Die Mogao-Grotten -- Schatzkammer der buddhistischen Kunst  
 

Dunhuang, eine Stadt am westlichen Rand des Hexi-Korridors in der Provinz Gansu und am östlichen Rand der Taklamakan-Wüste, liegt in einem Becken, in dem sehr trockenes Klima herrscht. Doch das Schmelzwasser, für das die Gletscher des Qilian-Gebirges sorgen, läßt die Vegetation üppig gedeihen und ließ so in der Wüste eine Oase entstehen.

Im 2. Jahrhundert v. Chr. schickte Kaiser Wudi der Westlichen Han-Dynastie Zhang Qian als Abgesandten in die "Westlichen Gebiete". Danach sind im Hexi-Korridor vier Präfekturen gebildet worden. Die westlichste davon ist die Dunhuang-Präfektur. Fast zur gleichen Zeit bildete sich eine nach Westen führende Handelsmagistrale -- die Seidenstraße -- heraus. Dunhuang wurde allmählich zum Knotenpunkt der Seidenstraße für den wirtschaftlichen und kulturellen Austausch zwischen China und den "Westlichen Gebieten". Über diese Magistrale kamen Kultur und Erzeugnisse aus China nach Mittelasien und Europa, während fremde Kulturen, besonders der indische Buddhismus, in Zentralchina Eingang fanden. Da der indische Buddhismus meist durch künstleriche Gestaltung seine Lehre predigte, entstanden im Laufe der Zeit zahlreiche Grotten entlang der Seidenstraße. Die größten und an Kulturwerken reichsten und am besten erhaltenen sind die Mogao-Grotten in Dunhuang. Sie sind nicht nur eine Schatzkammer der chinesischen Nation, sondern auch ein Teil des kulturellen Erbes der gesamten Menschheit. Im Juli 1997 wurden die Mogao-Grotten von der UNESCO in die "Liste des Weltkultur- und-naturerbes" aufgenommen. Der Bau der Mogao-Grotten begann im Jahre 366. Es heißt, daß ein buddhistischer Mönch namens Le Zun hier die erste Höhle ausgehauen habe. Der Bau zog sich über zehn Dynastien hin -- die Nördliche Liang-Dynastie, die Nördlich Wei-Dynastie, die Westliche Wei-Dynastie, die Nördliche Zhou-Dynastie, die Sui-Dynastie, die Tang-Dynastie, die Fünf Dynastien, die Song-, die Westliche Xia- und die Yuan-Dynastie -- und dauerte insgesamt über zehn Jahrhunderte.

Heute zählen die Mogao-Grotten 750 Höhlen mit insgesamt über 3000 farbigen Skulpturen und Wandmalereien, die eine Fläche von 4500 Quadratmetern einnehmen. Zudem fand man in den Sutrenhöhlen etwa 50 000 handgeschriebene Dokumente, verschiedene Kulturgegenstände wie Seidenmalereien, Holzschnittbilder, Stickereien und Kalligraphien. Würde man diese Zeitzeugen der Kultur aneinanderreihen, ergäben sie eine Gesamtlänge von 25 Kilometern.

In der Höhlenkunst von Dunhuang nehmen die Wandmalerein einen wichtigen Platz ein. Es sind hauptsächlich Porträts von Buddhas, Bodhisattwas und Himmelskönigen, Gemälde über buddhistische Religionsgeschichten, Fresken über die Punya-Sutra, buddhistische Bildergeschichten, Gemälde üder chinesische Mythen, Porträts von Persönlichkeiten und verschiedene Dekorationsmalereien. Sie geben uns Aufschluß über Politik, Wirtschaft und Kultur, über das Alltagsleben verschiedener Gesellschaftsschichten, über Sitten und Gebräuche der Nationalitäten sowie über den Handels- und Kulturaustausch zwischen China und dem Ausland zu jener Zeit. Manche westliche Historiker betrachten die Wandmalereien in den Mogao-Grotten als eine "Enzyklopädie an der Wand".

In der Höhlenkunst von Dunhuang ist die ausländische Kultur harmonisch mit der indländischen verschmolzen. Zum Beispiel gibt es in manchen Grotten Wandmalereien, worauf Griechen, Perser und badende Inderinnen zu sehen sind. In anderen Grotten hingegen zeigen die Gemälde chinesische taoistische oder konfuzianische Episoden. Die turmförmigen Nischen und die sattelförmigen Decken der Grotten lassen den typischen chinesischen Baustil erkennen.

Die Mogao-Grotten bestehen aus quartärem Sedimentgestein und wurden an Berghängen angelegt. Solche Steinart ist nicht fest, aber das trockene Klima bewahrte die rund 500 Grotten im Lauf von Jahrhunderten vor Erosion- und Erdbebenschäden. Mit dem Schutz der Mogao-Grotten begann man erst im 10. Jahrhundert. Anfang unseres Jahrhunderts entdeckte man hier eine Höhle mit buddhistischen Relikten. In den folgenden Jahren kamen ständig sogenannte Gelehrte und Experten imperialistischer Länder nach Dunhuang und raubten wertvolle Kulturgegenstände, die heute in Museen in Tokio, London, Paris und Moskau noch zu sehen sind. Erst in den 40er Jahren wurde ein Forschungsinstitut gegründet. Das Institut hat die Aufgabe, über die Grotten zu wachen. In den 60er Jahren wurden die Mogao-Grotten im großen Maßstab renoviert. Seit den 80er Jahren stehen die Kulturgegenstände unter staatlichem Schutz, der auf neuesten wissenschaftlichen und technischen Erkenntnissen beruht.

Seit der Befreiung Chinas, besonders in den letzten Jahren, ziehen die Mogao-Grotten immer mehr Touristen und Wissenschaftler an.