Gärten in Tibet

Garten heißt auf Tibetisch "Lingka". In Städten wie Lhasa und Xigazê und ihren Vororten gibt es Landschaftsgebiete mit üppigen Wiesen, prächtig blühenden Blumen und hohen Bäumen. Solche Gebiete werden meist als "Lingka" bezeichnet. Im Sommer und Herbst schlägt man dort Zelte zum Picknick auf. Es wird gesungen und getanzt. Unter den Gärten und Parkanlagen Tibets ist der Norbulingka in Lhasa der bekannteste. Er wird als Meisterwerk der Gartenbaukunst der chinesischen nationalen Minderheiten angesehen.

Norbulingka

Norbulingka liegt in der westlichen Vorstadt von Lhasa und bedeutet auf Tibetisch "Schatzgarten". Der Park umfasst eine Fläche von 360 Hektar. Er wurde in der Mitte des 18. Jahrhunderts angelegt. Durch oftmalige Erweiterungen hat er den heutigen Umfang erreicht. Der Park ist heute für alle Besucher offen.

Tibetischen Geschichtsbüchern zufolge lag hier einst eine Quelle, die Augenbeschwerden heilte. Der körperlich schwache siebte Dalai Lama, Kalsang Gyatso, machte in jedem Sommer hier eine Kur. Der Minister für tibetische Angelegenheiten stellte daraufhin beim Kaiserhof der Qing-Dynastie einen Antrag auf den Bau einer Erholungsstätte für den Dalai Lama. Dieser Antrag wurde vom Kaiserhof genehmigt. So entstand in Norbulingka das erste Bauwerk, der Palast der Kühlen Luft. Seither gingen Dalai Lamas aller Generationen, bevor sie die Verwaltung der politischen und religiösen Angelegenheiten übernahmen, zu Studienzwecken dorthin. Auch nach ihrem Amtsantritt gingen sie jedes Jahr im Sommer in ihre Residenz nach Norbulingka. So wurde Norbulingka zur Sommerresidenz des Dalai Lamas.

Norbulingka gliedert sich in drei Teile: den Vorderhof, den Palast und den Waldteil. In dieser Parkanlage stehen verschiedene Hallen und Pavillons, die über 400 Räume unterschiedlicher Größe haben. Die Bauwerke der Parkanlage sind an fünf Stellen zu finden.

Auf der linken Seite hinter dem Haupteingang stehen die in der Frühphase entstandenen Bauten, zu denen der Palast der Kühlen Luft gehört. Geht man durch den Eingang, sieht man einen zweistöckigen Turm, der auch Turm der Stärke zur Bewältigung dreier Stufen heißt. Die Theaterbühne, auf der tibetische Stücke für den Dalai Lama aufgeführt wurden, ist nach Osten gerichtet. Vor der Theaterbühne befindet sich ein zweistöckiger Zuschauerraum. Auch heute wird jährlich zum Shoton-Fest tibetisches Theater aufgeführt. Nordwestlich vom Palast stehen verschiedene Pavillons und Türme. Zu nennen sind vor allem der Pavillon in der Mitte des Sees, der Pavillon des Drachenkönigs und der Ostpavillon des Drachenkönigs.

Im westlichen Teil von Norbulingka befinden sich noch weitere Hallen und andere Bauwerke, die unter dem 13. Dalai Lama gebaut wurden. Nördlich davon stehen Bürogebäude.

Der neue Palast befindet sich im Norden und ist nach Süden gerichtet. Er wurde 1956 gebaut und ist von einer hohen Mauer umschlossen. Dieses Bauwerk im tibetischen Stil ist zweistöckig und hat ein flaches Dach. Darin gibt es Büro-, Empfangs-, Erfrischungs-, Sanitär-, Schlaf- und Meditationsräume sowie Vorlesungshallen und die kleine Sutrahalle. An der prächtigen Innengestaltung sind hier und da moderne Elemente zu sehen. Der Palast war eine repräsentative Residenz in Tibet der neueren Zeit. Im zweiten Stock der kleinen Sutrahalle hängen 301 Wandgemälde, die inhaltlich zusammenhängen und die tibetische Geschichte von der sagenhaften Urzeit bis zum Empfang von Dalai Lama und Panchen Lama durch den Vorsitzenden Mao Zedong darstellen.

