Die Inselgruppe Zhoushan

Die Inselgruppe Zhoushan im Ostchinesischen Meer ist mit mehr als 1000 Inseln die größte Inselgruppe Chinas. Die Inselgruppe gehört zu den weltweit wichtigsten Fischfanggebieten.

Der Hafen Shenjiamen befindet sich genau in der geographischen Mitte der Inselgruppe. Ein kulinarisches Highlight für Touristen ist der Besuch der Garküchen in Shenjiamen am Abend.

Schiffe sind selbstverständlich das wichtigste Transportmittel zwischen den Inseln der Inselgruppe Zhoushan. Bereits vor mehreren Jahrhunderten bauten die Fischer große Schiffe für den Fischfang. Jiang Fulong war früher Fischer und baut heute in einer kleinen Werft Schiffe. Er erzählte, dass der Bug aller in Zhoushan gebauten Schiffe mit Augen versehen sind:

"Es ist eine lange Tradition in Zhoushan, dass man beim Schiffbau den Bug eines Schiffes mit zwei Augen versieht. Ist es ein Fangschiff, dann werden die Augen so gestaltet, dass sie nach unten schauen. Dadurch erhofft man, mehr Fische im Wasser zu finden. Wird das Schiff für Transport gebaut, dann gestaltet man die Augen so, dass sie nach vorne schauen, damit man immer auf dem richtigen Kurs bleibt."

Fast alle Schiffe in Zhoushan haben ganz vorn ein V-förmiges Etwas, das wie ausgestreckte Fühler aussieht. Der Forscher der Schiffsbaugeschichte Hu Mu erklärt uns, warum:

"In der alten Zeit war Vogel für die Menschen in der Nähe von Zhoushan das Totem, weil man glaubte, dass die Sonne jeden Tag von zwei Vögeln mit riesigen Flügeln aus ihrem unterirdischen Verstecke hinauf in den Himmel und am Abend wieder vom Himmel hinunter zur Erde getragen wird. Deshalb sahen die Menschen den Vogel als heiliges Tier an. Das V-förmige Ding, das am Bug eines jeden Schiffes angebracht ist, symbolisiert die Flügel eines Vogels. Dadurch bittet man für Sicherheit und Glück auf dem Meer."

Der dritte Tag im dritten Monat nach dem chinesischen Mondkalender ist ein wichtiger Tag für die Fischer. Die Frühjahrsfischsaison ist dann vorbei und die Fischer kehren mit prall gefüllten Fangnetzen nach Hause zurück und feiern in ihrem Heimatdorf die große Meeresernte.

Zur Feier schlagen die Fischer Trommel und Gong. Früher waren weder Gong noch Trommel Musikinstrumente für die Fischer, sondern wurden in Notfällen auf See benutzt, Ein älterer Bauer namens Wei Jianyun erzählte:

"Früher gab es auf Schiffen noch keine Sirene. Moderne Kommunikationsmittel gab es natürlich auch nicht. Die Fischer schlugen Trommel und Gongs, um Hilfe zu erbitten, wenn sie in Seenot gerieten. Wenn man auf anderen Schiffen Gong und Trommel hörte, dann wusste man, dass jemand Hilfe braucht, und man beeilte sich, zu dem Schiff zu gelangen, das Alarm schlug. Nach und nach wurden Schiffe mit modernen Sirenen ausgerüstet. Und man bringt trotzdem Trommel und Gong auf das Schiff. Heute sind sie allerdings keine Notrufsignale mehr, sondern dienen als eine Art von Unterhaltung, wenn man lange auf dem Meer ist und sich langweilt."

Am ersten Tag einer jeden Fischfangsaison findet in den Fischerdörfern eine Opferzeremonie statt, bevor die Männer aufs Meer fahren. Die Dorfbewohner bitten um den Segen des Drachenkönigs, der tief im Meer leben soll. Kehren die Fischer sicher zurück, werden dem Drachenkönig an der Küste opulente Opfergaben dargebracht, um ihm für die sichere Rückkehr zu danken.

Auch auf dem Meer werfen die Fischer vor jeder Mahlzeit einen Teil ihres Essens ins Meer, um die Seelen, der bei Schiffsuntergängen gestorbenen Fische,r zu beruhigen.

Im Museum von Zhoushan wird die Tracht der Fischer vor rund 100 Jahren ausgestellt. Was sofort auffällt, ist, dass Jacken und Hosen damals viel, viel größer und lockerer saßen als heute. Dies war damals sehr praktisch für die Arbeit der Fischer auf dem Schiff.

In Zhoushan erzählt man noch heute die Geschichte eines barmherzigen Fischers.

Eines Nachts brach in einem fürchterlichen Sturm ein Boot auseinander. Alle Insassen ertranken, nur ein Fischer namens Chen Caibo schwamm mit letzter Kraft zu einer unbewohnten Insel. Chen war der erste, der die Insel betrat. Er zündete unverzüglich ein Feuer an, das den anderen Fischern auf dem Meer bei der Orientierung und der Navigation half.

Nach seinem Tod errichtete man für ihn auf der kleinen Insel einen Tempel.

(China.org.cn, 19. Juni 2006)