"Quanjude" und seine Peking-Ente

Reisen, das heißt auch Erleben. Zu den unvergesslichen Erlebnissen vieler Touristen in Beijing gehört die gegrillte Peking-Ente. Wenn Sie nach Beijing kommen, dann dürfen Sie auf keinen Fall versäumen, die berühmte Peking-Ente zu probieren. Dabei ist dieses Gericht seit rund 400 Jahren ein kulinarisches Highlight – und das längst nicht mehr nur in Beijing. Aber Hand aufs Herz – eine richtige Peking – Ente kann es ja wohl nur in Beijing geben, oder?

Schon in der Ming-Dynastie von 1368 bis 1644 wurden Peking-Enten in der kaiserlichen Küche gegrillt. Während mehrerer Jahrzehnte der Ming-Dynastie, der vorletzten Monarchie Chinas, war dieses Essen ein kulinarisches Privileg der kaiserlichen Familie. Erst viel später durfte man auch in den Restaurants außerhalb des kaiserlichen Hofes diese leckere Speise genießen. Das erste Restaurant, das gegrillte Peking-Enten den einfachen Bürgern außerhalb der Verbotenen Stadt anbot, war vor rund 400 Jahren das Bianyifang-Restaurant, das es übrigens noch heute gibt.

Ein anderes traditionsreiches Peking-Enten- Restaurant ist das Quanjude in der Qianmen- Straße in Beijing.

Und dieses Restaurant und seine Peking-Ente möchten wir Ihnen heute vorstellen. Das Quanjude-Restaurant ist im Vergleich zum Bianyifang ein Nachkömmling, doch mit einer neuartigen Grilltechnik machte das Quanjude in den vergangenen mehr als 130 Jahren dem klassischen Bianyifang erfolgreich Konkurrenz. Zwischen Restaurant-Gründer Yang Quanren und Frau Yang Zongman, der heutigen Quanjude-Managerin, liegen sechs Generationen der Familie Yang, die das Geschäft mit der gegrillten Peking-Ente am Leben hielten. Frau Yang erinnert sich an die harte Gründerzeit ihrer Vorfahren.

„Das Quanjude-Restaurant wurde vom Vater meines Urgroßvaters Yang Quanren im Jahre 1864 gegründet und kann so auf eine 138- jährige Geschichte verweisen. Yang Quanren kam aus einem kleinen Dorf unweit von Beijing, um in der Hauptstadt sein Glück zu machen. Die ersten Jahre in Beijing waren schwer. Nach harter Arbeit als Geflügel-Händler eröffnete er einen Verkaufsstand für Hühner- und Entenfleisch in der Metzger-Gasse in der Nähe des Qianmen-Tors, das sich in der Mitte der Stadt befindet. Nach langer gründlicher Überlegung entschied er, etwas Besonderes zu machen, um seine Existenz in der Hauptstadt zu sichern. Er hatte die Idee, ein Restaurant zu eröffnen. Gut 10 Jahre später hatte er endlich genug Geld gespart, um ein Restaurant aufzumachen. Dieses Restaurant sollte sich auf Pekingente und andere Entengerichte spezialisieren.“

Doch damals war das Bianyifang bereits das bekannteste Peking-Enten- Restaurant in der Stadt. Yang Quanren überlegte also hin und her, wie er sich mit seiner Peking-Ente vom berühmten Konkurrenten absetzen könnte. Im Bianyifang wurde die mit Wasser gefüllte Ente in einem geschlossenen Ofen durch die von den Ofenwänden reflektierte Hitze gegart und gegrillt – ein bis dahin scheinbar unübertroffen perfektes Verfahren.

Doch dann sah Yang eines Tages, wie Ferkel in einem offenen Ofen gegrillt wurden, und das brachte ihn auf eine Idee: Warum sollte man nicht auch eine Peking-Ente in einem offenen Ofen garen und grillen können? Gesagt, getan. Nach zahlreichen nicht ganz so erfolgreichen Versuchen gelang Yang Quanren und seinen Mitarbeitern dann tatsächlich der große Wurf: Das Ergebnis war einfach umwerfend. Eine leckere und verführerisch aussehende gegrillte Ente, zubereitet mit einer für Peking-Enten völlig neuen Technologie. Die Ente schmeckte zwar ein bisschen anders als beim Konkurrenten Bianyifang mit seiner herkömmlichen Zubereitung, doch das Aroma stand dem Konkurrenten in Nichts nach. Yang und seine Mitarbeiter waren begeistert. Die Idee, die Technik des Ferkel-Grillens auf die Peking-Ente zu übertragen, konnte die Basis für einen neuen Anfang sein.

