Die Yungang-Grotten  
 

Die Yungang-Grotten befinden sich in der Nähe von Datong in der Provinz Shanxi. Die berühmten buddhistischen Felsengrotten erstrecken sich auf einer Länge von einem Kilometer den verworfenen Südhang des Wuzhoushan entlang. In den 53 wichtigsten Höhlen befinden sich insgesamt etwa 51.000 lebendig gestaltete Buddha- und Bodhisattwa-Statuen, Plastiken fliegender Feen und Reliefs, die religiöse Geschichten darstellen. Die Yungang-Grotten sind die wichtigsten religiösen Kunstwerke neben den Grotten von Dunhuang und Longmen. Die größte Figur misst 17 m (in Grotte 5), die kleinste 2 cm. Der indische und sogar griechische Einfluss (Wächterfiguren am Eingang zu Grotte 10) ist unübersehbar. Das meistfotografierte Objekt ist die etwa 14 m hohe Skulptur des in Meditation versunkenen Buddha in Grotte 20.

Die Yungang-Grotten entstanden vor 1.500 Jahren zur Zeit der Nördlichen Wei-Dynastie (385–534). Damals war Pingcheng (heute: Datong) die Hauptstadt dieser Dynastie. Der Buddhismus hatte sich schon in China verbreitet. Mehrere zehntausend Handwerker verschiedener Nationalitäten kamen auf Befehl des Kaisers zum Wuzhoushan, um die Grotten aus dem Fels zu meißeln. Selbst bei schneidener Kälte und sengender Hitze mußten sie arbeiten. Mit ihren Skulpturen, die zu den besten ihrer Art in China zählen, stellen die Yungang-Grotten eine in der ganzen Welt berühmte "Schatzkammer der Steinschneidekunst" dar.

In der fünften Höhle befindet sich eine 17 m hohe und 15,3 m breite sitzende Buddha-Statue: Ihre Füße sind 4,6 m lang und ihre Mittelfinger länger als der größte Korbballspieler – 2,3 m. Eine weitere 13 m hohe Buddha-Statue, die im Freien steht, ist so imposant, daß viele chinesische und ausländische Touristen sie fotographieren. Die großen Augen, die hohe Nase, die dünnen Lippen, das volle Gesicht sowie die breiten und kräftigen Schultern charakterisieren diese Buddha-Statue als ein hervorragendes Werk der Bildhauer des chinesischen Altertums. Überdies ist erwähnenswert, dass etwa tausend bloß zwei cm hohe Buddha-Figürchen in die Kutte einer großen Buddha-Statue eingelassen sind. Diese winzigen Statuetten, deren Gesichter von Verwitterung schon ziemlich angegriffen sind, sind alle unterschiedlich gestaltet.

Die Schakjamuni-Höhle, die bedeutendste Höhle in Yungang, ist 16 m hoch. Die meisten Skulpturen und Reliefs, die in zwei Reihen übereinander in die Wände der Grotte gemeißelt sind, sind im typischen Stil der religiösen Kunst ihrer Zeit ausgeführt. Unterhalb der Nischen, in denen Buddha- und Bodhisattwa-Statuen stehen, befinden sich Reliefs über die Jugend Schakjamunis. Dargestellt ist, wie er seine frühen Jahre im Palast des Vaters verbrachte und dann eines Nachts auf einem Pferde reitend seine Heimat verließ, um in der Fremde Erlösung zu suchen.

Die imposante "Schatzkammer der Steinschneidekunst" in Yungang liefert wertvolle Unterlagen für das Studium der Politik, Wirtschaft, Kunst und Religion in alten Zeiten. Besonders erwähnenswert sind die in die Wände eingelassenen Steinfiguren von sechs Schönheiten und einer fliegenden aus Frauen bestehenden Musikkapelle. Manche Gestalten halten eine Querflöte in der Hand, andere blasen eine Längsflöte, wieder andere spielen auf der Pipa (einem lautenähnlichen Zupfinstrument mit vier Saiten). Auch sie sind wunderschöne Zeugnisse hoher Kunst. Die Reliefs sind nicht nur für Maler und Archäologen, die die darstellende Kunst des Buddhismus erforschen, sehr wertvoll, sondern stellen auch eine bedeutende Quelle für das Studium der Musik in alten Zeiten dar.

Die in Steine geschnittenen Inschriften sind heute wichtige Texte zum Studium der Geschichte der Bildhauerkunst in Yungang. Die Steinsäulen, achteckig oder in Form einer fünfstufigen Pagode, und die Steindächer tragen ebenfalls sehr zur Erforschung der Geschichte der chinesischen Architektur bei.