Tibet will seine wirtschaftliche
Entwicklung beschleunigen und gleichzeitig dem Umweltschutz
angemessene Aufmerksamkeit zukommen lassen, sagte Qingba Puncong,
Vorsitzender des Autonomen Gebietes Tibet, in einem Interview
mit China.org am Rande der 3. Tagung des 10. Nationalen
Volkskongresses in Beijing.
Tibets Wirtschaft ist 2004 schnell
gewachsen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Region erreichte 2004
mit 21,2 Mrd. Yuan (ca. 2 Mrd. €) ein historisches Hoch. Aber
Puncong betonte, dass diese Zahl klein sei, verglichen mit dem Rest
des Landes. Weiter teilte Puncong mit, über 80% des Wachstums des
BIP stammten aus Landwirtschaft und Viehzucht. Es sei entscheidend
für Tibet, charakteristische Produkte wie "qingke"
(Hochlandgerste), Grünkohl und andere Gemüse zu entwickeln. Tibet
weite gegenwärtig die Industrialisierung der Landwirtschaft aus,
unter anderem die Speiseölgewinnung.
Zur Industrialisierung Tibets sagte Puncong weiter, man habe
bereits fünf grundlegende Industriezweige aufgebaut, darunter den
Tourismus, die traditionelle tibetische Medizin, Mineralstoffe,
Holz und traditionelles Handwerk. Die Entwicklung dieser Industrien
sollte in den kommenden Jahren unter besonderer Berücksichtigung
des Umweltschutzes gefördert werden.
Die einzigartige Landschaft und
Kultur Tibets zieht Touristen aus der ganzen Welt an.
Die Zahl der Besucher stieg von
900.000 im Jahr 2003 auf über 1,2 Mio. im vergangenen Jahr. Mit den
Besucherzahlen stiegen auch die Einnahmen aus dem Tourismus
stark.
Rund 102.000 km Straßen wurden
gebaut, was weit unter dem Bedarf liege. 2004 wurden über 16,6 Mrd.
Yuan in den Aufbau von Infrastruktur investiert, wovon der größte
Teil von der Zentralregierung im Rahmen der "Entwicklungsstrategie
für Westchina" bereitgestellt wurde.
Auch die Eisenbahnstrecke von
Qinghai nach Tibet wird unter Berücksichtigung des Umweltschutzes
gebaut, dazu gehören z.B. die behutsame Umpflanzung von
Oberflächenvegetation und der Bau von Viadukten, um Wildtieren die
Passage zu ermöglichen.
Die Zentralregierung hat einen
Sonderfonds von knapp 2 Mrd. Yuan für den Umweltschutz entlang der
Eisenbahnstrecke bereitgestellt, das entspricht ca. 8% der
Gesamtkosten der Strecke. Außerdem wurde das auf 5 Jahre angelegte
Projekt für eine Evaluation der mit dem Umweltschutz
zusammenhängenden Planungen um ein Jahr verlängert
Bei dem Bau der Eisenbahnstrecke sei der Einfluss auf die Umwelt so
stark wie möglich eingeschränkt worden. Der Bau sei damit ein gutes
Vorbild für andere Entwicklungsprojekte in Tibet, meint Puncong.
Die Lokalregierung wolle beim Bau der Qinghai-Tibet Schnellstraße
ähnliche Maßnahmen vornehmen.
Das Eisenbahnprojekt soll im Juli
2006 die ersten Versuchsfahrten aufnehmen. Es wird erwartet, dass
das Projekt den Austausch Tibets mit anderen Teilen des Landes
fördert und mehr Touristen aus dem Ausland und aus China nach Tibet
lockt.
Die lokale Regierung habe bereits
Maßnahmen unternommen, um die Zahl der Besucher in gefährdeten
Bereichen, wie z. B. dem Potala-Palast, zu kontrollieren, so
Puncong. Auch versuche man das Energieproblem zu lösen, das die
wirtschaftliche Entwicklung hemme.
Wasserkraft, Sonnenenergie und Erdwärme seien die
Hauptenergiequellen in Tibet, aber die installierte Kapazität von
490.000 kwh könne den Bedarf nicht decken. Auf der anderen Seite
lebten noch über eine Millionen Menschen in Tibet gänzlich ohne
Strom. Puncong erklärt, die Region habe Priorität auf die
Entwicklung erneuerbarer Energien gelegt, die es in Tibet im
Überfluss gebe und die der weiten Verteilung der Bevölkerung Tibets
entsprächen.
Tibet verfüge auch über große
Reserven an mineralischen Rohstoffen, von denen aber aus
Umweltschutzgründen und da es an Transportmöglichkeiten mangele nur
wenig abgebaut werde.
"Wir sollten sie weder liegen lassen
noch ungehindert abbauen", so Puncong. Erst sollten Art und Umfang
der Reserven festgestellt werden. (von Tang Fuchun)
(China.org.cn, 14. März 2005)
|