Dass ein Restaurant auf eine neue Art eine eben so gute gegrillte Ente anbot, sprach sich in Beijing in Windeseile herum. Nach ein paar Tagen kamen so viele Kunden in Yang Quanrens Restaurant, wie er niemals zu träumen gewagt hätte. Das Geschäft boomte. Anfänglich mussten Yang und seine Mitarbeiter sogar ausgesprochen schwer schuften, weil sie nicht genügend Arbeitskräfte hatten. Ein weiteres Problem: Auf der Speisekarte stand ausschließlich die im offenen Ofen gegrillte Peking-Ente. Wenn ein Kunde etwas anderes essen wollte, dann musste Yang ganz schnell einen Lehrling losschicken, der das gewünschte einfach in einem der benachbarten Restaurants kaufte...

Binnen weniger Jahre aber mauserte sich die kleine Küche von Yang Quanren zu einem der bedeutendsten Restaurants in Beijing, das mehrmals aus- und umgebaut werden musste. Auf Vorschlag eines Wahrsagers nannte Yang seine Küche nunmehr Quan-Ju-De.

Warum ausgerechnet Quan-Ju-De, und warum das so getaufte Restaurant seit mehr als einem Jahrhundert einen so hervorragenden Ruf genießt, erklärt die heutige Managerin Yang Zongman so:

„Der Name Quanjude ist eine stolze Marke. Das ist ein wichtiger Grund für die erfolgreiche Karriere meines Vorfahren. Quan steht für den Namen des Gründers. Und „Ju-De“ erinnert die Mitarbeiter des Restaurants ständig, dass man bei Geschäften immer auf die Tugenden des Kaufmanns achten muss: Seit jeher tun wir unser Bestes für unsere Kunden. Wir scheuen weder Kosten, noch Mühe, unsere Angebotspalette zu optimieren. Damals hatte der Vater meines Urgroßvaters einen Meisterkoch aus dem Kaiserpalast in unser Restaurant geholt. Und unser Trumpf war und ist das Dattelholz beim Grillen der Ente. Das Aroma des Dattelholzes verleiht der Ente diesen einzigartigen Geschmack.“

Tja, aber das Dattelholz ist nur eines der Geheimnisse des wunderbaren Geschmackes der Quanjude-Ente. Welche es noch gibt, erfahren Sie gleich.

Neben dem Dattelholz beim Grillen ist auch die strenge technische Kontrolle bei der Zubereitung der Ente unentbehrlich, um eine wirklich gute Quanjude-Ente zu grillen. Und das Ganze ist tatsächlich ein Ritual:

Zunächst einmal kommen im Quanjude nur Enten in den Ofen und dann auf den Tisch, die in 10 ausgewählten Entenfarmen bei Beijing gemästet worden sind. Das Geheimnis hier: Das Wasser ist in diesen Farmen von besserer Qualität, als anderswo. Auf diesen Farmen gedeihen üppige Wasserpflanzen, so dass man große und fette Enten züchten kann. Schlachtreife Enten sind im allgemeinen 65 Tage alt und 2 Kilogramm schwer. Nicht schwerer und auch nicht leichter. Sonst schmeckt die Ente nämlich nicht so gut. In den letzten drei Wochen vor dem Schlachten werden die Enten täglich viermal mit einem speziellen Gemisch aus Hirse, Sorghum, grünen Bohnen und Weizenspreu gefüttert. Die Enten dürfen sich in dieser Zeit nicht mehr bewegen. Auf diese Weise wird erreicht, dass das Fleisch zart und fett und die Haut der Ente dünn ist.

Kommen wir nun zur Grilltechnik, die im Laufe vieler Jahre weiterentwickelt wurde.

Die geschlachtete Ente wird zunächst gerupft, dann ausgenommen, und abgebrüht und schließlich mit Zuckerwasser übergossen. Dadurch wird die Entenhaut beim Grillen dattelrot glänzend und schön knusprig.

