Gewinnung von Rohöl aus dem Sedimentgestein Ölschiefer könnte ein neuer Ansatz sein, Chinas künftige Energiesicherheit zu gewährleisten. Allerdings steckt die Schieferölindustrie in China derzeit noch in den Kinderschuhen.

Während des Sommers strömen zahlreiche Touristen aufgrund des erfrischenden Wetters und der herrlichen Naturlandschaft in das Changbai-Gebirge im Nordosten Chinas. Für Ölproduzenten liegt die Schönheit des Gebirgszuges jedoch unterhalb der Oberfläche in den massiven Ölschiefervorkommen.

Ölschiefer ist ein Sedimentgestein, das Schieferöl enthält, welches wiederum als Ersatz für konventionelles Erdöl betrachtet wird. Es kann zu Benzin, Kerosin, Flugzeugtreibstoff und Dieselkraftstoff aufbereitet werden.

Angesichts eines voraussichtlichen Verbrauchs von 500 Millionen Tonnen Öl in diesem Jahr, ein Anstieg von fünf Prozent gegenüber dem Vorjahr, ist Chinas Suche nach neuen Energiequellen überaus intensiv.

Laut Daten des Statistikamtes produzierte das Land im Jahr 2011 lediglich 204 Millionen Tonnen Rohöl. Im Vergleich zu 2010 stellt dies einen Zuwachs von nur 0,3 Prozent dar.

"Wir haben im vergangenen Jahr 240 Millionen Tonnen Rohöl aus dem Ausland importiert. Dies entspricht etwa 57 Prozent unseres gesamten Bedarfs", erklärte Ding Shubai, Chefexperte des in Beijing ansässigen Research Institute of Petroleum Exploration Development. "Dieser Anteil wird weiter zunehmen."

Um die Abhängigkeit von Importen zu verringern, werden neue Energiealternativen wie Ölschiefer zunehmend attraktiv.

China verfügt über etwa 240 Milliarden Tonnen zugänglicher Ölschiefervorkommen. Laut Angaben von Chinas National Energy Administration (NEA) können mithilfe des chemischen Prozesses der Ölschieferretorte über zehn Millionen Tonnen Öl aus diesen Reserven produziert werden.

Liu Tienan, Leiter der NEA, erklärte, dass die Förderung von Chinas Ölschieferindustrie eine wichtige Aufgabe sei, die die heimische Öl-Versorgung erhöhen und die Energiebelastung der Nation verringern werde.

Wie Forschungsergebnisse der Citibank zu Jahresbeginn zeigten, ist in den Vereinigten Staaten die Schieferölproduktion in North Dakota, Texas und anderen Staaten zum "Antrieb" für das Wachstum der Ölproduktion des gesamten Landes geworden.

Ding würde gerne sehen, dass Schieferöl einen ähnlichen Schub in China verzeichne. "Die Schieferölindustrie ist äußerst wichtig, um Chinas Energiesicherheit zu gewährleisten", sagte Ding.

Industrieanalyst Li Linghuan sagte, China sehe sich wachsendem Druck durch hartnäckig hohe Ölpreise ausgesetzt. Allerdings habe das Land nur begrenzte Möglichkeiten, um die internationalen Energie- und Treibstoffpreise unter dem gegenwärtigen System zu beeinflussen.

"Eine Entwicklung von Ölschiefer in großem Maßstab in der Zukunft würde helfen, den Weltölpreis auszugleichen und China mehr Einflussmöglichkeiten eröffnen", sagte Li.

Aufgrund des großen Potenzials von Ölschiefer sollten Unternehmen mehr Anstrengungen bei dessen wissenschaftlicher Erforschung unternehmen und einen Durchbruch bei seiner industriellen Produktion in den nächsten Jahren anstreben, erklärte Liu von der NEA.

PetroChina, der nationale Branchenführer, erstellte vergangenen Mittwoch seinen ersten Evaluierungs- und Entwicklungsplan für Schieferöl zusammen mit der US-amerikanischen Hess Corporation. Der Plan sieht eine weitere Zusammenarbeit im Rahmen ihres Gemeinschaftsunternehmens im westchinesischen Turpan-Hami Bassin vor.