
3.
Richterausschuß
Nach dem Organisationsgesetz für Volksgerichte richten die
Volksgerichte aller Ebenen einen Richterausschuß ein. Die Berufung
bzw. Abberufung der Mitglieder des Richterausschusses wird vom
Gerichtspräsidenten dem ständigen Ausschuß des Volkskongresses der
gleichen Ebene vorgeschlagen. Der Richterausschuß wird vom
Gerichtspräsidenten geleitet. Seine Aufgabe besteht darin:
a)
über schwerwiegende oder komplizierte Rechtsfälle zu
diskutieren;
b)
in der Gerichtsverhandlung gemachte Erfahrungen
zusammenzufassen;
c)
über andere Fragen in Bezug auf die Gerichtsverhandlung zu
diskutieren.
(4) Die grundlegenden Systeme für die Gerichtsverhandlung
1.
System der öffentlichen Gerichtsverhandlung
In
Artikel 125 der Verfassung der Volksrepublik China heißt es: „Alle
Verhandlungen der Volksgerichte mit Ausnahme der gesetzlich
definierten Sonderfälle sind öffentlich durchzuführen.“ Das heißt,
daß Bürger an der ganzen Gerichtsverhandlung außer an der
Diskussion des Richterkollegiums teilnehmen und Journalisten über
die Gerichtsverhandlung recherchieren und berichten dürfen. Das
Gericht soll vor der Verhandlung über die Rechtsfälle, die nach dem
Gesetz öffentlich verhandelt werden sollen, den Sachverhalt im
Prozeß, die Namen der Prozeßführenden und den Termin und Ort der
Gerichtsverhandlung bekanntgeben.
Nach den Bestimmungen von Artikel 7 des Organisationsgesetzes für
Volksgerichte dürfen die folgenden Rechtsfälle nicht öffentlich
verhandelt werden:
a)
Rechtsfälle, die Staatsgeheimnisse betreffen;
b)
Rechtsfälle, die private Geheimnisse betreffen;
c)
Delikte von Minderjährigen.
Außerdem können Rechtsfälle, die Ehescheidungen oder
Geschäftsgeheimnisse betreffen, nach den Bestimmungen der
Zivilprozeßordnung unter Ausschluß der Öffentlichkeit verhandelt
werden, wenn die Prozeßführenden dies beantragen.
2.
Verteidigungssystem
Nach der Verfassung und dem Organisationsgesetz für Volksgerichte
haben die Angeklagten das Recht auf Verteidigung.
Gemäß der Strafprozeßordnung haben die Volksgerichte die Pflicht,
den Angeklagten zu versichern, verteidigt zu werden, und konkrete
Bestimmungen über die Durchsetzung dieses Prinzips und Systems
auszuarbeiten. Die Verdächtigen und Angeklagten können ihr Recht
auf Verteidigung selbst ausüben oder eine oder zwei Personen mit
der Verteidigung betrauen. Folgende Personen können als Verteidiger
vor Gericht auftreten:
a)
Rechtsanwälte;
b)
Von Volksorganisationen oder den Arbeitseinheiten der Verdächtigen
und Angeklagten empfohlene Personen;
c)
Vormünder, Verwandte oder Freunde der Verdächtigen und
Angeklagten.
Wer gerade eine Gefängnisstrafe verbüßt oder wem die persönliche
Freiheit aberkannt oder beschränkt ist, darf nicht als Verteidiger
fungieren.
