Die 5. Plenartagung des 9. Nationalen Volkskongresses eröffnet
Am 5. März Vormittag wurde in Beijing in der Großen Halle des Volkes am Tiananmen-Platz im Zentrum der Stadt die 5. Plenartagung des 9. Nationalen Volkskongresses eröffnet.

Der Vorsitzende des Ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses, Li Peng, leitete die Eröffnungssitzung, an der neben den mehr als 2.800 Delegierten aus allen Landesteilen auch die führenden Politiker Jiang Zemin, Zhu Rongji, Li Ruihuan, Hu Jintao, Wei Jianxing und Li Lanqing teilnahmen.

Gäste beim Auftakt der Beratungen waren auch die Mitglieder der zeitgleich in Beijing tagenden Politischen Konsultativkonferenz sowie ausländische Diplomaten.

Die diesjährige Konferenz ist die letzte Plenartagung des Nationalen Volkskongresses in der neunten Legislaturperiode. Im Mittelpunkt der Tagesordnung der insgesamt zweiwöchigen Beratungen stehen die Diskussion und Verabschiedung des Rechenschaftsberichtes der Regierung, des staatlichen Entwicklungsplanes sowie des Haushaltsberichtes und des neuen Etats.

Außerdem legen der Ständige Ausschuß des Nationalen Volkskongresses, das Oberste Gericht und die Generalstaatsanwaltschaft ihre Rechenschaftsberichte zur Diskussion und Verabschiedung vor.

Am selben Tag erstattete Ministerpräsident Zhu Rongji den Rechenschaftsbericht der Regierung.

Zhu Rongji sagte in seinem Bericht, in diesem Jahr werde China die inländische Nachfrage weiter ankurbeln, die Reform vertiefen, die Öffnungspolitik ausbauen, die Lebensbedingungen der Bevölkerung verbessern und ein stetiges schnelles Wirtschaftswachstum und den allseitigen gesellschaftlichen Fortschritt fördern.

Im ersten Fünftel seines Rechenschaftsberichts schaute Zhu Rongji zunächst zurück auf die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung Chinas im vergangenen Jahr. So sei das Bruttoinlandsprodukt um 7,3% gegenüber dem vorangegangenen Jahr gestiegen.

Die Im- und Exporte hätten die Grenze von 500 Mrd. US-Dollar überschritten und die staatlichen Devisenreserven zum Jahreswechsel über 210 Mrd. US-Dollar erreicht.

Das Leben der Bevölkerung sowohl in den Städten, als auch auf dem Lande habe sich weiter verbessert.

Der WTO-Beitritt markiere eine neue Phase der Außenöffnung in China.

Ausführlich ging Zhu Rongji dann auf die Maßnahmen der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung in diesem Jahr ein und nannte dazu acht Punkte:

Erstens gelte es, die inländische Nachfrage anzukurbeln und ein relativ schnelles Wirtschaftswachstum zu fördern.

Zweitens müßten die Entwicklung der Landwirtschaft und der sonstigen ländlichen Wirtschaft beschleunigt und die Einkommen der Bauern so gut wie möglich erhöht werden.

Drittens müßten die wirtschaftliche Umstrukturierung und die Reform des Wirtschaftssystems tatkräftig voran gebracht werden.

Viertens gelte es, sich der neuen Situation nach dem Beitritt zur WTO anzupassen und die Öffnung nach außen auf allen Gebieten zu verstärken.

Fünftens müsse die inländische Marktordnung weiter tatkräftig reguliert und standardisiert werden.

Sechstens komme es darauf an, die Strategien für den Aufschwung des Landes durch Wissenschaft und Bildung und für die nachhaltige Entwicklung umzusetzen sowie die Entwicklung der sozialistischen Kultur und Ethik zu verstärken.

Siebtens gelte es, die Arbeitsgebiete der Regierung und ihren Arbeitsstil weiter umzuwandeln.

Achtens komme es auch auf eine noch bessere Arbeit im Bereich Außenpolitik und Diplomatie an.

