Neues Epos über den Langen Marsch

"Sagt meiner Familie, dass ich tot bin." Mit diesem Satz beginnt ein episch angelegtes Gedicht von Professor He Hui, in Erinnerung an die Opfer und Überlebenden des Langen Marsches. Der Lange Marsch war ein militärisches Manöver, das die Arbeiter- und Bauernklasse ermutigte unter der Führung der Kommunisten weitere 15 Jahre, bis zur Gründung der Volksrepublik China, zu kämpfen.

"Die Geschichten der Härten und des Leidens während des Langen Marsches scheinen vielleicht unglaublich, aber sie sind wahr. Wenn man heute auf die historischen Ereignisse zurückblickt, ist es für uns nahezu unmöglich, uns vorzustellen, was sie mit gemacht haben", sagte He, der an seinem 200.000 Schriftzeichen langen Werk sechs Jahre gearbeitet hat. Das Gedicht heißt "Epos des Langen Marsches" und ist in Buchform fast 5 Zentimeter dick.

Es war eine Zeit der Verzweiflung als 1934 der Lange Marsch in Südchina begann. Das Land befand sich im Bürgerkrieg. Unruhen und Gesetzlosigkeit beherrschten China bereits seit über einem Jahrzehnt. Die armen Bauern und Arbeiter wurden zu dieser Zeit nicht anders behandelt, als die europäischen Leibeigenen im Mittelalter. Sie hatten nur wenig Hoffnung, wenig zu essen und keine Zukunft.

Inspiriert durch das Ideal der Gleichheit für alle und die Beseitigung des rigiden alten Klassensystems sowie der korrupten Regierung vereinigten sich zehntausende Bauern unter kommunistischen Führern wie Mao Zedong.

Am Anfang des Kampfes war die Rote Armee der besser bewaffneten und moderneren Armee der herrschenden Kuomintang unterlegen. Schlecht ausgerüstet und schlecht ernährt, aber mit nur wenig zu verlieren, gruppierte sich die 80.000 Mann starke erste Division der Roten Armee nach einer Reihe verlorener Schlachten neu und begann im Oktober 1934 ihren über ein Jahr dauernden Marsch nach Norden.

Er sei vom Langen Marsch fasziniert gewesen, seit ihm seine Eltern Bücher zu dem Thema geschenkt haben, als er noch ein kleiner Junge war, sagte He. Nun, im Alter von 34 Jahren und als Professor an der chinesischen Universität für Kommunikatikon, habe er der über Jahre aufgestauten Empathie für die Helden des Langen Marsches, die barfuss über schneebedeckte Berge marschierten und Ledergürtel zu ihrer Ernährung kochten, freien Lauf gelassen.

Er vergleicht sein Werk mit Homers "Ilias" und sagt, es sei von Edgar Snows berühmten, aber im Westen kontroversen Buch "Roter Stern über China" beeinflusst worden.

"Die Form des Epos ist die beste Literaturform, um die Geschichte des Langen Marsches zu erzählen. Er war in gewisser Hinsicht eine Tragödie für das Land. Eine Tragödie, die die Nation auf die Auferstehung durch Aufopferung vorbereitete", sagte He.

Entlang ihrer Route, die durch das Herz des chinesischen Binnenlandes verlief, verlor die Erste Division nicht nur tausende Soldaten an die Kräfte der Natur, sondern schlug auch harte und brutale Schlachten gegen die Kuomintang. Allein bei der Schlacht am Xiangjiang-Fluss starben mehr als 30.000 Mitglieder der Ersten Division.

Trotz ihrer geringen Überlebenschancen gelang es der Armee in den Dörfern und Städten durch die sie kam, neue Rekruten zu gewinnen, ein Zeugnis der schlimmen Lebensbedingungen auf dem Lande. Die jungen Männer und Frauen, die ihre Familien und Bauernhöfe verlassen hatten, verstärkten die Entschlossenheit der Führung, was im Gegenzug den Mut der einfachen Soldaten erhöhte.

Die Kriegsgeschichten von den traurigen, aber auch heroischen Taten der Generäle und der Bauern werden in dem Epos von He detailliert geschildert. "Wenn ich die persönlichen Geschichten des Langen Marsches vorlese, ist mein Herz immer noch mit Emotion gefüllt, und ich bin oft zu Tränen gerührt", erzählte He.

He verwendete mehr als 40 Bücher und persönliche Tagebücher als Referenzmaterial. Er räumt ein, dass einige der Geschichten sich im Laufe der Jahrzehnte in Legenden und Folklore verwandelt haben. Die Geschehnisse, Aufopferung und den Heroismus habe es aber gegeben.

"Einige Ausländer zweifeln am Langen Marsch, aber wenn sie mehr lesen würden, dann würden sie verstehen, dass es sich um eine wahre Geschichte handelt."

Als sie nach 12.000 Kilometern ihr Ziel in der Provinz Shaanxi in Nordwestchina erreichten, waren aus den Bauern harte und schlachterprobte Soldaten geworden. Die Erste Division erreichte Shaanxi mit nur 7000 Überlebenden.

Die Nachricht vom Erfolg der Ersten Division ermutigte die Soldaten der Zweiten und der Vierten Division der Roten Armee. Die Soldaten dieser Divisionen erlebten auf ihrem Weg in den Norden ähnliche Traumata und Tragödien.

Letztendlich zahlte sich das Manöver aus und die vereinten Divisionen der Roten Armee bildeten eine mächtige Streitmacht. Durch diese neue Macht gestärkt, konnten die Führer der Kommunisten 1936 einen Waffenstillstand mit der Kuomintang schließen. Dadurch wurde die Rote Armee in die Lage versetzt, gegen die Japaner zu kämpfen, und sie in China zu besiegen. Die Japaner waren aus dem Norden in China eingefallen, wo sie Akte unaussprechlicher Brutalität gegen die Zivilbevölkerung begingen.

Der Lange Marsch gilt bis heute als grundlegender Bestandteil der modernen chinesischen Geschichte. Bis heute wird er in den Schulen gelehrt, um die Menschen zu inspirieren, und über ihre Herkunft zu informieren.

"Der Lange Marsch war ein großes Ereignis, das bis in die Gegenwart einen wichtigen Einfluss auf das Land ausübt. Er ist es Wert, dass man sich an ihn erinnert", sagte He, der das Epos aus eigener Initiative und in seiner Freizeit verfasste.

Nach 16.820 Zeilen lässt der Autor durchblicken, dass er der Ansicht ist, alle Soldaten dieser Welt, die für eine gemeinsame Sache gekämpft haben, würden Ruhm und Ehre verdienen. In der letzten Zeile seines Werkes heißt es: "Der Geist des Humanismus wird niemals verlöschen, da er ein Licht ausstrahlt, das so hell wie die Sonne und der Mond ist."

(China.org.cn, Xinhua, 5. September 2006)