Turpan

Vielleicht haben Sie von Turpan schon einmal gehört, einer schönen Ortschaft im Uigurischen Autonomen Gebiet Xinjiang in Nordwestchina. Turpan zieht mit seinen geografischen Besonderheiten und touristischen Sehenswürdigkeiten zahlreiche Besucher an. Der kleine Ort liegt in einer tiefen Senke und ist der am tiefsten gelegene Ort in ganz China. Der Aiding-See in Turpan liegt 155 Meter unter dem Meeresspiegel und ist nach dem Toten Meer in Jordanien das zweitniedrigste Gewässer der Welt. Im Sommer werden hier die höchsten Temperaturen in ganz China gemessen. Die Durchschnittstemperatur im Juni, Juli und August liegt bei über 38 Grad Celsius - daher wird Turpan auch "Brutkasten" genannt.

Der Volksmund sagt auch, in Turpan befinde sich der "Huoyanshan", der "Berg mit tobenden Flammen". In dem Roman "Pilgerfahrt nach Westen" wird dieser Berg in Turpan sehr lebendig geschildert: Der barmherzige aber zugleich auch ein bisschen feige Tang-Mönch Xuanzang soll eine Pilgerfahrt ins Paradies machen, um sich persönlich einer buddhistischen Unterweisung zu unterziehen. Da er zu ängstlich und nicht sehr selbständig ist, fleht er eine Göttin um Beistand an. Diese stellt ihm drei Begleiter zur Seite, mit denen es aber eine besondere Bewandtnis hat, für sie ist die Pilgerfahrt eine Reise der Bewährung. Denn alle drei waren zuvor im Himmel in Ungnade fallen. Der intelligente und kühne Affenkönig hatte einmal aus Zorn Chaos im Himmelspalast des Jadekaisers angerichtet und sowohl dem Jadekaiser als auch dem Drachenkönig Kopfschmerzen bereitet. Der zweite Begleiter ist ein nasch- und schwatzhafter Mönch, der auch eine Vorliebe für Frauen hat. Und der Dritte im Bunde war einmal ein himmlischer General, der es aber mit seinen Pflichten nicht so genau nahm. Im Gegensatz zu seinen drei Begleitern auf Bewährung musste der Tang- Mönch allerdings nicht laufen: Er bestritt die Pilgerreise auf einem weißen Drachenpferd.

Auf dem 108.000 Kilometer langen Weg von der damaligen Hauptstadt zum Paradies mussten die Reisenden insgesamt 81 Prüfungen bestehen, und eine der gefährlichsten war der Berg der tobenden Flammen in Turpan. Als die vier Mönche am Fuß dieses Berges ankamen, schien es keine Möglichkeit zu geben, das Hindernis auf ihrem Weg zu überwinden. Überall schlugen hohe Flammen aus dem Berg empor. Den Berg zu umgehen war nicht möglich. Die unerträgliche Hitze trieb den vier Reisenden den Schweiß aus allen Poren. Xuanzang, der Tang-Mönch, wusste keinen Rat, wie sie den Berg überwinden konnten, der in ein Schwein verwandelte Mönch wollte schon aufgeben. Nur der Affe hatte eine Idee. Er erinnerte sich nämlich, dass in der Nähe eine Hexe wohnte, die einen riesigen Palmenfächer besaß. Mit ihm könnten sie die Flammen löschen und ihre Reise fortsetzen. Also zog der Affe los, um sich den Fächer von der Hexe zu borgen.

Doch als er die Hexe um den Fächer bat, machte die allerlei Ausflüchte - sie war zu geizig, dem Affen ihren Fächer zu leihen. Der Affe war sauer und ging vor Wut an die Decke. Es entwickelt sich ein Kampf, der erst nach Tagen zu Ende ging und zwar mit einem Sieg des Affen über die Hexe. So hatte er am Ende doch "seinen" Fächer.

Mit dessen Hilfe konnten der Affe und seine drei Begleiter schließlich die Flammen löschen und ihre Pilgerfahrt nach Westen fortsetzen.

Seitdem, so will es die Legende, lodern auf dem Berg in Turpan keine Flammen mehr. Doch die Hitze ist am "Huoyanshan"- Berg und überall in der Gegend um Turpan immer noch allgegenwärtig...

