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02. 12. 2010 Druckversion | Artikel versenden| Kontakt

Strategiewechsel beim iranischen Militär: Der Blick in den Himmel

Schlagwörter: Iran Atomanlagen

Angesichts eines möglichen israelischen Luftangriffs auf die iranischen Atomanlagen versucht das Land nun, den Luftraum besser zu verteidigen. Doch westliche Militärexperten glauben, dass die Lufteinheiten der Armee noch immer stark veraltet sind.

Bei Militärmanövern und Flugschauen verkündet der Iran stets stolz seine Fortschritte: Ein verbessertes Radarsystem, eine moderne Flugabwehr und Drohnen. Doch auch die medienwirksame Enthüllung der neuen Luftraumverteidigung mittels bewaffneten Drohnen wie dem sogenannten "Botschafter des Todes" kann laut Ansicht von Experten nicht darüber hinwegtäuschen, dass die iranischen Luftschlagkraft noch immer zu einem Großteil auf abgeänderten Versionen von längst veralteten Kampfflugzeugen basiert – wie etwa sowjetischen MiGs oder F14A aus den 1970er-Jahren. Die Flugabwehr und die neuen Drohnen wurden zudem bis heute nicht erfolgreich getestet, sagen Experten. "Der Iran nimmt den Mund sehr voll, doch gibt es derzeit nicht einmal annähernd eine Waffe, welche die Machtverhältnisse beeinträchtigen könnte", sagt John Pike, Direktor von globalsecurity.org. Die in Alexandria (Virginia) beheimatete Organisation analysiert internationale Sicherheitsangelegenheiten.

Es ist offensichtlich, dass der Iran versucht, Sicherheitslücken rund um seine Atomanlagen zu schließen. Dies betrifft insbesondere die wichtigen Zentren zur Anreicherung von Uran. Iranische Generäle sehen zudem Drohnen neu als ein wichtiges Werkzeug zur Aufklärung. So versucht das iranische Militär etwa auf diese Weise die 5. Flotte der USA, die im Golf von Bahrain stationiert ist, zu überwachen. Die USA haben bestätigt, dass sie eine nicht genauer genannte Anzahl von iranischen Überwachungsdrohnen über dem Irak abgeschossen haben. Der Iran hingegen brüstete sich damit, dass es den Drohnen gelungen sei, Aufklärungsfotos von US-Kriegsschiffen im Golf zu schießen.

Der zweite Schwerpunkt des iranischen Militärs liegt darin, seine Langstreckenraketen zu verbessern. Washington vermutet, dass der Iran aus Nordkorea moderne Raketen des Typs BM-25 erworben hat. Damit könnte sich der Aktionsradius des iranischen Militärs von den derzeit verbrieften rund 2000 Kilometern auf fast 4000 Kilometer verdoppeln, wie es in einer Depesche des amerikanischen Außenministeriums hieß, welche die Webseite WikiLeaks am Sonntag veröffentlichte. Mit derartigen Raketen könnte der Iran nicht nur seinen regionalen Feind Israel treffen, sondern auch Europa oder Russland angreifen.

Doch die iranischen Bemühungen, die Luftwaffe zu verbessern, ist hauptsächlich ein Projekt, das ohne Hilfe von außen auskommen muss. Und der Iran hat in diesem Jahr erfahren, was es bedeutet, vom Ausland abhängig zu sein. So hatte Russland die Lieferung seines modernen S-300 Anti-Flugzeug-Systems gestoppt, da es mit der Lieferung andernfalls die UN-Sanktionen unterlaufen hätte.

Während eines fünftägigen Militärmanövers im November hatte der Iran behauptet, dass er erfolgreich eine Flugzeugabwehr getestet habe, welche in etwa den Wirkungsgrad eines S-300-Systems habe. Dafür hat der Iran sein veraltetes S-200 Flugzeugabwehrsystem modernisiert. Bei der Übung wurde auch ein Angriff auf die iranischen Atomanlagen durchgespielt. Danach sagte der Chef der Revolutionsgarden Mohammad Ali Jafari, dass das iranische Militär “besser als je zuvor” auf militärische Bedrohungen reagieren könne.

