Die Pekingoper ist eigentlich eine
Beijinger Lokaloper, aber Opern-Fans gibt es in ganz China. Bei
dieser Opernart sind Gesang, Rezitation, Pantomime und Akrobatik
miteinander verbunden. Wegen ihrer ausgezeichneten
Darstellungskunst, den ansprechenden Melodien, den bunten,
prächtigen Kostümen und der wunderbaren Akrobatik ist die
Pekingoper, eine von mehr als hundert chinesischen Opernarten, die
am weitesten verbreitete und einflussreichste. Sie kann auf eine
Geschichte von über 200 Jahren zurückblicken.
Ihre Entstehung geht auf die
Regierungsperiode des Kaiser Qianlong (1736-1795) in der
Qing-Dynastie (1644-1911) zurück. Während einer Inspektionsreise
südlich des Yangtse entdeckte Qianlong sein Interesse für
Lokalopern, und an seinem 80. Geburtstag, im Jahre 1790, berief er
lokale Operntruppen aus verschiedenen Teilen des Landes zu
Vorführungen nach Beijing.
Die vier wichtigsten Truppen aus der
Provinz Anhui blieben anschließend in der Hauptstadt, um den Kaiser
zu vergnügen. Sie verdrängten allmählich die Kunqu-Oper, die bis
dahin am Hof und bei der Oberschicht dominierend gewesen war. Im
Jahre 1828 kam noch eine Operntruppe aus der Provinz Hubei nach
Beijing und teilte sich mit den Anhui-Truppen die Bühne. Dabei
wurden sowohl Erhuang- als auch Xipi-Melodien gesungen. Diese
Vorführungen wurden allgemein Pihuang genannt und stellten
Vorläufer der Pekingoper dar.
Gesungen wird in der Pekingoper nach festgelegten Melodien, die
aber im Rhythmus variieren und gut die Gefühle und die seelische
Verfassung der verschiedenen Charaktere in unterschiedlichen
Situationen ausdrücken. Die Pekingoper weist Dialoge und Monologe
auf. Rezitiert wird in Beijing-Dialekt mit und ohne Reim.
Jede Bewegung, wie sich am Bart
zupfen, sich den Hut zurechtrücken, die Ärmel schütteln oder den
Fuß heben, folgt stilisierten Mustern, hat symbolischen Gehalt und
ist genau festgelegt. Feine Veränderungen bringen hier die
unterschiedliche emotionale Intensität der verschiedenen Charaktere
zum Ausdruck.
Typisch für die Pekingoper ist, dass
sie keinen Beschränkungen von Zeit und Raum unterliegt. Es handelt
sich bei ihren darstellerischen Formen um Konzentrate und
Überhöhungen von Vorgängen des wirklichen Lebens. Alles, was man
auf der Bühne schwer darstellen kann, wird symbolisch vorgeführt.
Im allgemeinen gibt es als Requisiten nur einen Tisch und zwei
Stühle. Viele Vorgänge werden pantomimisch dargestellt: Imaginäre
Türen werden geöffnet und geschlossen, Pferde werden bestiegen,
indem man sich eine mit Quasten geschmückte Peitsche reichen lässt
und genau vorgeschriebene Bein- und Armbewegungen vollzieht. Ein
Ruder symbolisiert ein Boot, zwei Fahnen mit Rädern stellen einen
Wagen dar usw. Gehen Darsteller auf der Bühne eine Runde, heißt
das, sie haben einen langen Weg zurückgelegt. Vier Generäle und
vier Soldaten bedeuten eine Armee von tausend Mann… Mit Hilfe von
Pantomime und Akrobatik wird auf hell erleuchteter Bühne ein Kampf
in tiefer Nacht dargestellt.
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Zum Orchester gehören neben
Streich-, Blas- und Schlaginstrumenten hauptsächlich
verschiedenartige unterschiedlich große Trommeln und Gongs sowie
Taktschlegel aus Holz oder Bambus.
Bei den Rollen unterscheidet man
"Dan" (weibliche Rollen), "Sheng" (männliche Rollen), "Chou"
(Spaßmacher) und "Jing" (bemalte Gesichter). Bei den "Jing" kann
man von den Farben der Masken her negative und positive Charaktere
sofort unterscheiden. Rot zeigt treue und tapfere, Gelb grobe und
starke Charaktere an. Weiß steht meistens für listige und Schwarz
oft für grobe, aber aufrichtige Menschen. Gold und Silber zeigen
an, dass es sich um Geister handelt.
Bei den Pekingopern-Kostümen
orientiert man sich hauptsächlich an der Kleidung der Ming-Dynastie
(1368-1644). Alle Kostüme entsprechen der Stellung und dem
Charakter der jeweiligen Rolle.
Manche Leute meinen, die Pekingoper
entspreche nicht dem normalen Prinzip einer Oper, da der Kampf
zwischen dem positiven und dem negativen Element sich nicht
schrittweise entwickelt. Denn bei der Pekingoper weiß man, ob es
sich um einen guten oder schlechten Charakter handelt, sobald ein
Darsteller die Bühne betritt. Die Pekingopern-Fans kennen den
Hergang der Geschichte der einzelnen Opern sehr gut. Sie kommen
nicht ins Theater, um neue Geschichten zu hören und zu sehen,
sondern hauptsächlich um einen Darsteller zu sehen, der für seine
Darstellungskunst bekannt ist. Bestimmte Melodien oder Szenen mit
besonderer Pantomime oder Akrobatik bereiten ihnen großen Genuss,
und so können sie sich die gleiche Szene immer wieder ansehen.
Mei Lanfang, ein bekannter
Pekingopern-Darsteller, war der erste, der die Pekingopern-Kunst
auf Tourneen (1919: Japan, 1929: USA, 1935: Sowjetunion) ins
Ausland brachte. Ein anderer bekannter Pekingopern-Schauspieler,
Cheng Yanqiu, machte im Jahre 1932 einen Europabesuch, der Anlass
zu weiterem kulturellem Austausch gab. Er hielt während seines
Besuchs in der Schweiz auch eine Reihe von Vorlesungen über die
Pekingoper.
Nach der Gründung des Neuen China
1949 waren chinesische Pekingopern-Truppen in Japan, Europa,
Lateinamerika, den USA und Afrika auf Tourneen. Und heute ist diese
Opernart nicht nur die Lieblingsoper der Chinesen, sondern wird
auch von vielen ausländischen Künstlern hochgeschätzt.
(China.org.cn, 28. Januar 2004)