Schüler sollen Prüfungsergebnisse privat erhalten

Chinesische Schüler waren bisher daran gewöhnt, öffentlich für ihre Prüfungsergebnisse gelobt oder gescholten zu werden. Bald werden sie ihre Erfolge oder Niederlagen privat feiern müssen.

Ab September dürfen Lehrer der Grundschulen und der unteren Mittelschulen die Prüfungsergebnisse ihrer Schüler nicht mehr vor alle ihren Klassenkameraden bekannt geben. Auch wird ihnen untersagt, die Schüler auf Grund ihrer Ergebnisse zu klassifizieren, heißt es in einer Bekanntmachung des Bildungsministeriums.

Mit der neuen Regelung soll der Druck durch Eltern und Lehrer auf die Schüler abgeschwächt werden. Chinesische Lehrer sehen die Testergebnisse in der Regel als Indikator für Talent und loben Schüler mit guten Ergebnissen während sie weniger gute Schüler im Verlauf des Jahrzehnte alten Rituals der Ausgabe der Prüfungsbögen kritisieren.

Die Bekanntmachung untersagt lokalen Bildungsbehörden die Einrichtung von "Schlüsselschulen" oder "Schlüsselklassen" in einer Schule, denen in der Regel größere finanzielle Unterstützung zu Gute kommt als anderen Schulen oder Klassen und die die besten Lehrer und Schüler erhalten.

"Öffentliche Bildungsressourcen sollten nicht auf den Aufbau oder die Unterstützung von einigen wenigen Modellschulen konzentriert werden", heißt es in der Bekanntmachung weiter. "Ressourcen sollten innerhalb einer Schule gleichmäßig verteilt werden."

Außerdem fordert das Ministerium kürzere Schulzeiten für die Schüler und die Aufhebung von Lerngruppen nach der Unterrichtszeit. "Jeder Schüler sollte in der Schule täglich mindestens eine Stunde körperliches Training erhalten."

Die neuen Maßnahmen sollen nicht für die höheren Mittelschulen gelten, an denen die Schüler ein sehr streng reguliertes Leben führen, während sie sich auf die äußerst kompetitiven Zugangsprüfungen für die Universitäten vorbereiten.

Die Bekanntmachung wurde von der Öffentlichkeit sehr positiv aufgenommen. Über die Hälfte von 1500 Kommentaren die Internetnutzer bei Sina.com hinterließen, einer der größten chinesischen Webseiten, loben die neuen Maßnahmen als ermutigend.

Sun Min, die Mutter eines achtjährigen Mädchens in Nanjing, begrüßt die neue Regelung. Sie ist der Meinung Kinder sollten nicht auf Grund ihrer Noten als "gut" oder "schlecht" bewertet werden. "Dies ist eine Art Diskriminierung."

Lou Guaiguai, eine 14 jährige Schülerin aus Beijing, sagt, sie sei froh nicht mehr den Moment ertragen zu müssen, wenn der Lehrer die Prüfungsunterlagen austeilt.

Einige Eltern befürchten allerdings ohne die Ranglisten nicht mehr zu wissen, wie ihre Kinder in der Schule abschneiden. "Ranglisten können Schüler anreizen und Eltern ein genaueres Bild der Leistungen ihrer Kinder geben", sagt Huang Mengsheng, Vater eines 13 Jahre alten Jungen in Nanjing.

Ein anonymer Kommentator schrieb, es sei für chinesische Schüler unmöglich eine glückliche Kindheit zu haben, solange die äußerst kompetitiven Zulassungsprüfungen für die Universitäten nicht angeschafft werden. "Unsere Kinder leiden unter einer examensorientierten Ausbildung", heißt es in dem Kommentar weiter.

(China.org.cn, China Daily, 30. August 2006)