Von Hu Huiting
Das Bevölkerungs- und Familienplanungsgesetz trat am 1. September 2002 offiziell in Kraft. Um dieses Gesetz der Allgemeinheit verständlich zu machen, interviewten Mitarbeiter von china.org.cn Zhao Bingren, Vizevorsitzender der Staatlichen Familienplanungskommission, und befragten ihn über Hintergrund der Ausarbeitung dieses Gesetzes und den Stand der Dinge im Land.
China.org.cn: Am 1. September dieses Jahres trat das Bevölkerungs- und Familienplanungsgesetz offiziell in Kraft. Die Familienplanung als eine grundlegende Staatspolitik Chinas ist mehr als 20 Jahre lang verwirklicht worden und hat bemerkenswerte Erfolge erzielt. Warum wurde das Gesetz nun von der Regierung überarbeitet?
Zhao: Das Land nach Gesetzen zu regieren ist eine grundlegende Richtlinie unseres Staates. Da die Familienplanung jede Familie betrifft und alle angeht, muß sie in einem für alle gültigen Gesetz standardisiert werden. Welche Rechte und Pflichten haben Bürger bei der Verwirklichung der Familienplanung? Welche Verantwortung trägt die Regierung bei der Durchführung der Familienplanung? All diese Probleme müssen im Rahmen des Gesetzes definiert werden. In der Tat haben wir schon vor 20 Jahren begonnen, die Gesetzgebung in diesem Bereich zu diskutieren. Im Jahre 1979 schlugen Deng Xiaoping und Chen Yun vor, ein Gesetz zur Familienplanung zu erlassen. Jedoch waren die damaligen Bedingungen dafür noch nicht reif. Das Familienplanungsgesetz schließlich auszuarbeiten und in Kraft zu setzen, ist erstens der Beachtung des Gesetzes durch Partei und Regierung über viele Jahre hinweg, und zweitens der Unterstützung der Bevölkerung bei der Durchführung der Familienplanung zu verdanken. Hinzu kommt, dass wir viele Erfahrungen gesammelt haben, sowohl bezüglich der Gegebenheiten, als auch der modernen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung Chinas.
China.org.cn: Welchen Einfluss wird die Einführung des Familienplanungsgesetzes auf die Arbeit der Regierung und das Leben der Bevölkerung haben?
Zhao: Das Familieplanungsgesetz stellt hohe Anforderungen an die Regierungsabteilungen, insbesondere an die Familienplanungsabteilungen. Beispielsweise müssen die Familienplanungsabteilungen ihre Denkweise und ihren Arbeitsstil so schnell wie möglich ändern. Da die Durchführungsmethoden der Familienplanung, die unter den Bedingungen der Planwirtschaft geformt wurden, verhältnismäßig grob waren, müssen diese verändert werden. Die Regierungsabteilungen müssen in ihrer Denkweise und ihrem Arbeitsstil bestehende Probleme dem Gesetz nach lösen, die der Entwicklung der Familienplanung in der neuen Situation schaden könnten. Sie müssen ihre Arbeit ständig verbessern, die gesamte Qualifikation des Familienplanungskontingents erhöhen und eine gesunde und stabile Entwicklung der Familienplanung gewährleisten.
Darüber hinaus wird dem Schutz der Rechte und Interessen der Bevölkerung Priorität eingeräumt. Die Ansichten der Menschen über den Sinn der Familienplanung, die Qualität der Dienstleistungen bei der Verbreitung schwangerschaftsverhütender Methoden und die umfassende Verwaltung der Bevölkerung sind im Gesetz organisch miteinander verbunden worden. Die legitimen Rechte und Interessen der Bevolkerung sind zudem im Gesetz verankert. Das Gesetz verlangt, daß die Regierung Bedingungen dafür schafft, daß der Bevölkerung passende, sichere und wirksame Familienplanungsdienstleistungen angeboten werden. Diejenigen, die Familienplanung erfolgreich praktizieren, werden ausgezeichnet und die Sorge um Familienangelgenheiten beseitigt. Ein vollständiges System sozialer Sicherheit soll allmählich errichtet werden, damit die Menschen von der Durchführung der Familienplanung profitieren können.
China.org.cn: Familienplanungspolitik wird in China seit 30 Jahren betrieben. Wie sieht der Status Quo in diesem Bereich aus?