Von dem Tag an, an dem Rechtsfälle, gegen die öffentliche Anklage
erhoben ist, vor Gericht kommen, haben die Verdächtigen das Recht,
Verteidiger zu beauftragen. Die Angeklagten bei Privatklagen haben
das Recht, jederzeit einen Verteidiger in Anspruch zu nehmen. Was
Rechtssachen betrifft, in denen öffentliche Ankläger vor Gericht
erscheinen, kann das Volksgericht einen Rechtsanwalt, der sich
verpflichtet, Rechtshilfe zu leisten, beauftragen, den Angeklagten
zu verteidigen, wenn dieser wegen finanzieller Schwierigkeiten oder
aus anderen Gründen keinen Verteidiger beauftragt hat. Wenn der
Angeklagte ein Blinder oder Taubstummer oder ein Minderjähriger ist
und keinen Verteidiger hat oder wenn der Angeklagte möglicherweise
zum Tode verurteilt wird und keinen Verteidiger beauftragt hat,
soll das Volksgericht einen Rechtsanwalt, der sich verpflichtet,
Rechtshilfe zu leisten, beauftragen, ihn zu verteidigen.
3.
System der Gerichtsverhandlung in zwei Instanzen
In
Artikel 12 des Organisationsgesetzes für Volksgerichte heißt es:
„Für die Verhandlung von Rechtsfällen praktiziert das Volksgericht
das System der Gerichtsverhandlung in zwei Instanzen, wobei die
zweite Instanz die letzte Instanz ist.“ Das heißt, daß ein
Rechtsfall in zwei Instanzen verhandelt und in zweiter Instanz
entschieden wird.
Das Volksgericht hat vier Stufen und zwei Instanzen und fällt bei
der Verhandlung in zweiter Instanz das endgültige Urteil. Die
Rechtsfälle werden nach ihrem Charakter und Schwierigkeitsgrad in
der entsprechenden Instanz verhandelt. Wenn die Prozeßführenden das
erstinstanzliche Urteil oder die erstinstanzliche Entscheidung
nicht akzeptieren, können sie sich innerhalb einer gesetzlich
festgesetzten Frist mit einer Berufung an das Volksgericht der
nächsthöheren Ebene wenden; wenn die Volksstaatsanwaltschaft meint,
daß das erstinstanzliche Urteil oder die erstinstanzliche
Entscheidung falsch ist, kann sie innerhalb der gesetzlich
festgesetzten Frist beim Volksgericht der nächsthöheren Ebene
Beschwerde einlegen. Wenn die Prozeßführenden innerhalb der
Berufungsfrist keine Berufung einlegen und die
Volksstaatsanwaltschaft keinen Einspruch erhebt, gelten das Urteil
bzw. die Entscheidung der ersten Instanz als rechtskräftig. Urteile
und Entscheidungen, die ein Volksgericht der höheren Ebene nach der
Verhandlung über die Berufung oder den Einspruch gefällt bzw.
getroffen hat, sind endgültig. Mit Ausnahme der Todesstrafe, die
nach dem Gesetz zu überprüfen ist, werden das Urteil bzw. die
Entscheidung sofort rechtskräftig.
Nach den gesetzlichen Bestimmungen gilt das erstinstanzliche Urteil
in folgenden Rechtsfällen als das endgültige Urteil:
a)
Vom Obersten Volksgericht verhandelte erstinstanzliche
Rechtsfälle;
b)
Von Volksgerichten der Grundebene nach dem von der
Zivilprozeßordnung festgelegten Sonderverfahren verhandelte
Rechtsfälle in Bezug auf die Eigenschaft der Wähler; Rechtsfälle in
Bezug auf die Bestätigung der Geschäftsunfähigkeit von Bürgern oder
die Beschränkung ihrer Geschäftsfähigkeit; Rechtsfälle in Bezug auf
eine Verschollenenerklärung; Rechtsfälle in Bezug auf eine
Todeserklärung und Rechtsfälle in bezug auf die Bestätigung von
herrenlosen Sachen.
4.
Kollegialsystem
Nach den Bestimmungen von Artikel 10 des Organisationsgesetzes für
Volksgerichte gilt für die Gerichtsverhandlung das Kollegialsystem,
nach dem alle Rechtsfälle mit Ausnahme von einfachen
Zivilrechtsfällen und gesetzlich anderweitig definierten
Rechtsfällen von einem Richterkollegium verhandelt werden müssen.