Turpan ist auch landesweit bekannt als Ort, "von wo der Wind kommt": Stürme der Stärke 8 und darüber sind hier keine Seltenheit. Zudem ist Turpan einer der niederschlagsärmsten Orte Chinas. Die durchschnittliche Niederschlagsmenge pro Jahr liegt bei nur 16,6 Millimeter. Aufgrund dieser natürlichen Bedingungen ist auch die Landschaft in und um Turpan einzigartig. Das Klima in Turpan ist ideal für den Anbau von Obst, vor allem für Äpfel, Birnen, Trauben und Wassermelonen.

So heiß und trocken das Klima in Turpan einerseits auch ist, andererseits gibt es reichlich Grundwasser. Das ist auch der Grund, warum zahlreiche Früchte wie Trauben, Wassermelonen und Honigmelonen hier so gut gedeihen. Wegen der Trockenheit und der geringen Niederschläge haben die hier wachsenden Früchte einen sehr hohen Zuckergehalt. Ein weiterer köstlicher Anreiz also für eine Reise nach Turpan...

Sieben Kilometer außerhalb von Turpan liegt die Ortschaft Putaogou, was zu Deutsch Traubengraben heißt. Bereits der Name verrät, was der Besucher hier entdecken kann: Über 8 Kilometer lang erstreckt sich ein Graben, an dessen Hängen und vor allem unten am Boden unzählige Weinstöcke wachsen. Der Graben ist von einem kleinen Bach durchzogen. Ab und zu kann man zwischen dem dichten Grün sogar das Quellwasser sehen. Das dichte Dach aus Weinblättern bietet Schutz von der heißen Sonne. Zwischen den Weinstöcken, sprießen Blumen und wachsen Obstbäume. Mit den Bauernhäusern im Hintergrund ergibt sich so ein wahrlich idyllisches Bild.

Der Traubengraben ist mehr als 400 ha groß. Hier werden mehrere Dutzend Arten von Wein angebaut. Jährlich werden hier 6.000 Tonnen frische und über 300 Tonnen getrocknete Trauben produziert. Getrocknete kernlose weiße Trauben aus Turpan, auch als "Grüne Perlen aus China" bekannt, genießen auf dem internationalen Markt einen hervorragenden Ruf.

Wenn die Erntezeit kommt, kommen Touristen von überall in den Traubengraben, um die Trauben an den Weinstöcken zu probieren oder Honigmelonen mitzunehmen. Ab und zu erklingt die traditionelle Musik der Uiguren. Die Uiguren sind sehr musikalisch. Ihre temperamentvolle Musik wird oft durch das hier sehr typische Instrument mit Namen Re Wa Pu begleitet.

Vom Stadtzentrum Turpans aus erreicht man nach einer 15-minütigen Autofahrt die Sugongta-Moschee am Rande der Stadt. Bereits aus der Ferne erstrahlt das ockerfarbene Minarett im Sonnenlicht. Dabei erinnert das Minarett in seiner Form an eine Pagode, es ist also bei weitem nicht so schlank, wie bei anderen Moscheen, sondern eher kegelförmig.

Dieser über 220 Jahre alte einzigartige Turm ist der größte und am besten erhaltene dieser Art in Xinjiang. Historischen Urkunden zufolge wurde die Moschee mitsamt ihrem kegelförmigen Minarett von der Regierung der Qing-Dynastie in Auftrag gegeben. Das Ensemble wurde zu Ehren des uigurischen Führers in Turpan, E`min, erbaut. Er hatte sich um die Wahrung der Einheit Chinas verdient gemacht. Deshalb wird das Sugongta-Minarett auch E`min- Turm genannt.

Das Bauwerk aus Backstein ist 37 m hoch und hat am Sockel einen Durchmesser von 10 Metern. An der Fassade sind Dutzende traditionelle Muster der Uiguren abgebildet. Ausgestattet ist der Turm ferner mit 14 Fenstern, die in unterschiedlicher Höhe angeordnet sind und in verschiedene Richtungen blicken lassen. Noch bemerkenswerter ist der Innenausbau, bei dem kein einziges Stück Holz verwendet wurde. Die Wendeltreppe mit ihren 72 Stufen wurde ebenfalls aus Backsteinen erbaut und dient gleichzeitig als Stützsäule. Das Erstaunlichste aber ist das Fundament.

Beton oder Stahl waren vor mehr als 200 Jahren noch unbekannt. So wurde ein Gemisch verwendet, das zu 80% aus Erde und zu 20% aus einer Mischung aus Eiern, Honig und Klebereis bestand. In mehr als 200 Jahren hat der Bau Wind- und Regenstürmen standgehalten und ist bis heute unversehrt.

Von der Spitze des Minaretts hat man einen schönen Ausblick über die Stadt Turpan.

(China.org.cn, 27. September 2004)