Zhao: Durch die 30jährigen Bemühungen ist das übermäßig schnelle Bevölkerungswachstum effektiv unter Kontrolle gebracht worden. Dank der Durchführung der Familienplanungspolitik ist die Zahl der Neugeborenen in den letzten 30 Jahren um mehr als 300 Millionen zurückgegangen. Trotz wirtschaftlicher Rückständigkeit hat China in einer kurzen Zeit das rasante Bevölkerungswachstum erfolgreich gehemmt und eine niedrige Geburtenrate gehalten. Dies ist ein großartiger Erfolg.
China org.cn: Wie Sie sagen, ist die hohe Geburtenrate, wie auch das hohe Bevölkerungswachstum erfolgreich unter Kontrolle gebracht worden. Kann die gegenwärtig geltende Familienplanungspolitik gelockert werden? Und kann einem Ehepaar erlaubt werden, zwei Kinder zu haben?
Zhao: Ich möchte zuerst Chinas Familienplanungspolitik erläutern. Unsere Familienplanungspolitik ist keine „Ein-Kind-Politik“, wie viele glauben. China befürwortet zwar das Prinzip „ein Ehepaar, ein Kind“ in der Durchführung seiner Familienplanungspolitik. Jedoch wird einigen Ehepaaren - hauptsächlich in ländlichen Gebieten - erlaubt, einen Antrag auf ein zweites Kind zu stellen, wenn diese „Schwierigkeiten“ haben, das erste Kind also ein Mädchen ist. Ehepaaren in der Stadt, bei denen beide Partner Einzelkinder sind, wird ebenfalls erlaubt, zwei Kinder zu haben. In diesem Bereich werden in den überwiegend von nationalen Minderheiten bewohnten Gebieten noch flexiblere Vorschriften praktiziert. Daher kann Ehepaaren in Sonderfällen erlaubt werden, zwei Kinder zu haben.
Da die Familienplanungspolitik von verschiedenen Provinzen und Gebieten je nach deren Gegebenheiten durchgesetzt wird, sind die Methoden der Durchführung ungleich.
China.org.cn: Bei manchen Medien und Personen in In- und Ausland herrscht die Ansicht, daß das neue Familienplanungsgesetz in gewissem Grad eine Lockerung der chinesischen Familienpolitik darstelle. Was ist Ihre Meinung dazu?
Zhao: Dies ist ein falscher Eindruck. Meiner Meinung nach wurde dieser falsche Eindruck hauptsächlich durch die Mißverständnisse bei den Maßnahmen zur Erhebung des Sozialbeitrags der Familien mit mehreren Kindern geweckt. Einige Leute fragten: bedeutet dies, daß man mit mehr Geld auch mehr Kinder haben kann? Darauf antworte ich mit Nein. Der Staat hat entschieden, dass gesetzwidrigen Geburten notwendige Beschränkungen auferlegt werden und ein Sozialbeitrag gezahlt werden muß, da eine gesetzwidrige Geburt nicht nur eine Belastung einer Familie, sondern eine Last für die Gesellschaft und das Prokopfeinkommen darstellt. Außerdem legt das Familienplanungsgesetz klar fest, dass die Zahlung dieses Sozialbeitrags einen wirtschaftlicher Ersatz für den Gesetzesverstoß derjenigen Bürger sein soll, die gesetzeswidrig Kinder geboren haben. Zuletzt spielt diese politische Maßnahme eine positive Rolle beim Schutz und bei der Anerkennung der Familien , die Familienplanungspolitik aktiv durchzuführen.
China.org.cn: Einige ausländische Medien kritisierten, daß Chinas Familienplanungspolitik regionale Unterschiede habe und mit zweierlei Maß gemessen werde. Ist das so?
Zhao: Diejenigen, die diese Meinung vertreten, verstehen in der Tat unsere Familienplanungspolitik nicht. Da Chinas Familienplanung eigentlich von den verschiedenen Provinzen je nach den eigenen Gegebenheiten durchgeführt werden soll, bestehen hier selbstverständlich regionale Unterschiede. Darüber hinaus werden zur Zeit Familienplanungsexperimente in einigen Gebieten angestellt, um alte Zwangsmethoden durch neue Mechanismen zu ersetzen. Die Familienplanung in diesen Versuchsgebieten ist natürlich verschieden von der im restlichen Land. Dies bedeutet nicht, mit zweierlei Maß zu messen, sondern Fortschritt und Entwicklung.
China.org.cn: Im Ausland kritisiert man, daß China bei der Durchführung der Familienplanungspolitik die Menschenrechte verletze. Was halten Sie davon?
