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Jia Zhangke
german.china.org.cn          Datum: 17. 11. 2005

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In den letzten Jahren hat Jia Zhangke, ein junger chinesischer Filmregisseur, in der Filmwelt große Aufmerksamkeit erregt. Seine Spielfilme "Kleiner Wu", "Bahnsteig" und "Sorglos und unbekümmert" wurden auf internationalen Filmfestivals ausgezeichnet. Viele Fachleute meinen, dass die Werke dieses jungen Filmregisseurs eine neue Periode in der Filmproduktion Chinas darstellen.

"Ich will mit dem Mittel des Films das Leben der einfachen Leute beleuchten. Dafür muss ich zuerst ihre Verhaltensweisen beachten. In ihrem Alltagsleben finde ich alles, was ihr Leben ausmacht...", sagt Jia.

Jia Zhangke wurde im Jahre 1970 in der Kreisstadt Fenyang der Provinz Shanxi geboren. Nach dem Wunsch seiner Eltern sollte er bildende Künste studieren. So schickten ihn seine Eltern nach dem Abitur nach Taiyuan, der Hauptstadt der Provinz Shanxi, wo er an einem Kurs der Shanxi-Universität zur Vorbereitung auf die Aufnahmeprüfung zum Studium an einer Hochschule für Bildende Künste teilnahm. Damals ging er oft in das Gonglujiu-Kino, das sich in der Nähe der Universität befand. Einmal sah er dort den unter der Regie Chen Kaiges gedrehten Spielfilm "Gelbe Erde". "Von da an wollte ich auf die Filmhochschule Beijing gehen und Filmregisseur werden", sagt Jia.

Von 1991 bis 1993 nahm er dreimal an der Aufnahmeprüfung teil. Beim dritten Mal ging sein Wunsch endlich in Erfüllung. Er studierte Literatur. Ein ehemaliger Kommilitone sagt über Jia Zhangke: „Im Winter trug er immer eine rote mit Entendaunen gefütterte Weste. Er war gern allein. Wenn er einen von uns traf, begrüßte er ihn mit einem Lächeln. Er war älter als wir und schien ständig unter Zeitdruck zu sein."

Zusammen mit seinen Kommilitonen organisierte Jia Zhangke eine Experimentiergruppe für Filmproduktion. Ihr erster Film hatte den Titel „Die Heimkehr Xiao Shans". In diesem Film wird die Geschichte des jungen Bauern Xiao Shan erzählt, der in Beijing als Tagelöhner arbeitet und vor dem Frühlingsfest in seine Heimat zurückkehrt.

"Nach den Dreharbeiten war ich sehr froh. Die erste Vorführung des Films zog viele Zuschauer an. Ich war bei der Vorführung nicht dabei. Ich ging im Flur auf und ab und wartete auf die Reaktionen. Doch nach einigen Minuten begannen die Leute, den Vorführsaal zu verlassen. Als der letzte Zuschauer herauskam, klopfte er mir mit der Hand auf die Schulter und sagte mir, dass ich nicht aufgeben solle. Ich war so enttäuscht, dass ich die ganze Nacht nicht schlafen konnte. Aber ich fand mich nicht damit ab und beschloss, den Film den Studenten der Beijing-Universität vorzuführen", erzählt Jia.

"Nach der Vorführung diskutierten sie lebhaft über den Film. Eine Studentin veröffentlichte in einer Zeitung einen Artikel über den Film. Der Artikel war sehr kurz, fand aber bei Hong Konger Lesern große Aufmerksamkeit. So kam ein Reporter aus Hong Kong nach Beijing, um über uns zu recherchieren. Er nahm den Film zur Teilnahme an einem Filmwettbewerb nach Hong Kong mit. Und unerwarteter Weise wurde unser Film mit dem Preis "Bester Spielfilm" ausgezeichnet. Das hat mich unglaublich motiviert", so Jia.