Das Richterkollegium setzt sich aus drei oder mehr Richtern und
Volksschöffen zusammen. Die Zahl der Mitglieder des
Richterkollegiums muß ungerade sein. Normalerweise beträgt sie
drei. Bei der Diskussion gilt das Prinzip, daß sich die Minderheit
der Mehrheit fügen muß. Die Minderheit kann sich ihre Meinung
vorbehalten und ihre Meinung muß ins Protokoll aufgenommen werden.
Die Richter und die Volksschöffen haben gleiche Rechte.
5.
Ausschließungssystem
Das Ausschließungssystem ist ein gesetzliches System, nach dem
Richter und andere Gerichtspersonen nicht an der Verhandlung eines
Rechtsfalls teilnehmen dürfen, wenn sie gewisse besondere
Beziehungen zu dem Rechtsfall oder zu den Prozeßführenden haben und
eine unparteiische Entscheidung des Rechtsfalls beeinträchtigen
könnten.
In
Übereinstimmung mit den Bestimmungen der Strafprozeßordnung sollen
Richter, Staatsanwälte und Ermittlungsbeamte in einem der folgenden
Fälle sich selbst ausschließen, und die Prozeßführenden und deren
gesetzliche Vertreter haben das Recht, sie aufzufordern, sich
auszuschließen:
a)
Sie sind selbst Prozessierende oder nahe Verwandte der
Prozeßführenden;
b)
Der angestrengte Prozeß liegt in ihrem eigenen Interesse oder dem
Interesse ihrer nahen Verwandten;
c)
Sie haben als Zeuge, Gutachter, Verteidiger oder Vertreter der
Parteien, die einen zusätzlichen Zivilprozeß anstrengen,
fungiert;
d)
Sie haben andere Beziehungen zu den Parteien des angestrengten
Prozesses, was eine unparteiische Entscheidung des Rechtsfalls
beeinträchtigen kann.
Diese Bestimmungen gelten auch für die Protokollführer, Dolmetscher
und Gutachter.
Die Ausschließung der Richter wird vom Präsidenten des jeweiligen
Gerichts und die des Gerichtspräsidenten vom Richterausschuß des
jeweiligen Gerichts entschieden.
Die Zivilprozeßordnung und die Verwaltungsprozeßordnung enthalten
ähnliche Bestimmungen.
6.
System der Überprüfung der Todesstrafe
Es
handelt sich hier um das Verfahren und die Art und Weise der
Überprüfung und Bestätigung der Todesstrafe.
Nach den Bestimmungen des Organisationsgesetzes für Volksgerichte
und der Strafprozeßordnung soll die Todesstrafe mit Ausnahme jener,
die vom Obersten Volksgericht entschieden wird, dem Obersten
Volksgericht zur Bestätigung vorgelegt werden. Wenn notwendig, kann
das Oberste Volksgericht die höheren Volksgerichte der Provinzen,
autonomen Gebiete und regierungsunmittelbaren Städte
bevollmächtigen, das Recht auf die Bestätigung der Todesstrafe, die
über Mörder, Vergewaltiger, Räuber, Bombenterroristen und andere
Verbrecher, die die öffentliche Sicherheit und Ordnung ernsthaft
gefährden, verhängt wird, auszuüben. Eine Todesstrafe mit
zweijähriger Strafaussetzung, die von einem Volksgericht der
mittleren Ebene ausgesprochen worden ist, ist von einem höheren
Volksgericht zu bestätigen. Ein vom Obersten Volksgericht
bestätigtes Todesurteil eines Volksgerichts der mittleren Ebene muß
einem höheren Volksgericht zur Überprüfung und Genehmigung und dann
wieder dem Obersten Volksgericht zur Bestätigung vorgelegt werden.
