Laochang-Bambuswald

Versteckt in den Bergen des Kreises Panxian in der südwestchinesischen Provinz Guizhou gibt es auf einer Fläche von 2000 Hektar einen großen Bambuswald. Die Einheimischen nennen den Wald Laochang-Bambuswald. Der weitläufige Bambushain liegt auf 1700 Meter Höhe. Der Bambus soll mindestens 300 Jahre alt sein.

Im Laochang-Bambuswald herrscht eine unbeschreibliche Ruhe. Das Klima dieser Gebirgsregion ist mild. Wenn man langsam durch den Wald streift, steigt einem der dezente Duft des Bambus in die Nase und es ist angenehm kühl.

Zwischen den Bambuspflanzen plätschern Bäche dahin, der ältere Bambus schimmert dunkelgrün, der jüngere hellgrün. Es ist so still, dass man nach einem Regen die Bambussprossen aus dem Boden schießen hören kann. Die Bäche fließen den Berghang hinab, in den Fels- und Steinspalten bahnen sie sich ihren Weg. Die Bambuswurzeln filtern das Wasser, und da die Natur hier so unberührt ist, ist das Wasser gut trinkbar und schmeckt ein bisschen süß.

Für die Einheimischen ist das süße Bachwasser im Alltag sehr wichtig. Sie nutzen es für ihren Tee, benutzen es zur Herstellung von Alkohol, kochen damit und bereiten Tofu zu. Der Tee, der Likör und die Gerichte schmecken aufgrund des süßlichen Wassers besser, der Tofu wird zarter und hat eine festere Konsistenz.

Bei einem Spaziergang durch den Bambuswald kann man gelegentlich auch eine besondere Pilzart sehen. Sie wächst meist am Fuß einer vertrocknenden Bambuspflanze. Die Pilze haben eine dunkelgrüne Kappe und einen weißen Stiel. Der Pilz ist sehr schmackhaft und zart. Die stellvertretende Kreisvorsteherin Xue Yueqiong erzählte, dass man aus dem Pilz eine sehr gute Suppe kochen kann:

"Dieser Pilz wächst auch in anderen Regionen, aber nirgendwo ist er so gut wie im Laochang-Bambuswald. Das liegt vor allem am guten Boden, am sauberen Wasser und an der klaren Luft. Die Natur ist hier kaum verschmutzt, das ist sehr gut für die Pilze. Außerdem liegt der Wald auf 1700 Metern Höhe und daher gibt es hier ausreichend Feuchtigkeit."

Im Wald leben auch viele Eichhörnchen. Sie ernähren sich von Bambuswurzeln und jungen Sprossen. Die possierlichen Tiere haben gar keine Scheu vor den Menschen. Wenn man durch den Wald spaziert, sieht man sie oft hin und her springen.

Tief im Bambuswald gibt es auch einige alte Werkstätten für Papier. Bambus ist das Rohmaterial für Büttenpapier mit fransigem Rand. Die Herstellung erfolgt nach einer seit Generationen überlieferten Technik. Das auf diese Art produzierte Papier wird bei Opferzeremonien verwendet und sogar nach Südostasien verkauft. Heute hat die Produktion von Büttenpapier im Vergleich zu früher stark abgenommen. Aber man bewahrt die traditionelle Technik und die alten Werkzeuge. Dong Huaming ist ein älterer Arbeiter in einer Papierwerkstatt. Er erzählte von der langen Geschichte der Papierherstellung:

"Seit vielen Generationen ist man hier mit der Herstellung von Papier beschäftigt. Man soll hier schon seit über 300 Jahren Papier machen. Ich habe hier mit 17 oder 18 Jahren zu arbeiten angefangen. Heute bin ich 70 Jahre alt und liebe es noch immer."

Fang Ping, eine Mitarbeiterin der Papierwerkstatt, beschreibt, dass man zur Papierherstellung jungen Bambus auswählt:

"Für die Papierherstellung sind mehrere Schritte notwendig. Erst nach 72 Schritten ist ein Blatt Papier fertig. Der ganze Prozess dauert mehr als zwei Monate."

Was die Arbeiterin Fang geschildert hat, nennt man in China die Cai-Lun-Technik. Vor etwa 1900 Jahren hat ein Mann namens Cai Lun die Herstellung von Papier erfunden. Seitdem wird in großen Teilen Chinas diese Technik von Generation zu Generation überliefert. In manchen Orten, wie in der Gebirgsregion in Südwestchina, arbeitet man immer noch nach dieser Technik. Näheres darüber erzählte Tan Bo, der in der Nähe des Bambuswaldes aufgewachsen ist:

"In einem großen Teich wird zuerst junger Bambus zerstampft. Dann vermischt man den Bambusbrei mit Kalkwasser. Das Kalkwasser ist basisch und weicht die Bambusfasern auf. Das dauert ein bis zwei Monate. Danach wird der Bambusbrei gekocht und die Fasern werden anschließend mit klarem Wasser gespült. Dann zerstampft man die Fasern wieder, diesmal bis sie sehr dünn sind. Auf diese Weise bekommt man den Papierbrei. Mit einem großen Sieb fischt man Schichten des Papierbreis ab. Dadurch hat man auf dem Sieb quasi ein Blatt nasses Papier vor sich liegen. Bevor das Papier endlich fertig ist, muss man das nasse Papier noch an eine erhitzte Wand kleben. Das Papier wird durch die hohen Temperaturen der Wand langsam trocken."

Das Papier, das auf diese Weise hergestellt wurde, hat einen dezenten Bambus-Duft. Die Blätter selbst sind weiß und zäh. Besucher können sich unter Anleitung der erfahrenen Arbeiter im Bambuswald sogar am Produktionsprozess beteiligen.

Reisetipp:

Die Reise zum Bambushain ist ein bisschen kompliziert. Zunächst muss man nach Guiyang, der Provinzhauptstadt von Guizhou fahren. Von Guiyang fährt man mit dem Zug in die Gemeinde Hongguo, die zum Kreis Panxian gehört. Dann nimmt man den Bus Richtung Chengguan. Der Bambuswald liegt 70 Kilometer von der Gemeinde Chengguan entfernt. Man kann mit dem Bus zum Bambuswald fahren. In der Nähe des Bambuswaldes kann man bei Bauernfamilien Unterkunft finden. Die Übernachtung ist sehr preisgünstig. Die lokalen Spezialitäten der Gegend sind Tofu und Schweineknöchel.

(China.org.cn, 31. August 2006)