Der Ort Lichuan in Jiangxi

Per Zug gelangen wir nach Nanchang, Hauptstadt der ostchinesischen Provinz Jiangxi. Ziel unserer Entdeckungsreise hier soll die Ortschaft Lichuan sein, inmitten des Wuyi-Gebirges. Das Gebirge liegt an der südöstlichen Grenze zur Küstenprovinz Fujian.

Lichuan ist von Bergen umgeben, kaum eine richtige Straße verbindet die verschlafene Ortschaft mit der Außenwelt. Kein Wunder, dass noch bis vor ein paar Jahren niemand den Namen Lichuan kannte. Erst seit ein Photograph im Jahre 2001 zufällig einen riesigen schiffsförmigen Wohnhof in dem Bergdorf entdeckt hatte, lockt das Dorf Scharen von Wissenschaftlern und Abenteurern an.

Der schiffsförmige Wohnhof befindet sich im Zentrum des Dorfes. Er ist umgeben von 6 Meter hohen Ziegelmauern. Wer den Wohnhof vom Dorf aus betrachtet, wird nur feststellen, dass der Hof überdimensional groß ist und mächtig wie eine Burg wirkt. Man kann die Schiffsform des Hofes nur erkennen, wenn man auf einen kleinen Berg im Westen des Dorfes klettert. Von hier aus kann man einen Blick auf das Dorf werfen, und ein riesiges Schiff im Zentrum des Dorfes fällt dem Betrachter ins Auge.

Tritt man durch das Haupttor im Norden des Hofes, tut sich ein mehr als 600 Quadratmeter großer Platz auf. Der Platz ist mit Kieseln bestreut. Anders als andere südchinesische Bauten hat der schiffsförmige Hof keinen richtigen Garten.

Architekten sagen, dass der Entwurf des Hofes streng am südchinesischen Baustil orientiert ist. Aber seine Größe übertrifft fast alle anderen privaten Häuser in Ostchina.

Vier Reihen von Häusern teilen die ganze Residenz in vier kleinere Höfe auf. An der rechten Seite des ersten Hofes ist der Stall. An beiden Seiten des zweiten Hofes stehen hohe Ziegeltürme für Orchester. Bei Festlichkeiten ertönte von hier aus die Musik. Die Türme sind mit vielen Öffnungen versehen, damit die Musik bis in die hintersten Ecken der Residenz vernehmbar ist.

Die Wohnräume liegen versteckt hinter einer hohen Schutzmauer. Wohnzimmer, Schlafzimmer, Hallen, Studienzimmer, Räume für Angestellte, die Küche, Speiseräume und Lager - sie alle werden durch verwinkelte Korridore miteinander verbunden. Die Hallen sind prunkvoll mit Reliefs dekoriert. Mehr als 160 Jahre sind vergangen, doch der Lack auf den Säulen ist noch nicht völlig abgeblättert.

Die Residenz soll insgesamt 108 Zimmer haben, doch man kann nur 107 zählen. Das letzte soll die Schatzkammer des Besitzers sein, doch weiß heute niemand, wo sich diese Schatzkammer befindet. Der Hof wurde nie von Feuer oder Hochwasser heimgesucht. Dies ist dem perfekt ausgeklügelten System von Abwasserleitungen und Feuerschutzmauern zu verdanken.

Vom Lichteinfall über Drainage und Innenausstattung - überall wurde auf die Harmonie zwischen dem Menschen und seiner Umgebung geachtet. Der Mörtel zum Beispiel ist eine Mischung von Kalkwasser und Klebreisbrei, was umweltfreundlich ist und die Mauern solide macht.

Der schiffsförmige Hof liegt in einer besonders schönen Umgebung. Da das kleine Dorf Lichuan inmitten des Gebirges liegt und kaum eine richtige Straße zur Außenwelt führt, blieb die Ortschaft bisher von der Industrialisierung verschont. Die Berge rund um das Dorf sind mit üppigen Bäumen bedeckt. Dort kann man auch viele Arten von Bambus finden. Kristallklare Bäche schlängeln sich durch die Wälder und das Dorf. Und im Frühling bewegen sich die Reisähren im Wind. Aus der Entfernung betrachtet sieht der Hof aus wie ein fahrendes Schiff im grünen Meer.

Die Ortschaft Lichuan selbst ist reich an Thermalbädern. Die Wassertemperaturen liegen bei 50 Grad Celsius. Am Abend nach ihrer anstrengenden Arbeit im Reisfeld gehen die Bauern dorthin zum Schwimmen. Besucher können bei dieser Gelegenheit interessante Begegnungen mit den Bauern erleben und sich von ihrem alltäglichen Leben berichten lassen.

Bekannt ist Lichuan vor allem für seine kulinarischen Spezialitäten, wie Bambussprossen, Judasohr und Pasaiapilz. Diese Spezialitäten können Sie hier zu sehr guten Preisen kaufen.

(CRI/China.org.cn, 6. Juli 2004)