Von Marc-Stephan Arnold, Beijing

Das Deutsche Theater Berlin weilt derzeit für ein Gastspiel in Beijing. "Ödipus Stadt", so heißt das hochpolitische Stück, dessen Stoff – obwohl schon vor 2500 Jahren geschrieben – aktueller nicht sein könnte. "Wir befinden uns heute in Europa in einem Moment der Agonie", sagte Regisseur Stephan Kimmig am Mittwoch vor Vertretern der chinesischen Presse.

"Ödipus Stadt": Ulrich Matthes als tyrannischer König Ödipus. Im Bildhintergrund König Kreon, gespielt von Susanne Wolff. In Beijing wird das Stück zwei Mal aufgeführt, nämlich am 06. und 07.09.2013, jeweils von 19:30-21:50 Uhr im "Chinesischen Nationaltheater" (国家话剧院). Weitere Details zur Aufführung am Ende dieses Texts.

Ein bisschen müde sind sie schon, die Mitglieder des Deutschen Theaters Berlin, als sie am vergangenen Mittwoch in Beijing ihr Stück "Ödipus Stadt" auf einer Pressekonferenz im Chinesischen Nationaltheater vorstellen. Kein Wunder – schließlich ist ihr Flug aus Deutschland gerade erst gelandet. Doch man sieht ihnen auch an, dass es ihnen Spaß macht, über das Stück zu reden – und dass sie über das große Interesse seitens der chinesischen Journalisten sehr erfreut sind.

"Bald sind Wahlen in Deutschland, und die Politikmüdigkeit ist groß. In 'Ödipus Stadt' geht es um die Frage: 'Wo stehen wir eigentlich mit unserer Demokratie?'. Wir glauben alle, dass wir in einer Demokratie leben – und wahrscheinlich tun wir das ja auch – aber wir sind uns vielleicht nicht mehr so ganz bewusst, was das heißt. Und wie wachsam wir sein müssen, wenn wir diese Demokratie erhalten wollen – wie sehr wir immer wieder darum kämpfen müssen. Es ist interessant, dass ein Theaterstück, das so alt ist wie die Demokratie selbst, in Europa plötzlich wieder so aktuell sein kann", sagte Sonja Anders, Chefdramaturgin und stellvertretende Intendantin des Deutschen Theaters Berlin.