Bildung kann aus Teufelskreis der Armut befreien

Am 8. September, dem Welttag der Alphabetisierung, gab China bekannt, dass es im Land 85 Millionen Analphabeten gibt. Davon stammen die meisten aus den weniger entwickelten Landregionen im Westen.

Dazu erklärte Liu Xiaoyun, Wissenschaftler an der Agraruniversität Chinas, dass die gleiche Anzahl Chinesen noch immer in Armut lebt. Auch sind überwiegend die Landbevölkerung oder Wanderarbeiter betroffen.

Von offizieller Seite werden kaum Erklärungen abgegeben. Doch es ist allgemein bekannt, dass Analphabeten eher arm sind und Arme eher zur Gruppe der Analphabeten, Ungebildeten und Ungelehrten gehören. Ein Teufelskreis. Arme können sich keine Bildung leisten und die Analphabeten verdienen wiederum nicht genug, um der Armut zu entkommen.

Dieser Teufelskreis sorgt dafür, dass arme Menschen ihr ganzes Leben lang arm bleiben und diese Armut nicht selten auch an nachfolgende Generationen vererbt wird. Doch wie immer leiden die Kinder am meisten unter der vererbten Armut.

Aber welcher Ausweg bietet sich?

1986 führte China die neunjährige Schulpflicht ein. In den letzten Jahren meldete das Bildungsministerium eine 90-prozentige Anwesenheitsquote an den Schulen.

Es liegt daher nahe, dass es sich bei den 10 Prozent der Nichtschulgänger um Kinder sozial benachteiligter Gruppen handelt.

Für die ärmsten Kinder ist Armut Ursache und Resultat nicht zugänglicher Bildung. Denn arme Kinder gehen seltener in die Schule und erwerben seltener Basiswissen. Auch wenn der Schulbesuch an sich kostenlos ist, Schuluniformen, Schreibutensilien und Transportmittel sind es nicht.

Xiao Mei, eine Schülerin der oberen Mittelschule, stammt aus einer armen Familie im Kreis Yuzhong in der Provinz Gansu. Weil ihre Familie völlig auf das Einkommen aus der Landwirtschaft angewiesen ist, kann sie sich die zwei Schulausbildungen für Xiao und ihren Bruder einfach nicht mehr leisten.

Da er jedoch nicht ungerecht sein wollte, ließ er im August das Los entscheiden. Der Junge gewann.

2003 gab China insgesamt 3,28 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts (BIP) für den Bildungsbereich aus. Damit liegt China weit unter dem weltweiten Durchschnitt von 4,1 Prozent der Entwicklungsländer und erreicht gerade einmal die Hälfte der Ausgaben in den Industriestaaten.

Die Regierungen der untersten Ebene, wie beispielsweise in den Gemeinden oder Kreisen, tragen die finanzielle Hauptlast der Bildung, die größtenteils Kindern vom Land zugute kommt.

Im Gegensatz zur Zentralregierung und zu den Provinzregierungen, die ihre Einkünfte aus diversen Quellen beziehen, finanzieren sich die lokalen Behörden zum überwiegenden Teil aus Steuern und Gebühren aus der Landwirtschaft, was zu einer prekären Situation zumindest in der Landbildung führt.

Der Teufelskreis der Armut kann nur mit Bildung durchbrochen werden. Deshalb müssen die Zentralregierung und die Provinzregierungen einen noch größeren Beitrag zur Entlastung der Bildungskosten leisten und bei den 10 Prozent anfangen, die nicht zur Schule kommen.

(China.org.cn, China Daily, 30. September 2005)