Die Grenzstadt Fenghuang

Im Westen der zentralchinesischen Provinz Hunan liegt die verschlafene Stadt Fenghuang. Fenghuang bedeutet auf Deutsch Phönix. Erst vor rund 60 Jahren wurde die ruhige Ortschaft bekannt - durch die Erzählung "Grenzstadt". Die Erzählung schrieb der Schriftsteller Shen Congwen. Shen ist in der isolierten Stadt geboren und aufgewachsen.

An einem Herbsttag folgen wir den Spuren des Schriftstellers und besuchen die verträumte Stadt Fenghuang.

Die Stadt hat eine breite und hohe Stadtmauer, die 400 Jahre alt ist. Den Namen erhielt die Ortschaft, weil ein Gebirge südwestlich der Stadt wie ein fliegender Phönix aussieht. Die meisten der 300.000 Bürger sind von der Tujia- oder Miao-Nationalität.

Wir gehen durch das nördliche Stadttor in die Stadt hinein. Enge und verwinkelte Gassen führen in jede Winkel der Stadt. Die alte Stadtmauer, der Glockenturm, die jahrhundertealte Anlegestelle und die Klöster sind gut erhalten.

Die Pfade und Gassen in der Stadt sind überwiegend mit roten Steinplatten gepflastert. Die Häuser aus Holz stehen eng nebeneinander in den Gassen. Sie sind nicht groß. Fast jedes Haus trägt ein schwarzes Ziegeldach.

Fenghuang ist, wie gesagt, die Heimat von Shen Congwen, einem der gefeiertsten Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. Er wohnte in einem alten Haus in einer ruhigen Gasse. Über das Haus erzählte uns unsere Reisebegleiterin Frau Peng Li:

"Dieses Haus ist ein typisches Wohnhaus in Fenghuang. Das Haus ließ der Großvater von Sheng Congwen vor über 100 Jahren erbauen. Die Residenz besteht aus mehreren Zimmern. Die Ziegel der Dächer sind alle aus Schlamm gebrannt und die Wände sind ausschließlich aus Holz. Da das Wetter in Fenghuang eher feucht ist, besteht die Grundlage des Hauses aus Stein."

Shen Congwen wurde 1902 in diesem Haus geboren und verbrachte seine Kindheit dort. Er verließ das Haus mit 15. Danach wechselte das Gebäude mehrmals die Besitzer. 1988 erwarb die Lokalregierung das Haus, veranlasste die nötigen Renovierungen und öffnete es für die Öffentlichkeit als ehemaligen Wohnsitz Shen Congwens. Das Haus ist von bescheidener Größe, und der kleine Hof ist von acht Räumen umgeben, in denen Shen Congwens Bilder, Manuskripte und Werkausgaben ausgestellt sind.

Unweit des Hauses von Shen Congwen fließt der Tuojiang-Fluss.
Sehenswert sind die Pfahlhäuser an beiden Ufern des Flusses. Das Pfahlhaus ist die typische Wohnung der Tujia- und Miao-Nationalität.

Auf einer Bootsfahrt gewinnt man einen perfekten Blick von der Flusslandschaft

Wir fahren in einem kleinen Boot durch einen Brückebogen. Unser Reisebegleiterin sagt uns, die Brücke heißt Hongqiao - also Brücke des Regenbogens. Die Brücke hat eine 600 Jahre alte Geschichte. Auf der Brücke wachsen viele Moospflanzen. Wir gehen an Land und biegen in eine Seitengasse ein. Dort bietet man in kleinen Läden lokale Handwerkskunst an. Sie können dort Schmucksachen, zum Beispiel Armreife oder Ohrringe, oder die lokalen Spezialitäten wie Ingwer und Pilze kaufen. Außerdem sind die Stickereien und Batiken der einheimischen Miaos ideale Reisesouvenirs. An einem kleinen Stand treffen wir Herrn Li Dong. Der Tourist aus Nordostchina möchte einige Geschenke kaufen. Er erzählt uns von seinen Eindrücken:

"Die Architektur hat mich sehr beeindruckt. Die Menschen hier führen ein ruhiges Leben. Sie sind nett und freundlich. Die Ruhe und die Beschaulichkeit hier kann man in einer Großstadt nie und nimmer genießen. Ich glaube, die Menschen hier leben sehr harmonisch mit der Natur. Die nationalen Minderheiten hier haben ihre Kulturen und Gebräuche sehr gut erhalten."

Etwa 8 Kilometer südlich der Stadt Phönix erstreckt sich eine 190 Kilometer lange Schutzmauer. In China ist sie als die Südchinesische Große Mauer bekannt. Unsere Reisebegleiterin Frau Hu Junlan erzählt uns, der Herrscher vor rund 400 Jahren ließ die Schutzmauer bauen, um die ethnische Gruppe Miao von den Han-Chinesen zu trennen. Hu Junlan:

"Die Schutzmauer hier läuft von Süd nach Nord. Sie ist 190 Kilometer lang. Die Mauer ist aus soliden großen Steinplatten gebaut. Im Durchschnitt ist die Mauer 3 Meter hoch, an manchen Stellen jedoch noch höher. Die Konstruktion der Mauer unterscheidet sich nicht von der der Großen Mauer in Nordchina. Es gibt Kasernen, Wachtürme und Pässe."

Vor Jahrhunderten verhinderte die Schutzmauer den Kontakt zwischen der ethnischen Gruppe und den Han-Chinesen. Und Heute liefert sie den Wissenschaftlern Informationen über die Kulturen der ethnischen Gruppen und über die Geschichte vor 400 Jahren. Sie zieht jährlich zahlreiche Touristen an.

(CRI, 4. Februar 2005)