Home Aktuelles
Multimedia
Service
Themenarchiv
Community
Home>Wirtschaft Schriftgröße: klein mittel groß
22. 05. 2012 Druckversion | Artikel versenden| Kontakt

Putzaktion an Chinas Börsen

Schlagwörter: China Reform Börse

Ein neuer Kriterienkatalog soll leistungsschwache Unternehmen von den chinesischen Börsen verdrängen.

Am 29. April veröffentlichte die Shanghaier Börse einen Entwurf, der das gegenwärtige Verfahren verbessern soll, mit dem die Börsennotierung von Unternehmen aufgehoben werden kann. Am selben Tag veröffentlichte auch die kleinere der beiden Börsen der Volksrepublik in Shenzhen einen Änderungsantrag über die Regeln, wie Unternehmen sowohl aus dem Hauptsegment der Börse, wie auch aus dem Segment für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) entfernt werden können.

Die neuen Richtlinien zur Aufhebung der Börsennotierung gehen in ihrer Strenge weit über das erwartete Maß hinaus. Nach Angaben von International Finance News laufen einige der gelisteten Unternehmen nun Gefahr, sogar von beiden Börsen entfernt zu werden.

Der Nachrichtenagentur Xinhua zufolge wurden in China seit 2001 die Börsennotierungen von lediglich 75 Unternehmen aufgehoben, ein Anteil von 3,1 Prozent aller börsennotierten Unternehmen. 49 dieser Firmen waren zum Zeitpunkt der Aufhebung bereits seit einigen Jahren in den roten Zahlen. In den Vereinigten Staaten entzieht die NASDAQ jährlich ungefähr 8 Prozent aller gelisteten Unternehmen die Börsennotierung, an der New Yorker Börse liegt dieser Prozentsatz bei 6 Prozent. Am Alternative Investment Market (AIM) der Londoner Börse, einem internationalen Markt für Wachstumsbranchen, liegt die Bannquote sogar bei 12 Prozent.

Der Entwurf der Shanghaier Börse fügt dem bisherigen Reglement sechs Kriterien für eine Aufhebung der Börsennotierung hinzu. Danach wird ein Unternehmen vom Parketthandel entfernt, wenn die Firma im Schnitt zweier aufeinander folgender Jahre einen negativen Substanzwert aufweist, also höhere Rückstellungen und Verbindlichkeiten hat, als sie auf der Aktiva-Seite einbringen kann. Auch, wenn die durchschnittlichen Jahreserträge vier Jahre in Folge jeweils unter 10 Millionen Yuan (1,23 Millionen Euro) lagen oder der Aktienkurs 30 Handelstage in Folge unter dem Nennwert der Aktie blieb, wird künftig die Lizenz entzogen.

Auch auf der Börse in Shenzhen gelten es von nun an ähnliche Kriterien. Hier werden insbesondere auch solche Unternehmen aus dem Rennen genommen, die auf dem KMU-Parkett gehandelt werden und drei öffentliche Rügen der Börse binnen 36 Monaten erhalten haben.

"Das neue Verfahren zur Aufhebung der Börsennotierung ist um einiges besser als das bislang geltende", erklärte Li Daxiao, der Direktor des Yingda Securities Forschungsinstituts, gegenüber International Finance News. "Auf der einen Seite ergänzt das neue Verfahren den bisherigen Katalog um neue Kriterien für ein Aussetzen und Beenden der Börsennotierung, nennt klarere Anforderungen für eine Wiederaufnahme des Aktienhandels und vervollständigt somit den Prozess der Aufhebung der Börsennotierung. Auf der anderen Seite wurden aber auch eine ganze Reihe von Maßnahmen vorgestellt, die die Interessen der Investoren schützen sollen."

"Die neuen Regelungen werden dazu beitragen, Investitionen zu mehren, die Spekulation einzudämmen und die leistungsschwachen Aktien auf ihren Realwert zu drücken", sagt Li.

Trotz der strengen neuen Richtlinien, halten es Experten für sinnvoll, noch zwei weitere Punkte in den Katalog aufzunehmen: Firmen, die gegen die Buchhaltungspflichten verstoßen, sollen automatisch vom Aktienmarkt entfernt werden. Zudem sollen im Falle eines Entzugs der Börsennotierung Großaktionäre kleine Anleger entschädigen.

Grund zur Unruhe

Nach Erhebungen des in Shanghai ansässigen Datenverarbeitungsunternehmens Wind Information gibt es zurzeit 34 Firmen, deren Aktien zwar zwei Jahre in Folge einen negativen Substanzwert aufwiesen, die jedoch offensichtlich in den Genuss von Sonderkonditionen kommen. Unter ihnen sind auch acht Unternehmen, deren Handel bereits ausgesetzt wurde. Für die übrigen 26 Unternehmen hat die Einführung des neuen Verfahrens zur Folge, dass auch sie bis zum Ende des Jahres vom Börsenhandel ausgeschlossen werden.

Nachdem die neuen Regelungen in Kraft treten, soll die Börsennotierung der Firmen, die derzeit noch geschont werden, zügig ein Ende finden. "Investoren, die sich daran gewöhnt haben, auf Aktien von Firmen zu setzen, die Sonderkonditionen genießen, sollten jetzt Richtig von Falsch unterscheiden können und nach Möglichkeiten suchen, sich aus diesen Firmen zurückzuziehen, um nicht größere Verluste zu realisieren", rät Shen Hang, Investmentberater von China Minzu Securities.

Wenn Unternehmen, die trotz Verlusten in zwei aufeinanderfolgenden Jahren oder einer fehlerhaften Buchführung immer noch an den Börsen notiert sind, ist dies ein Hinweis darauf, dass sie regelwidrig geduldet werden. Weil sie Investoren eine große Gewinnspanne eröffnen, werden sie oft von Spekulanten bevorzugt.

"Die neuen Regelungen können auch dazu beitragen, Investitionen in äußerst leistungsschwache Mantelgesellschafen, also Gesellschaften, die über keine operative Basis verfügen, einzudämmen," meint Huang Ming, Professor an der China-Europe International Business School.

Auf diese Weise hofft man, dass sich die Kapitalströme an den Börsen hin zu Unternehmen mit besseren Leistungen verschieben. Dadurch wiederum wird eine effiziente Allokation der Ressourcen auf dem Markt gewährleistet und der Kapitalmarkt kann seinen Beitrag zur Modernisierung von Industrie und Realwirtschaft leisten.

 

Quelle: Beijing Rundschau

Druckversion | Artikel versenden | Kommentar | Leserbrief | zu Favoriten hinzufügen | Korrektur

Kommentar schreiben
Kommentar
Ihr Name
Kommentare
Keine Kommentare.
mehr