Wenn das höhere Volksgericht nicht mit dem Todesurteil
einverstanden ist, kann es den Rechtsfall übernehmen oder dem
Volksgericht der mittleren Ebenen zur nochmaligen Verhandlung
zurückgeben.
7.
System der Überprüfung von Entscheidungen
Es
wird auch als Wiederaufnahmesystem bezeichnet. Damit ist gemeint,
daß das Volksgericht Urteile und Entscheidungen, die bereits
rechtskräftig geworden sind, nach dem Gesetz nochmals verhandelt.
Dieses System ist eine Ergänzung zum System der Gerichtsverhandlung
in zwei Instanzen.
In
Übereinstimmung mit dem Organisationsgesetz für Volksgerichte und
mit der Zivil-, Straf- und Verwaltungsprozeßordnung beinhaltet
dieses System die folgenden Punkte:
a)
Voraussetzung für die Einleitung eines Verfahrens zur Überprüfung
von Entscheidungen ist, daß Urteile und Entscheidungen, die bereits
rechtskräftig geworden sind, hinsichtlich der Bestätigung von
Tatsachen oder der Anwendung von Gesetzen möglicherweise falsch
sind.
b)
Nur die Präsidenten der Volksgerichte aller Ebenen, die
Volksgerichte der höheren Ebene, die Volksstaatsanwaltschaften der
höheren Ebene, das Oberste Volksgericht und die Oberste
Volksstaatsanwaltschaft haben das Recht, Verfahren zur Überprüfung
von Entscheidungen einzuleiten.
c)
Das Verfahren zur Überprüfung von Entscheidungen kann auf folgende
Art und Weise eingeleitet werden: Der Präsident eines Volksgerichts
bittet den Richterausschuß, dies zu tun; das Oberste Volksgericht
übernimmt einen Rechtsfall von einer unteren Instanz oder weist ein
untergeordnetes Volksgericht an, das Wiederaufnahmeverfahren
einzuleiten; die Oberste Volksstaatsanwaltschaft oder die
Volksstaatsanwaltschaft der höheren Ebene erhebt nach dem Verfahren
zur Überprüfung von Entscheidungen Einspruch.
d)
Wenn das Volksgericht nach dem Verfahren zur Überprüfung von
Entscheidungen einen Rechtsfall aufs neue verhandelt, soll es ein
neues Richterkollegium bilden. Wenn der Rechtsfall ein Rechtsfall
der ersten Instanz ist, soll er nach dem Verfahren erster Instanz
verhandelt werden. Es ist erlaubt, Berufung oder Einspruch gegen
die getroffene Entscheidung einzulegen. Wenn der Rechtsfall ein
Rechtsfall der zweiten Instanz ist oder ein Rechtsfall, den das
Volksgericht der höheren Ebenen übernimmt, soll er nach dem
Verfahren zweiter Instanz verhandelt werden. Das gefällte Urteil
und die getroffene Entscheidung sind endgültig.
8.
System der Rechtshilfe
Hierbei handelt es sich um eine juristische Handhabung, bei der die
Justizbehörde (hauptsächlich das Gericht) eines Landes nach einem
internationalen Vertrag oder einem bilateralen oder multilateralen
Abkommen oder, wenn kein Vertrag existiert, nach dem Prinzip des
gegenseitigen Nutzens auf die Bitte der Justizbehörde eines anderen
Landes oder des betreffenden Prozessierenden hin für sie bzw. ihn
einen Prozeß führt.
Die Rechtsfhilfe in China beinhaltet hauptsächlich die folgenden
Punkte:
a)
Zustellung von Dokumenten, Untersuchung und Beweiserhebung;
b)
Gegenseitige Anerkennung und Durchführung gerichtlicher Urteile und
Schiedssprüche;
c)
Rechtshilfe in Strafsachen, einschließlich Zustellung von
Dokumenten, Untersuchung, Beweiserhebung und Auslieferung von
Verbrechern.