...hält weder Ochs noch Esel auf: Ab 2013 soll der sogenannte "Europäische Stabilitäts-Mechanismus" – kurz ESM – das bisherige Rettungsinstrument, den "ESFS", ablösen. Die meisten europäischen Bürger scheint das nicht besonders zu interessieren – sie haben von dem ganzen "Rettungsgefasel" schon die Nase voll. Ein fataler Fehler.

Von Marc-Stephan Arnold, Beijing

Die Politik in Deutschland zeigt in den letzten Monaten immer erschreckendere Tendenzen auf. Der Versuch der Bundesregierung, die Abstimmungen über den ESM "ins stille Kämmerlein" zu verlegen, wo nur neun Mitglieder eines Sondergremiums über diese wichtigen Entscheidungen abstimmen sollten, dürfte den meisten deutschen Bürgern doch sehr missfallen haben. Das Bundesverfassungsgericht hatte diesen Angriff auf die Demokratie und auf die Rechte (und Pflichten!) der deutschen Bundestagsabgeordneten zurückgewiesen. Laut dem Urteil des höchsten deutschen Gerichts dürfen wesentliche haushaltspolitische Beschlüsse nicht bei Geheimabstimmungen in den Hinterzimmern des Parlaments beschlossen werden. Dass es überhaupt zu diesem Urteil kam, haben wir den SPD-Abgeordneten Peter Danckert und Swen Schulz zu verdanken, die sich von ihrer Fraktionsführung nicht unter Druck setzen lassen wollten und daher vor das Verfassungsgericht zogen, um wichtige Abgeordnetenrechte zu erkämpfen.

Doch damit war der Käse noch lange nicht gegessen. So wollte zum Beispiel die SPD-Fraktion den "Abweichlern" (allein dieses Wort klingt schon schwer nach Meinungsdiktatur) in ihren eigenen Reihen verbieten, sich bei der ESM-Debatte öffentlich zu Wort zu melden. Diesen Abgeordneten, die dem ESM und den anderen Euro-Rettungsmaßnahmen kritisch gegenüberstehen, sollte doch tatsächlich das Rederecht im Deutschen Bundestag entzogen werden! Nachdem sich in der deutschen Öffentlichkeit schließlich Protest gegen diese Maßnahme regte, ließ man den Vorschlag schnell wieder in der Schublade verschwinden. Doch was ist eigentlich los in unserem Land, dass es Politiker überhaupt wagen, derartige, gegen die durch das Grundgesetz garantierten Rechte eines jeden Bürgers verstoßenden "Vorschläge" vorzubringen?

Politik ohne Alternativen?

Es scheint inzwischen zum normalen Gebahren der politischen Kaste zu gehören, ihre immer absurderen Vorschläge nur kurz und leise in der Öffentlichkeit anzusprechen – und wenn sich im Volk nicht gleich ein spürbarer Widerstand regt, wird der Vorschlag sofort umgesetzt. Doch auch wenn sich Widerstand regt, werden die jeweiligen Maßnahmen immer öfter einfach "durchgepeitscht". Des Volkes Meinung interessiert die Deutsche Regierung scheinbar gar nicht mehr, denn sie weiß ja, dass "der deutsche Michel" kaum ernsthaft aufbegehren wird. Es geht ihm einfach noch viel zu gut – das Leid der griechischen Bevölkerung etwa ist für ihn viel zu weit weg. Echte Demokratie ist den Deutschen im Moment scheinbar zu anstrengend. Wäre es nicht so, dann würden es einzelne deutsche Politiker, vor allem vor dem Hintergrund der jüngeren deutschen Geschichte, wohl kaum wagen, ihre Politik als "alternativlos" zu bezeichnen oder gar ein "Rederechtsverbot für Abweichler" zu fordern: In einer wirklichen Demokratie würden die Bürger gegen derartige Aussagen sofort Sturm laufen, Millionen von Menschen würden vor dem Bundestag und dem Kanzleramt demonstrieren, faules Obst und Gemüse werfen und den sofortigen Rücktritt der jeweiligen Politiker erzwingen. In Frankreich würden in einigen Städten wahrscheinlich sogar die Autos brennen – in Deutschland aber passiert so gut wie nichts.

Wachsam sein – Bürgerrechte und Freiheit verteidigen

Die Deutschen, und auch sonst alle Bürger der EU, dürfen sich von dem ewigen "Rettungsgeschwätz" der Politiker und Banker nicht einlullen lassen. Wer alles retten will, rettet am Ende gar nichts. Gerade jetzt ist höchste Aufmerksamkeit gefragt! Machtmenschen wie Sarkozy, Barroso und Angela "alternativlos" Merkel werden nichts unversucht lassen, um das marode, die Bürger Europas bis aufs Blut quälende System, das ihnen aber ihre Macht garantiert, künstlich am Leben zu erhalten. Wie sehr sie dabei die Freiheit der europäischen Bürger einschränken, ist diesen Leuten eigentlich egal. Das sieht man vor allem an der grauenhaften Situation in Griechenland und Portugal, in zunehmendem Maße aber auch in Spanien und Italien. Wer hätte gedacht, dass aus den zwischenzeitlich überall sehr beliebten Deutschen wieder das meistgehasste Volk Europas wird?