Was nicht im Reiseführer für Beijing steht

In Beijing gibt es eine Unzahl von Sehenswürdigkeiten, Parks, Museen, Tempel. Es ist müßig, alle aufzuzählen. Täglich drängen sich Reisegruppen und Besucher durch Anlagen und Ausstellungen. Der Tian'anmen-Platz ist voller Menschen. Die Verbotene Stadt gleicht einem Ameisenhaufen, in den man versehentlich gestochen hat. Reiseleiter führen ihre Gruppen durch die Einkaufstempel in der Fußgängerzone. Unzählige Souvenirläden locken mit Sonderangeboten zum Kauf. Die Große Mauer ist oftmals überfüllt, besonders in Badaling. In der "Goldenen Woche", im Mai, musste sie sogar zeitweise wegen Überfüllung geschlossen werden. Manchmal wird die Besichtigung der berühmten Sehenswürdigkeiten zur Qual. Aber da gibt es in Beijing noch etwas anderes: Das größte Freilichtmuseum in China.

Der ethnologische Park im Norden der Stadt. Der vierte Ring, die Beisihuan Zhonglu, teilt den Park in einen nördlichen und einen südlichen Teil. Für mich ist es äußerst erstaunlich, dass diese Oase in keinem Reiseführer wird empfohlen. Ich möchte es tun. An den Kassen braucht man nicht anzustehen. Erst noch lautes Hupen, Lärm, Autos, Fahrräder, Menschen, dann ein riesiger künstlicher Urbaum –das ist der Eingang. Und nun das Wunder: Ruhe, beschauliche Stille. Nichts vom Großstadtlärm.

Hier kann man ganz China erleben, denn es ist der Park der nationalen Minderheiten. Liebevoll, mit dem ganzen Herzen, präsentieren die einzelnen Nationalitäten ihre Besonderheiten, ihr Brauchtum. Kleine Dörfer sind entstanden. Die Architektur ist vielfältig. Auch typische Getränke und Leckerbissen kann man kaufen, ebenso Souvenirs.

Bei der tibetischen Nationalität kann man Buttertee trinken. Geschmacks- und Gewohnheitssache. In einer Jurte gibt es gegorene Stutenmilch und Käse. So stellt sich die mongolische Nationalität vor.

Überall, wo man hinkommt, freundliche Menschen in den Trachten ihrer Nationalität. Es ist eine Augenweide, das zu sehen. Es gibt erstaunlich wenige Besucher, man kann also genießen. Ich bin keiner Reisegruppe begegnet.

Die Landschaften sind der Heimat der jeweiligen Nationalitäten nachempfunden: Wasser, Berge, viel Grün, Grasland. Auf einem Berg stehend, kann man in der Ferne, in nördlicher Richtung, das zukünftige Olympische Zentrum sehen.

Auf einem Platz kann m
an tanzende und singende Mädchen der Bai-Nationalität sehen. Stolz präsentieren sie mit Liedern und Tänzen ihre Heimat. Hübsche junge Mädchen bringen Tee. Ein besonderes Ritual. Drei verschiedene Teesorten werden angeboten: ein süßer, ein bitterer und den dritten Tee muss man kauen, bevor man ihn hinunterschluckt. Ein äußerst nachhaltiger, sehr guter Geschmack. So, wie die Bai, bieten viele nationale Minderheiten ihre kulturellen Besonderheiten an.

Zum Schluss noch eine Erläuterung: Einmal wird von Nationalitäten, ein anderes Mal von Minderheiten gesprochen. Warum? Die Antwort gibt der Park selbst. In China leben 56 Nationalitäten. Davon ist die ethnische Gruppe der Han mit 92 Prozent die größte. Die anderen Nationalitäten sind zahlenmäßig relativ klein und man spricht von nationalen Minderheiten. Diese kann man in diesem Nationalitäten-Park erleben.

Der Besuch ist ein besonders schönes Erlebnis. Überzeugen Sie sich selbst!

(China.org.cn, China Heute, 17. Oktober 2006)