Zu diesen acht Punkten gab Zhu Rongji dann weitere Erläuterungen. In erster Linie gehe es im laufenden Jahr um die Beibehaltung eines relativ schnellen Wachstums der chinesischen Volkswirtschaft:

„Das rasche Wachstum der Volkswirtschaft bildet die Grundlage für die Beschäftigung, die Verbesserung des Lebensniveaus der Bevölkerung und für die Aufrechterhaltung der sozialen Stabilität. In der gegenwärtigen schwierigen internationalen Wirtschaftslage liegt der grundlegende Kurs in Richtung Wirtschaftszuwachs darin, die Inlandsnachfrage auszubauen und sowohl den Konsum, als auch die Investitionen beträchtlich zu stimulieren. Zudem müssen die pro-aktive Finanzpolitik und die sichere und besonnene Geldpolitik konsequent fortgesetzt werden.“

Zur Stimulation des Wirtschaftswachstums durch Investition stellte Ministerpräsident Zhu fest, die Vergabe Staatsobligationen müsse in unverändertem Umfang fortgesetzt werden.

In diesem Jahr sei die Emission von Staatsobligationen im Umfang von weiteren 150 Milliarden Yuan geplant, was fast dem Wert der vergangenen beiden Jahre entspreche. Zugleich stelle dieses Volumen kein Risiko für Wirtschaft und Finanzen Chinas dar, so der Ministerpräsident.

In seinem Bericht ging Zhu Rongji auch ausführlich auf das Erfordernis ein, den Lebensstandard und die Arbeitsbedingungen der Bevölkerung zu verbessern.

Dabei machte er deutlich, daß die Entwicklung der Landwirtschaft und Erhöhung der bäuerlichen Einkommen absolute Priorität haben müßten.

Wachsende Einkommen der Bauern und eine Verringerung ihrer Belastungen seien der Maßstab, an dem die Landwirtschaft und die Entwicklung auf dem Lande überhaupt gemessen werden müßten, so Zhu Rongji.

Der Ministerpräsident forderte ferner dazu auf, das System für die soziale Absicherung in den Städten und Gemeinden zu vervollkommnen. Die dringlichste gegenwärtige Aufgabe sei, die grundlegenden Sozialhilfegelder an entlassene Arbeiter und Angestellte der staatseigenen Betriebe und die Grundrenten der Pensionäre rechtzeitig und in ausreichender Höhe bereit zu stellen.

Zugleich müsse das System der Arbeitslosenversicherung vervollständigt werden, um auch die Reform der grundlegenden Krankenversicherung der Belegschaft in den Städten und Gemeinden fortsetzen zu können.

Ministerpräsident Zhu kündigte zudem angemessene Erhöhungen der Grundgehälter von Beschäftigten an. Eine wachsende Effizienz der Betriebe müsse sich auch in den Einkommen der Belegschaft niederschlagen. Die Administrationen würden sich darum bemühen, die Möglichkeiten zur Beschäftigung auszubauen und zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen. Ferner würden die Einwohner angespornt, mehr für Wohnung, Tourismus, Fahrzeuge, Informatik, Kulturveranstaltungen, Sport und Dienstleistungen auszugeben, um neue Konsumsphären zu entwickeln.

Im weiteren Verlauf seines Rechenschaftsberichtes ging Zhu Rongji ausführlich auf die Auswirkungen der WTO-Mitgliedschaft ein.

2002 sei das erste Jahr nach dem Beitritt Chinas zur WTO.

Die mit der WTO-Mitgliedschaft verbundenen Verpflichtungen werde China konsequent erfüllen, bekräftigte der Ministerpräsident:

„Wir müssen auf der Grundlage der Prinzipien der rechtlichen Einheit, der Nichtdiskriminierung und der Transparenz wirtschaftliche Gesetze und Vorschriften erarbeiten und umsetzen, die sowohl den Standards der WTO, als auch den chinesischen Gegebenheiten gerecht werden, um die Pflicht zur Öffnung weiterer Bereiche nach außen schrittweise erfüllen zu können.“

Zhu Rongji fügte in seinem Bericht hinzu, landesweit seien die Sichtung und Überprüfung der entsprechenden Gesetze und Vorschriften im wesentlich abgeschlossen. Eine Anzahl von Gesetzen und Vorschriften seien abgeschafft, revidiert bzw. komplett neu ausgearbeitet worden. Mit Wirkung vom ersten Januar seien die Zölle für insgesamt rund 5.300 Waren und Warengruppen von bislang 15,3 auf nun mehr 12 Prozent gesenkt worden.