Der Spielfilm "Kleiner Wu" war Jias Erstlingswerk als Regisseur. Nachdem sich eine Studentin der Beijing-Universität im Internet diesen Film angeschaut hatte, schrieb sie auf einer Internatseite der Tsinghua-Universität den Satz: "Jia Zhangke hat seine Kreisstadt gefunden."

"In der Tat brauchte ich diese Kreisstadt nicht zu finden, denn ich bin dort geboren und aufgewachsen", sagte er. "Aber mein Erstlingswerk ist besonders ungewöhnlich. Bei der Produktion dieses Films war ich voller Begeisterung. Heute will ich mir diesen Film nicht mehr ansehen, denn er gehört jetzt den Zuschauern." Aus seinen Worten ist herauszuhören, dass er mit diesem in nur 21 Tagen fertig gestellten Film sehr zufrieden ist.

"Nachdem ich mit dem Kameramann mit diesem Film zur "Berlinale" nach Berlin gekommen war, um im Forum des Jungen Films an dem Wettbewerb teilzunehmen, waren wir ganz verwirrt. Überall sahen wir Filmproduzenten, die ihre Filme absetzen wollten und auch wir wollten unseren Film verkaufen. Wir folgten diesen Menschen und sahen, dass die Regisseure alle ihre Filme selbst anpriesen. Das fiel mir unglaublich schwer und ich musste mich stark überwinden. Eine alte französische Filmproduzentin sah dies, bot ihre Dienste an und unterzeichnete mit uns ein Distributionsabkommen. Später wurde dieser Film in vielen Staaten gezeigt und wir haben dabei viele kostbare Erfahrungen gesammelt."

In dem Film wird ein junger Taschendieb mit Familiennamen Wu dargestellt, der immer mehr auf kleinkriminelle Abwege gerät und im Laufe der Zeit immer stärker isoliert wird. Er verliert seine Familie und auch seine Freunde sagen sich von ihm los. Mit dem Film hat Jia Zhangke auf internationalen Filmfestivals insgesamt acht Preise gewonnen.

Aus seiner Kindheit erzählt Jia Zhangke, er habe als Grundschüler noch nie einen Zug gesehen. Eines Tages wehte ein starker Wind. Von weither hörte er ein Geräusch. So fragte er seinen Vater, was das für Geräusch sei. "Das ist eine Zugsignal", antwortete er. Später bekam er ein Fahrrad und fuhr damit in die Nachbarstadt, um dort mit eigenen Augen zu sehen, was ein Zug ist. Dabei legte er etwa eine Strecke von 20 Kilometer zurück und sah zum ersten Mal eine Eisenbahn.

Viele Jahre später hat er den Spielfilm "Bahnsteig" gedreht. Darin werden drei Schulkameraden Jia Zhangkes beschrieben, die wegen der Armut ihrer Familien nicht mehr weiter die Schule besuchen können und in die "Gesellschaft" gehen müssen. Jia Zhangke ist der einzige von ihnen, der heute Filmregisseur ist. Was unterscheidet ihn von den anderen? "Ich habe einen guten Sprachlehrer getroffen. Er ließ mich in der letzten Reihe des Klassenzimmers sitzen und lesen. Und ich habe einen guten Mittelschuldirektor getroffen. Ich musste nachmittags nicht zum Unterricht gehen, sondern konnte im Schülerheim bleiben und Gedichte schreiben."

Jia Zhangke gehört zu einer neuen Generation von Filmproduzenten in China, die seit Anfang der 1990er selbstständig kostenniedrige Filme produzieren. In den letzten 14 Jahren entstanden gut 30 solcher Filme, die zum Teil im In- und Ausland ein starkes Echo gefunden haben. Mehr als zehn davon wurden auf internationalen Filmfestivals preisgekrönt.

(China im Bild/China.org.cn, 19. März 2004)

Quelle: german.china.org.cn

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