Die alte Küstenstadt Ningbo

Ningbo ist eine im Grunde ruhige Küstenstadt. Die Ningboer denken aber stets auch an das tobende Meer. Vor 2.000 Jahren stach eine große Flotte unter der Führung von Xu Fu, Magier und Alchemist aus der Qin-Dynastie (221-207 v. Chr.), von Ningbo aus in See, womit die Geschichte des Verkehrs zwischen China und dem Ausland eingeleitet wurde.

Anfang des 20. Jahrhunderts gingen die Schneider Ningbos in verschiedene Landesteile. Sie gründeten die sogenannte "Rote Gilde" und begründeten mit ihrer hohen Kunstfertigkeit einen guten Ruf im ganzen Land.

Nach der Einführung der Reform- und Öffnungspolitik 1978 erfuhr die Stadt große Wandlungen. Die einst engen Straßen sind verbreitert. Die Menschen sind besser und schöner gekleidet. Sogar der Dialekt Ningbos wird mehr und mehr durch das Hochchinesische ersetzt.

Alte Kulturstadt

Neben den bekannten Ruinen der Hemudu-Kultur, einer der Wiegen der Zivilisation der chinesischen Nation, dem Tianyi-Pavillon, der ersten Privatbibliothek Chinas, und dem Baoguo-Tempel, einem bekannten Holzbau in China mit einer langen Geschichte, gibt es in Ningbo noch mehrere alten Gärten, Wasserbauprojekte und heilige Stätten des Buddhismus zu besichtigen.

Der Tashan-Staudamm

Die Hemudu-Ruinen zeigen, dass die Vorfahren der Chinesen vor 7.000 Jahren in Ningbo in Pfahlbauten am Wasser lebten. Vor mehr als 1.000 Jahren baute man zum Schutz vor Überschwemmungen durch den Fluss Fengjiang im Kreis Yin am südwestlichen Fuß des Tashan-Bergs den Tashan-Staudamm.

Der Staudamm besteht aus riesigen Steinblöcken und Holzpfeilern, er ist 100 Meter lang und fünf Meter breit. Durch ihn wird das Flusswasser geteilt. Bei Überschwemmungen werden 70% der Wassermenge in den Strom und 30% in die Bäche geleitet, bei Dürre ist es umgekehrt. Er gehört zu den vier antiken Wasserbauprojekten Chinas.

Da der alte Fluss seinen Lauf änderte, verlor der Staudamm seine Funktion. Er ist aber immer noch in einem guten Zustand. Zur Zeit lenkt er die Aufmerksamkeit der Fachleute für antike Wasserbauprojekte auf sich. Seit 1988 steht er als ein wichtiges Kulturdenkmal unter nationalem Schutz.

Schöne Seelandschaft

15 km östlich vom Stadtzentrum liegt der Dongqian-See, der größte Süßwassersee in der Provinz Zhejiang. Dieser 22 qkm große See ist von Bergen umgeben und wirkt bei Windstille wie ein grüner Jadestein.

Der Dongqian-See wurde vor 1.200 Jahren angelegt. Um den See herum gibt es zahlreiche Möglichkeiten für Aktivitäten, z.B. die Felsen zum Angeln von Taogong, ein Besuch der Sandbank Erling in der Abenddämmerung oder die Besichtigung der über 70 kulturellen Sehenswürdigkeiten in der Umgebung des Sees, wie z.B. die Grottenkunst "Butuodongtian" aus der Südlichen Song-Dynastie, die Pagode Erling aus der Yuan-Zeit, der Tempel Wang Anshi und zahlreiche Steinschnitzereien aus der Südlichen Song-Dynastie. Außerdem gibt es hier das Insekten-Museum des Entomologen Zhou Yao, das Kalligraphie-Institut des Kalligraphen Sha Menghai und den Schmetterlings-Pavillon.

Sonnen-See und Mond-See

Der Sonnen-See und der Mond-See sind schöne und beliebte Feizeitziele im Stadtzentrum. Die beiden Seen wurden in der Regierungszeit Zhenguan (627-650) während der Tang-Dynastie künstlich angelegt. In den letzten Jahren wurde das Landschaftsgebiet des Mond-Sees zur Entwicklung des Tourismus auf 28,6 ha vergrößert. Die Insel Yanyu im dunstverhangenen Wasser und das Tiefland mit zahlreichen Trauerweiden und acht andere Sehenswürdigkeiten sind nach wie vor attraktiv. Über zehn Gebäude im Baustil der Ming- (1368-1644) und der Qing-Dynastie (1644-1911) sind gut erhalten.

Der Liang-Zhu-Kulturpark

Die Geschichte der Liebestragödie "Liang Shanbo und Zhu Yingtai" auch unter dem Titel "Butterfly Lovers" bekannt, die man in ganz China kennt, kann sich mit Shakespeares "Romeo und Julia" messen. Von den zahlreichen Kulturrelikten über Liang Shanbo und Zhu Yingtai, die über ganz China verstreut sind, ist der Liang-Shanbo-Tempel im Kreis Yin der Stadt Ningbo am besten erhalten.