Zum auswärtigen Kapitaltransfer nach China erläuterte Ministerpräsident Zhu, daß künftig verstärkte Investitionen aus aller Welt für die Modernisierung der Landwirtschaft, die High-Tech-Industrie, den Auf- und Ausbau der Infrastruktur, die Erschließung Westchinas und für die Beteiligung an der Umgestaltung und Umstrukturierung der staatseigenen Betriebe benötigt würden.

Ministerpräsident Zhu kündigte in seinem Bericht außerdem an, die inländische Marktwirtschaftsordnung werde weiter standardisiert, um der wirtschaftlichen Entwicklung eine gute Atmosphäre zu schaffen. Außerdem werde man in China verstärkt und strenger gegen gesetzwidrige Handlungen wie die Produktion und den Verkauf von gefälschten und minderwertigen Waren und die ordnungswidrige Geschäftsführung in allen Finanzbranchen vorgehen. Gezielt bekämpft würden zudem der regionale Protektionismus und das Branchenmonopol.

Zur Arbeit der Regierung betonte Zhu, diese müsse künftig viel stärker auf die soziale Verwaltung und auf öffentlichen Service orientiert sein und in dieser Richtung verändert werden.

Die Regierungen aller Ebenen müssten Redlichkeit und Rechtschaffenheit verstärken. Sie sollten sich selbstbewußt den Kontrollen durch die Volkskongresse sowie seinen Ständigen Ausschuß auf nationaler Ebene stellen.

Zudem müßten die Behörden aufmerksam auf die Stimme der Öffentlichkeit hören, für das Wohl der Bürgerinnen und Bürger sorgen und auf deren Wünsche, Kritiken und Forderungen reagieren.

Ein weiterer Schwerpunkt sei der Bereich Erziehung und Ausbildung, auch er müsse vorrangig entwickelt werden, so Zhu Rongji. Auch der Schutz der Umwelt sowie die Vorbeugung und Regulierung der Verschmutzung müssten verstärkt werden. Außerdem sollten die Erziehung zum Patriotismus und die Moral der Bürger beachtet und der internationale Kulturaustausch auch fortgesetzt werden.

Zur Wiedervereinigung Chinas bekräftigte Ministerpräsident Zhu, es gebe weltweit nur ein China. Das Festland und Taiwan gehörten zu ein und demselben China. Die Souveränität und territoriale Integrität Chinas sei nicht teilbar. Er sagte:

„Wir halten an dem Kurs fest, auf der Basis des ‚Ein-China’- Prinzips, Dialog und Verhandlungen zwischen beiden Seiten der Taiwan-Straße wiederaufzunehmen. Der wirtschaftliche und kulturelle Austausch beider Seiten müssen weiterhin verstärkt werden. Außerdem sollen die direkten Verkehrs-, Post- und Handelskontakte so bald wie möglich realisiert werden, um die Entwicklung der Beziehungen zwischen beiden Seiten zu fördern. Wir wollen wie immer mit allen Taiwaner Parteien und Persönlichkeiten aus allen Kreisen, die konsequent zum ‚Ein-China’-Prinzip stehen und die Entwicklung der Beziehungen zwischen beiden Seiten der Taiwan-Straße unterstützen, die Kontakte und den Dialog verstärken.“

Zhu zeigte sich überzeugt davon, daß die Wiedervereinigung Chinas realisiert werden kann.

Zum Schluß des Rechenschaftsberichts der Regierung sprach Ministerpräsident Zhu Rongji über die Aufgaben der chinesischen Diplomatie in diesem Jahr. Die unabhängige und selbstständige Friedensaußenpolitik werde fortgesetzt, auf der Basis der fünf Prinzipien der friedlichen Koexistenz werde China die Beziehungen zu allen Ländern der Welt verstärken und entwickeln, sagte Zhu Rongji.

 

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