Der Kreis Yixian

Am Fuße des Huangshan-Gebirges in der ostchinesischen Provinz Anhui liegt der Kreis Yixian. Reizvoll ist dieser Kreis vor allem wegen seiner mehr als 3600 alten und gut erhaltenen Wohnhäuser.

Die Wohnhäuser in Yixian haben weiße Wände und schwarze Dachziegel. Die jahrhundertealten Gebäude sind so gut erhalten, weil sich der Kreis Yixian befindet sich in einer Hügellandschaft befindet und lange Zeit nur schwer zugänglich war. Der Kreis blieb somit auch von Kriegen verschont. Heute lassen sich in China nur schwer so viele gut erhaltene alte Wohnhäuser finden wie in Yixian.

Die meisten Wohnhäuser in Yixian stammen aus der Ming- und Qing-Dynastie (1644-1911) vor gut 500 Jahren. Besonders in den Dörfern Xidi und Hongcun sind die Wohnhäuser mit viel Liebe fürs Detail dekoriert. Im Jahre 2000 wurden diese zwei Dörfer von der UNESCO auf die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen.

In dem 600 Jahre alten Dorf Xidi stehen mehr als 100 Häuser dicht
nebeneinander. Aus der Vogelperspektive sieht das ganze Dorf wie ein Schiff aus. Die Menschen in Xidi achten vor Jahrhunderten sehr genau auf die Planung der Wohnsiedlungen. Sie betrachteten ihre Wohnsiedlung als ein Teil der Natur. Deshalb durfte bei der Planung und dem Bau der Siedlungen die Natur nicht zerstört werden.

In Xidi ist der Mädchenturm sehenswert. Dieser Turm stand im Mittelpunkt eines Brauchs, der vor Jahrhunderten in dieser Gegend bestand. Wenn eine junge Frau einen Ehemann suchte, standen unter dem Turm alle Männer, die der Frau einen Heiratsantrag machen wollten. Die junge Frau warf aus ihrem Zimmer oben im Turm einen Stoffball demjenigen Mann zu, der ihr gefiel.

Weniger als 20 Kilometer von Xidi entfernt liegt das Dorf Hongcun. Und auch hier ist die ausgeklügelte Dorfplanung zu erkennen.

Das Wasser, das von den Hügeln der Umgebung in einem Bach hinunterfließt, wird in Kanäle durch das Dorf geleitet, dadurch hatte jede Haustür bereits vor mehreren Jahrhunderten einen Wasseranschluss. Die Einheimischen brauchten nicht so weit zu gehen, um Trinkwasser zu holen oder Wäsche zu waschen.

Um die Dorfbewohner vor verschmutztem Trinkwasser zu bewahren, wurde vor acht Jahrhunderten eine Regelung verfügt. Diese besagt, dass Trinkwasser jeden Tag lediglich bis 8 Uhr morgens aus dem Wassersystem geschöpft werden durfte, und Wäsche durfte in den Kanälen nur am Vormittag gewaschen werden. Diese überlieferte Regel wird noch heute streng eingehalten. Jahrhunderte sind vergangen, und das Wasser ist nicht verschmutzt.

Der vor 150 Jahren errichtete Wohnhof Chengzhitang ist ein repräsentativer Bau des Dorfes. Der erste Besitzer des Hofes war ein reicher Salzhändler. Jedes Haus des 3000 Quadratmeter großen Hofes besitzt feine Holzdekorationen. Hinter der Vorhalle steht das Hauptgebäude des Hofes, dessen Tor in der Mitte nur zu wichtigen Feierlichkeiten geöffnet werden durfte, oder wenn die Familie hohen Besuch bekam. Zu anderen Gelegenheiten musste man die beiden Seiteneingänge benutzen.

In dem riesigen Wohnhof gibt es insgesamt neun kleinere Innenhöfe. Innenhöfe sind typisch für die südchinesische Architektur. Der Innenhof ermöglicht, dass mehr Licht in die Zimmer strahlt. Zudem befanden sich in den Innenhöfen Entwässerungssysteme.

Vom 15. bis 18. Jahrhundert blühte das Geschäft der Händler aus Hongcun. Deshalb hatten sie einen wachsenden Einfluss auf die Gesellschaft. Jungen erhielten normalerweise eine kaufmännische Ausbildung, wenn sie 13 oder 14 Jahre alt wurden. Zu jener Zeit aber galt der Kaufmannsberuf als nicht so redlich. Erfolgreiche Händler versuchten, Mandarine zu schmieren, um Rückendeckung zu erhalten oder versuchten sogar selbst Beamtenposten zu erhaschen. Allmählich entstanden in der ostchinesischen Ortschaft Hongcun mehrere Handelsdynastien, die die chinesische Wirtschaft bis zur ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts prägten.

(China.org.cn, 3. November 2005)