Zhao: Die chinesische Regierung strebt nach wie vor danach, die Menschenrechte zu wahren. Die Geschichte und die heutige Realität haben jedoch gezeigt, daß man zum Schutz der Menschrechte zuerst das Recht auf Existenz und Entwicklung gewährleisten muß. Die Entwicklung ist wichtig für die Stärkung des Landes, und die Verbesserung des Lebensstandards wichtig für das Volk. Der große Bevölkerungsdruck in China ist offensichtlich einer der Faktoren, die Entwicklung und Fortschritt hemmen. Daher hat China die Familienplanungspolitik als eine grundlegende Staatspolitik verankert und seit vielen Jahren daran festgehalten. Die Familienplanung entspricht nicht nur den langfristigen und grundlegenden Interessen der Bevölkerung, sondern trägt auch zur Förderung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung und zur Verbesserung des Lebensstandards des Volkes bei. So kann man sagen, dass diese Politik dem Schutz und der Entwicklung der Menschenrechte zugute komme.
Allerdings muss ich zugeben, daß einige Mitarbeiter bei der Durchführung der Familienplanung im Frühstadium wegen des übermäßig schnellen Bevölkerungswachstums, aufgrund des Mangels an Erfahrung und notwendigen gesetzlichen Verordnungen und aus Rückständigkeit die Interessen der Bevölkerung verletzt haben. Aber bei staatlichen Richtlinien und politischen Maßnahmen halten wir uns nach wie vor an das Prinzip der „Verbindung von Regierungsleitlinien mit den Wünschen der Bürger“ und an die Drei-Schwerpunkte-Richtlinien: die Schwerpunkte bei der Durchführung der Familienplanung sollen bei der Aufklärung, der Schwangerschaftsverhütung und der Werbung für die Familienplanung gelegt werden. Die Regierung forderte ihre Mitarbeiter auf, keine einfachen Zwangsmaßnahmen zu ergreifen und keine Interessen der Bürger zu verletzen. Trotzdem wurden in einigen Regionen angesichts der harten Familienplanungsaufgaben einfache bzw. grobe Methoden angewandt. Das neue Familienplanungsgesetz hat Rechte und Interessen der Bevölkerung sowie Bestrafungsmethoden für grobe Handlungen festgelegt. Auf diese Weise können die Bürger mittels des Gesetzes ihre eigenen Rechte und Interessen schützen.
China.org.cn: Unseren Informationen zufolge ist die Verringerung der Säuglingssterblichkeit nach wie vor ein Teil der Familienplanungsarbeit. Die Staatliche Familienplanungskommission hat vor Kurzem mit dem Fonds für Bevölkerungsaktivitäten der Vereinten Nationen (UNFPA) ein Projekt errichtet, das in 32 armen Kreisen probeweise eingeführt worden ist. Worum geht es bei diesem Projekt?
Zhao: In den Versuchsgebieten soll erstens die alte Verwaltung anhand der Geburtsraten durch eine Verwaltung entsprechend des Familienplanungsgesetzes ersetzt werden; zweitens soll die Geburtsurkunde allmählich abgeschafft werden, während Dienstleistungsurkunden den Mitarbeitern der Familienplanung gegeben werden. Gleichzeitig werden in den Versuchsgebieten Qualitätsdienstleistungen bei der Verbreitung verschiedener schwangerschaftsverhütender Methoden angeboten werden, damit die Bewohner passende Methoden auswählen können.
China.org.cn: Wann können die Methoden in den obengenannten Versuchskreisen im ganzen Land verbreitet werden?
Zhao: In der Tat haben wir die neuen Methoden zeitgleich mit den 32 Versuchsgebieten in über 800 weiteren Kreisen, also einem Drittel des Landes, unter anderem in den Provinzen Liaoning, Fujian und Zhejiang sowie einigen westchinesischen Gebieten, verbreitet. Die Staatliche Familienplanungskommission hat entschieden, landesweit Auszeichnungen der fortschrittlichsten Kreise (Städte und Bezirke) bei der Verbreitung von schwangerschaftsverhütenden Methoden zu verleihen. Darauf haben verschiedene Gebiete positiv reagiert. Untersuchungen zufolge gab es in den Gebieten, in denen Qualitätsdienstleistungen bei der Verbreitung von schwangerschaftsverhütenden Methoden angeboten worden sind, keine Zunahme der Geburtenrate. Diese Maßnahme, die Bürger anleitet, sich mit dem Gesetz und den wissenschaftlichen Kenntnissen vertraut zu machen, ist effektiver als Zwangsmaßnahmen.
(www.china.org.cn/21. Oktober 2002)