Das Ausnehmen geschieht übrigens durch eine vorsichtig geschnittene Öffnung unterhalb des rechten Flügels, die anschließend säuberlich wieder zugenäht wird. Hier ist wirklich Sorgfalt geboten, denn nachdem die Ente mit heißem Wasser abgebrüht wurde, wird sie mit heißem Wasser gefüllt, fast könnte man sagen aufgepumpt. Und nun geht es ab in den offenen Ofen,

der wie ein Kamin aussieht. Unten brennt ein offenes Feuer aus Dattel-, Pfirsich- und Birnbaumholz. Das Dattelholz spielt dabei – wie schon gesagt - eine durchaus wichtige Rolle. Der Rauch verleiht den Enten einen besonderen Geschmack. Bei gleichmäßiger Hitze wird die Ente gegart, wobei die Temperatur beim Grillen sehr wichtig ist. Sie muss bei 250 Grad Celsius liegen. Die Ente muss im Ofen regelmäßig gedreht werden. Insgesamt dauert der Grillprozess rund 30 bis 40 Minuten. Dann wird die Ente heraus genommen, und nach 5 bis 6 Minuten beginnt ein versierter Küchenmeister, die Ente am Tisch des Gastes kunstvoll zu zerschneiden. Von der knusprigen Haut mitsamt dem darunter liegenden gegarten Fleisch werden dünne Streifen abgeschnitten, insgesamt ca. 120 Stück – und dann ist nur noch das Skelett übrig.

Diese Entenstreifen werden nun in Soja- Paste getaucht und zusammen mit geschnittenem Lauch oder fein gehacktem Knoblauch in Weizenfladen eingerollt - und dann verzehrt.

Als frischen Rohkostsalat gibt’s dazu je nach Jahreszeit auch Rettich- oder Gurkenscheiben.

Der Vorgang des Zubereitens selbst ist wirklich eine Kunst. Sehr gern lädt deshalb das Restaurant seine Kunden ein, den Prozess des Grillens mit eigenen Augen zu verfolgen.

Frau Yang erzählt uns dazu:

„In der Halle des Erdgeschosses unseres Restaurants grillt ein Team von Meisterköchen die Enten in einer gläsernen Stube. Eine wahre kulinarische Show! Wir bringen den ganzen Prozess der Zubereitung den Kunden vor Augen.“

Die Räumlichkeiten des Restaurants sind stark durch den Stil der Qing-Dynastie geprägt.

Frau Yang beschreibt die prachtvolle Ausstattung:

„Unser zweistöckiges Gebäude wurde im traditionellen chinesischen Baustil errichtet. In der ersten Etage gibt es ein Dachfenster. So haben unsere Kunden die gesamte erste Etage und das Erdgeschoss im Blick. Im Erdgeschoss haben wir trotz mehrmaligen Ausbaus ein Stückchen Originalwand des ursprünglichen Restaurants erhalten. Dieses Relikt ist Zeuge der jahrhundertelangen Entwicklung unseres Restaurants. Zu sehen ist auch eine Ausstellung, in der unsere Besucher in eine Welt der Nostalgie eintauchen können. Wir präsentieren dort unter anderem einen Original-Jade-Abakus, einen Original-Esstisch und auch ein altes Grammophon. Übrigens tragen alle unsere Kellner die traditionelle Mandschu-Jacke und das Mandschu-Käppchen. Ich als Erbin des Restaurants führe unsere Gäste oft selbst im Restaurant herum. Das macht viel Spaß.“

Tja, man kann sich vorstellen, wie viel Spass die heutige Managerin hat, ihren Kunden dieses wunderschöne traditionelle Restaurant zu zeigen. Spaß macht es auch den Kunden, beim Essen eine Zeitreise hundert Jahre zurück anzutreten und das Flair des Quanjude-Restaurants hautnah zu erleben.

So, und hier haben wir nun noch einige Tipps für Sie, falls Sie dieses über 100 Jahre alte Restaurant selbst besuchen möchten:

Das Quanjude-Restaurants befindet sich in Beijing in der Qianmen-Straße Nr 32. Sie können das Restaurant telefonisch unter der Nummer 0086 für China und 10 für Beijing und dann 65112418 oder 67011379 erreichen, und im Internet finden Sie das Quanjude auch. Und zwar unter www.qmquanjude.com.cn. Wenn Sie eine E-Mail schicken möchten, dann notieren Sie bitte folgende Adresse: qmqjd@263.net.


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