Der Tempel liegt am Ufer des Yuyao-Flusses. In der alten Zeit kam es oft zur Überschwemmung. Als Liang dort als Kreisvorsteher tätig war, leitete er die Bevölkerung bei der Flussregelung an. Zum Andenken an ihn baute man am Flussufer diesen Tempel.

Im Liang-Zhu-Kulturpark nimmt der Tempel den Hauptteil ein, aber es gibt auch noch Pavillons, Plattformen, Türme, Wasserpavillons und andere Bauten im alten Stil, die nach der Geschichte der Liebestragödie angeordnet sind. Der Caoqiao-Pavillon zum Beispiel, in dem Liang Shanbo und Zhu Yingtai (als Mann verkleidet) Blutsbrüderschaft miteinander schlossen, der Turm, in dem Liang ein Rendezvous mit Zhu hatte, und eine Grünanlage mit einem Paar Schmetterlingen und dem Regenbogen (Der Tagödie zufolge sind die beiden Geliebten nach ihrem Tod zu einem Paar Schmetterlinge geworden).

Alter Asoka-Tempel

Asoka (?-232 v. Chr.), Maurja-Kaiser in Nordindien, bekannte sich zum Buddhismus. Zur Verbreitung des Buddhismus ließ er zu seinen Lebzeiten über 8.000 buddhistische Tempel in Indien und anderen Ländern bauen. Am Fuß des Taibai-Gebirges in Ningbo liegt ein alter Tempel, der einzige nach Asoka benannte Tempel in China. Er wurde vor 1.700 Jahren in der Westlichen Jin-Dynastie gebaut und ist einer der fünf bekannten Tempel der buddhistischen Chan-Sekte in China.

Der Asoka-Tempel ist für seine Stupa bekannt, in der Reliquien Schakyamunis aufbewahrt sind. Die Stupa steht in einer siebenstufigen Pagode in der prachtvollen Stupa-Halle. Hinter der Steinpagode gibt es eine Statue des liegenden Buddha. In der Halle hängen bis heute noch zwei horizontale Tafeln mit Inschriften in der Kalligraphie der zwei Kaiser aus der Südlichen Song-Dynastie (1127-1179). Die Steinschnitzereien von den vier Himmelskönigen an den seitlichen Wänden hinter dem Tempel und die Ziegelschnitzereien von den "sechzehn Prinzen" an den Wänden im Raum für die Darlegung der Sutras sind lebensecht und lebendig.

Die Tempelanlage nimmt eine Fläche von 80.000 qm ein und hat über 600 Gebäude, von denen die Schakyamuni-Halle und die Stupa-Halle die Hauptgebäude sind. Im Tempel sind die Stelen aus der Tang- (618-907) und der Song-Dynastie (960-1179) gut erhalten. Der Asoka-Tempel ist nicht nur Wallfahrtsort der Buddhisten, sondern er wird auch wegen seiner Architektur, Stein- und Ziegelschnitzereien, Gartenkunst, Malereien und Kulturgegenstände von in- und ausländischen Touristen oft besucht.

Stadt in ständiger Veränderung

Nach dem Opiumkrieg im Jahre 1840 wurde die Regierung der Qing-Dynastie gezwungen, fünf Hafenstädte Chinas, darunter Ningbo, den Westmächten zu öffnen. Seitdem ist Ningbo eine wichtige Außenhandelsstadt Chinas. Am 1. Juni 1979 erklärte der Staatsrat Ningbo im Rahmen der Öffnung Chinas erneut zu einer geöffneten Stadt.

Mit der Entwicklung des Hafens fand Ningbos Wirtschaft einen Weg zur Welt und die Stadt erlebte einen lebhaften Aufschwung. Der Hafen Ningbos hat eine Geschichte von mehr als 1.200 Jahren. Seit den 80er Jahren erlebte er eine rasante Entwicklung. Der Hafen besteht aus drei Hafengebieten, die am Fluss, an der Flussmündung und am Meer liegen und jeweils mehrere Liegeplätze verschiedener Größe haben.

Während Kulturdenkmäler das Schaufenster der historischen Kultur Ningbos darstellen, ändert sich das Antlitz der Stadt mit ihrer schnellen wirtschaftlichen Entwicklung. So wurde z.B. zum Andenken an Dr. Sun Yat-sen die Zhongshan-Straße in der Altstadt angelegt. An ihren beiden Enden baute man jeweils ein hohes Stadttor. Mitte der 90er Jahre wurde diese Straße in beide Richtungen verlängert. Nun ist sie die längste und belebteste Straße in Ningbo.

Die Stadt Ningbo wird von den drei Flüssen Fenghuajiang, Yongjiang und Yuyaojiang in drei Bezirke geteilt. Sanjiangkou, Mündung dreier Flüsse, ist die Altstadt bzw. das Stadtzentrum und auch das Fenster Ningbos.

(China Heute/China.org.cn, 27. Juli 2004)