Der Teich des Drachenkönigs

Hinter dem Berg, auf dem der Potala steht, liegt ein stiller Teich. Die grünlich schimmernde Wasseroberfläche spiegelt die umstehenden Bäume wider. Hier befindet sich Lhasas berühmte Parkanlage mit dem klingenden Namen "Teich des Drachenkönigs" (Zongjiao Lhokang).

"Zongjiao" bedeutet im Tibetischen "hinter dem Palast", wobei hier der Potala gemeint ist. Es ist auch ein Sammelbegriff für unterirdische und Wassergeister, die sowohl im tibetischen Buddhismus als auch in der alten Bön-Religion eine Gruppe bilden. Später wurde in Anlehnung an die Überlieferung aus dem Landesinneren der Name Drachenkönig populär. Daher nannte man dann auch das Gewässer "Teich des Drachenkönigs".

Im 17. Jahrhundert wurde beim Ausbau des Potala-Palastes eine große Menge Erde von hier geholt. Die so geschaffene Grube füllte sich mit Wasser und wurde zu einem Teich. Unter dem sechsten Dalai Lama wurde das Wasser reguliert. Auf der Insel inmitten des Teiches wurde nach dem Muster der "Altarstadt" im tibetischen Buddhismus ein Turm, also ein Lhakang gebaut, außerdem konstruierte man noch eine über 3 Meter breite und 20 Meter lange Brücke, die die Insel mit dem Land verbindet. Unter dem achten und dem 13. Dalai Lama wurde hier gründlich renoviert. Dieser Lhakang hat drei Stockwerke, in den ersten beiden Stockwerken stehen Statuen der weiblichen Gottheit Mal-gro-gung-dkar, die unter dem sechsten Dalai Lama hierher gebracht wurden, sowie die Nachbildung einer "Altarstadt" und Statuen von Schutzgottheiten. Um dieses Bauwerk herum wurden Wandelgänge eingerichtet, von denen aus man die nähere Landschaft betrachten kann. Das oberste Stockwerk hat eine sechseckige Form. Der Dachüberhang hat eine Dougong-Konstruktion; das ist eine für Bauwerke im Landesinneren typische Konstruktion mit untereinander verzahnten Balken. Es sind auch "schwingende Dächer" zu sehen. Früher war dieser Teil nur einer kleinen Anzahl von Adligen zugänglich. Heute kommen zahlreiche Einwohner jedes Jahr zum Sagya-Dawa-Fest hierher, um die Gottheit Mal-gro-gung-dkar anzubeten. Sie zünden Butteröllampen an und überreichen weiße Seidenschals und Opferspeisen.

Nach der demokratischen Reform in Tibet wurde der Teich des Drachenkönigs zum Park erklärt. Wegen des Straßenbaus in der Stadt mussten in den 60er Jahren die beiden großen und bedeutenden Steintafeln aus der Qing-Dynastie, die ursprünglich vor dem Potala-Palast gestanden hatten, hierher umgesetzt werden. Die eine Tafel ließ Kaiser Kangxi aufstellen. Sie berichtet von der Niederwerfung der Rebellion in Junggar im 60. Regierungsjahr unter Kaiser Kangxi; die andere hat die Vertreibung der Gurkha–Truppen aus Tibet im 57. Regierungsjahr unter Kaiser Qianlong zum Inhalt. Beide Steintafeln wurden in jüngster Zeit wieder zurückversetzt und stehen nun vor dem ausgebauten Platz vor dem Potala-Palast.

(China.org.cn, China Heute, 23. November 2006)