Shanghaier zu engstirnig

"Die engstirnige Einstellung der Shanghaier kostet die Stadt ihren Status als globales Kulturzentrum, das mit Paris, New York oder Beijing mithalten kann", sagt der renommierte Wissenschaftler Yu Qiuyu.

Auf einer Feier der Shanghai Media Group anlässlich der Neugründung einer Datenbank für Prominente und Talente hatte Yu erklärt, dass Shanghai wegen seines überwältigenden Wirtschaftswachstums in den letzten Jahren internationale Anerkennung erfahren habe, die kulturelle Entwicklung aber nicht habe Schritt halten können.

Der in der Stadt Yuyao (Provinz Zhejiang, Ostchina) geborene Yu schreibt Prosa und über Kunsttheorie. Als regelmäßiger Gast in Talkshows hält er auch an zahlreichen Universitäten im Inland Vorträge. Dabei reist er von Stadt zu Stadt und spricht über die chinesische Kultur. Seine chinesischsprachigen Literaturwerke werden in regelmäßigen Abständen zu Bestsellern.

In der vergangenen Woche war er von der Shanghai Media Group in die rund 2800 Prominente und Talente umfassende Datenbank aufgenommen worden.

Yu macht Engstirnigkeit, die Informationsflut und eine starke Tendenz zur Übertreibung für das derzeitige kulturelle und wirtschaftliche Ungleichgewicht der Stadt verantwortlich.

"Kulturelle Unterschiede sind faszinierend und sollten respektiert werden. Doch sie sollten auf keinen Fall überbewertet werden", meint Yu.

"In ganz China versucht man ein kulturelles Image aufzubauen, das tiefe Spuren hinterlässt und auf das man stolz sein kann. Manchmal wird versucht zu beweisen, dass die eigene Kultur besser ist als die andere. Diese Versuche sind teilweise recht kläglich", sagt er.

Dabei sei Shanghai keine Ausnahme. Die Stadt konzentriere sich stark auf die Entwicklung der eigenen städtischen Kultur. Dabei müsse eine starke Kultur aber frei von Engstirnigkeit sein.

Laut Yu, sind Künstler stolz auf ihre eigene Nationalität. Doch Kultur sei ein menschliches Gut, das keine Grenzen kenne. Shanghai müsse deshalb eine offenere kulturelle Perspektive entwickeln und mehr Toleranz beweisen, um für die gesamte Menschheit Wertvolles zu leisten.

Infolge seiner führenden Stellung in Wirtschaft und Handel lässt sich Shanghai mit der Globalisierungswelle treiben und ist daher voll kultureller Produkte von zweifelhaftem Wert.

"Künstler in Shanghai werden übermannt von Unnützem und Unrast, können daher auch keine hochwertige literarische Arbeit abliefern", sagt Yu. Die Shanghaier möchten nicht als Störenfriede gelten. Sie bevorzugen seiner Meinung nach daher ein Nichteinmischen bei kontroversen Fragen.

"Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Shanghaier nicht gerade innovationsfreudig sind". Yu befürchtet daher langfristig ein beschädigtes kulturelles Image, bei dem auch die Bedeutung als kulturelles Zentrum Schaden nehme.

Yu fordert daher von den Shanghaier Künstlern eine gewisse Zurückhaltung im allgemeinen und insbesondere bei wichtigen kulturellen Fragen. Dann dürfte einer Entwicklung Shanghais zu einem globalen Kulturzentrum nichts im Wege stehen.

(China.org.cn, Xinhua, 27. November 2006)