Dem widersprechen westliche Militärexperten. Sie sagen, dass der Iran versucht, das Äußerste aus jahrzehntealten Waffen herauszupressen. "Was der Iran produziert, ist nicht viel moderner als das, was andere Länder bereits in den 1970er-Jahren hatten", sagt James Lewis vom Zentrum für Strategie und Internationale Studien in Washington. "Der Iran übertreibt und plustert sich auf. Der wahre Grund dafür ist politischer Natur: Der Iran will zeigen, dass er sich zu verteidigen weiß, dass er in der Region Einfluss ausüben kann und dass ihn das Embargo nicht geschwächt hat."

Vor der islamischen Revolution im Jahre 1979 galt die iranische Luftwaffe, die vom damaligen Verbündeten USA aufgebaut worden war, unter allen Ländern des nahen Ostens als die zweitstärkste. Nur Israel war damals bereits schlagkräftiger. Doch nachdem der pro-amerikanische Shah vertrieben wurde, haben die geistlichen Revolutionäre den Kampfpiloten wenig Bedeutung beigemessen und stattdessen während des Kriegs mit dem Irak (1980 bis 1988) vor allem die Bodeneinheiten gefördert. Das stehende Heer blieb daher bis heute der Kern der Armee. Dazu gehören das reguläre Militär und die besser ausgerüstete Revolutionsgarde mit ihren 120.000 Soldaten sowie die geschätzten rund eine Million freiwilligen Milizkämpfer, die unter dem Namen Basiji bekannt sind.

Seit vergangenem Jahr ist der Iran daran, sein Heer zu restrukturieren, um seine Luftverteidigung zu verbessern. Der oberste Führer Ayatollah Ali Khamenei forderte höchstpersönlich, dass eine eigene Einheit geschaffen wird, die nur mit der Bedrohung des iranischen Luftraums beschäftigt ist. Seither hat der Iran in hohem Maße in die erwähnten Überwachungsdrohnen investiert.

Im August stellte der iranische Präsident Mahmoud Ahmadinejad schließlich die neueste Errungenschaft der Drohnenflotte vor: ein vier Meter langes unbemanntes Flugzeug, das den Namen "Botschafter des Todes" trägt. Es kann bis zu vier Marschflugkörper mit sich führen und soll eine Reichweite von rund 1000 Kilometern haben. Das reicht allerdings nicht bis zur israelischen Grenze. Viele Militärexperten vermuten daher, dass eine Drohne mit einer größeren Reichweite der logisch nächste Schritt wäre. "Es ist sehr wahrscheinlich, dass der Iran versucht, Aufklärungsdrohnen zu bauen, die zu jeder beliebigen Zeit in israelisches Gebiet vordringen können", schrieb Paul Rogers, ein Professor der britischen Bradford Universität und regelmäßiger Kommentator in Sicherheitsfragen. "Der militärische Effekt wäre zwar minimal, doch es hätte eine große politische Reichweite."

Der Nahostexperte Alex Vatanka von der Jane's Information Group hingegen glaubt, dass sich das iranische Militär primär um Langstreckenraketen bemüht. Diese können bereits jetzt ganz Israel und große Teile des Nahen Ostens erreichen. Doch auch Vatanka erkennt, dass der Iran "vermehrt Drohnen zur Überwachung und zur Stärkung der Schlagkraft" einsetzt. "Es geht ums Ansehen", sagt er. "Die Iraner sehen, was die USA mit dieser Waffe in Afghanistan und Pakistan erreichen konnten, oder was angeblich die Saudis im Jemen durchführen konnten."

Quelle: China Daily

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