Die Longyou-Grotten in Zhejiang

Es war Anfang Juni 1992. Vier Bauern der Ortschaft Longyou im Westen Zhejiangs sammelten 10.000 Yuan (955 Euro), um sich einige Pumpen leihen zu können. Sie wollten Wasser aus einem der vielen viereckigen Teiche in der Nähe ihres Dorfes abpumpen, denn in diesem Teich befanden sich viele Fische. Sie hofften, durch den Verkauf der Fische ein gutes Geschäft machen zu können. 17 Tage liefen die Pumpen Tag und Nacht, bis das Wasser aus dem Teich fast ganz abgepumpt war. Doch zu ihrer Überraschung waren auch alle Fische, die man vorher noch im Teich beobachten und sogar angeln konnte, verschwunden. Stattdessen tat sich eine Öffnung einer Grotte vor ihnen auf. In den folgenden Monaten haben Wissenschaftler in der Nähe der Ortschaft eine Gruppe unterirdischer Grotten entdeckt. Man stellte dann fest, dass es in der Umgebung 24 künstliche unterirdische Grotten mit einer gesamten Fläche von 3,8 Hektar gibt.

Bis heute ist niemand in der Lage, überzeugend darzulegen, wann, von wem und für welchen Zweck diese Grotten gebaut wurden.

Lu Min, der Direktor des Amts für Tourismus des Kreises Longyou, erzählte:

"Experten des Staatlichen Denkmalschutzamts haben 2002 durch Forschungen an den Grotten festgestellt, dass die Grotten etwa vor 2000 Jahren entstanden sind. Si wurden wahrscheinlich zu militärischen Zwecken gebaut. Ein genaueres Datum und einen präziseren Zweck konnten die Wissenschaftler anhand der wenigen Funde nicht nennen."

Forscher sagen, die Grotten seien vor mindestens 2000 Jahren entstanden, weil sie an den Wänden der Grotten Dekoration in Form von Fischschwänzen aufspürten. Ein Fischschwanz war nur vor der Han-Dynastie, also vor etwa 2000 Jahren, ein beliebtes Motiv. Danach wurden Fischschwänze fast nie mehr verwendet.

Heute sind sieben der 24 Grotten zugänglich. Die größte davon ist etwa 3000 Quadratmeter groß. Die Grotten sind im Durchschnitt 30 Meter hoch. In jeder Grotte stehen drei bis vier mit Fischschwänzen dekorierte Säulen.

Die Grotte Nummer Eins ist die kleinste der sieben zugänglich gemachten Grotten. In die Wände sind Bilder von einem Fisch, einem Pferd und einem Vogel gemeißelt.

Die Touristin Soili Vatanen aus Finnland beschrieb ihren Eindruck:

"Ich hatte nie etwas von diesen Grotten gehört. Als ich sie nun besichtigte, fiel mir auf, dass die Grotten sehr mysteriös wirken. Wie man mir erzählte, kann heute niemand sagen, wie diese Grotten entstanden sind. Ich möchte anderen Touristen empfehlen, diese Grotten unbedingt zu besuchen, wenn sie eine Reise in die Provinz Zhejiang machen."

Für die Entstehung der Grotten haben Forscher verschiedene Erklärungen parat. Manche behaupten, dass die Grotten während der Qin-Dynastie (221-202 v. Chr.) vor ungefähr 2000 Jahren geschaffen wurden. Der erste Kaiser Qin Shi Huangdi sandte seine Truppen auf eine lange Expedition in Richtung Südosten, um dort die verschiedenen Volksstämme zur Unterwerfung zu zwingen. Die Soldaten bauten in Longyou an der Kriegsfront die Grotten als Lager für ihre Rüstungen und Essensvorräte. Die Steine, die sie beim Bau der Grotten gewonnen haben, wurden für die Errichtung von Transportwegen und Festungen genutzt.

Andere Wissenschaftler versuchten, anschaulich zu machen, wie man vor 2000 Jahren mit primitiven Werkzeugen die Grotten baute. In einer wissenschaftlichen Abhandlung wird dargelegt, dass 100 Arbeiter unter den damaligen Umständen 390 Tage brauchten, um eine 1000 Quadratmeter großen Grotte zu bauen. Wieder andere Forscher interessieren sich dafür, wie dieses Mammutprojekt der Geschichte in Vergessenheit geraten konnte und mit keiner Silbe in Dokumenten erwähnt wird.

Aber es gibt noch andere Sehenswürdigkeiten im Kreis Longyou.

In Longyou sollte man einige alte Häuser besichtigen. Sie sind mehrere Jahrhunderte alt, stehen aber nicht an der Stelle, an der sie ursprünglich einmal standen. Vor einigen Jahren hat man beschlossen, die wertvollen alten Gebäude zu versetzen, damit sie besser unter Denkmalschutz gebracht werden können.

Unweit des Kreises ist auch ein großer Bambuswald einen Ausflug wert. Die Reisebegleiterin Guo Ting gab diesbezüglich einige Reisetipps:

"Im Süden unseres Kreises befindet sich ein großer Bambuswald. Besucher, die Zeit haben, können auch einen alten buddhistischen Tempel besichtigen. Der Tempel heißt Zhaoqing. Longyou liegt zweieinhalb Autostunden von der Provinzhauptstadt Hangzhou entfernt. Zwischen Longyou und Hangzhou verkehren Touristenbusse."

(China.org.cn, 28. Juli 2006)