Die Opferpferde von Zibo

Eine Reise nach Zibo kann ähnliche Eindrücke bieten, wie eine Reise nach Xi'an. Besonders wenn man die Ausgrabungsstätte mit den als Opfergabe beigesetzten Pferden besichtigt.

Zibo liegt in der ostchinesischen Provinz Shandong und war der Ort, an dem sich während der Frühling- und Herbstperiode (770-476 vor Chr.) die Hauptstadt des Qi-Staates befand. In dieser Zeit gelang es fünf feudalen Fürsten, die Kontrolle über die anderen Staaten zu gewinnen. Herzog Huan von Qi war der Anführer der fünf.

Der Unterschied zwischen den als Grabbeigaben geopferten Pferden bei Zibo und den Terrakottakriegern und -pferden in Xi'an ist, dass die Pferde in Zibo lebende Pferde waren.

Die Stätte mit den geopferten Pferden wurde in den 1960er Jahren in dem Dorf Yatou entdeckt, wo man auf der den Ort umgebenden Ebene bis heute viele Gräber von Qi-Kaisern und Aristokraten sehen kann.

Auf der nördlichen Seite des Grabes Nr. 5 wurden 145 geopferte Pferde ausgegraben. 1972 wurden auf der westlichen Seite des Grabes weitere 83 Pferde entdeckt.

Untersuchungen von Archäologen haben ergeben, dass Opferpferde auf der östlichen, westlichen und nördlichen Seite des Grabes beigesetzt wurden und dass sich daher in der Umgebung des Grabes Überreste von bis zu 600 Pferden befinden könnten. Der größte Teil von ihnen wurde aber auf Grund der schwierigen Konservierung bisher nicht ausgegraben.

Die geopferten Pferde waren Tiere im jungen bis mittleren Alter zwischen 5 und 7 Jahren. Archäologen vermuten, dass die Pferde mit viel Alkohol besinnungslos gemacht und dann mit schweren Gegenständen durch Schläge auf den Kopf getötet wurden. Letzteres geht aus den zerbrochenen Schädeln der Pferde hervor.

Die getöteten Pferde wurden in zwei Reihen angeordnet, auf die Seite gelegt und in die Position von mit angehobenem Kinn laufender Pferde gebracht. Es sieht aus, als wären die Pferde bereit, jederzeit in die Schlacht zu stürmen, sobald die Kriegstrommeln geschlagen werden.

Steht man vor den Gräbern und sieht die aufgereihten Pferdeskelette, erhält man einen Eindruck von der tumultartigen Atmosphäre der Zeit, von den schlagenden Kriegstrommeln und den Schreien der Soldaten.

In der chinesischen Geschichte war das Pferd ein landwirtschaftliches Werkzeug und ein militärisches Objekt. Die Anzahl der Streitwagen war eine der wichtigsten Kennziffern, um die Konkurrenzfähigkeit eines Landes zu bemessen. Ein Streitwagen mit einem Vierergespann wurde als eine Einheit angesehen. Ein Land mit mehr als 1000 solcher Einheiten galt als mächtiger Staat.

In den Gräben wurden rund 600 Pferde begraben, mit denen man 150 Streitwagen hätte bestücken können. Diese Anzahl entspricht der gesamten Bewaffnung eines kleinen Staates in dieser Zeit. Daher kann man aus der großen Anzahl der geopferten Pferde ableiten, dass der Staat Qi in der Frühlings- und Herbstperiode ein führender Staat mit großer wirtschaftlicher und militärischer Macht war.

Die Archäologen haben herausgefunden, dass das Grab Nr. 5 dem Herzog Jing von Qi gehört, dem 25. Kaiser der Qi. Jing hatte sein Amt 58 Jahre lang inne, die längste Herrschaft in der Geschichte der Qi.

Aus historischen Aufzeichnungen geht hervor, dass Jing in Pferde vernarrt war. Jing hatte viele Menschen an seinem Hof angestellt, um seine geliebten Pferde zu versorgen und zu trainieren.

Starb ein Lieblingspferd, wurden die Züchter des Pferdes getötet und als Opfer zusammen mit dem Pferd beerdigt. Diese Sitte war brutal, zeigt aber die Bedeutung, die Pferde in dieser Zeit hatten.

(China.org.cn, China Daily, 30. August 2005)