Der chinesische Ministerpräsident,
Wen Jiabao, gab am Montag im Anschluss an die Abschlusssitzung der
3. Tagung des 10. Nationalen Volkskongresses (NVK) eine
Pressekonferenz. Auf der Konferenz beantwortete Wen Fragen in- und
ausländischer Journalisten zur Reform, der Globalsteuerung, dem
Wechselkurs von RMB, dem Anti-Separationsgesetz usw.
Die chinesische Regierung habe die
Vorantreibung von Reformen als Schwerpunkt für dieses Jahr
festgesetzt, erklärte Wen Jiabao. der Aufbau und die Reform der
Regierung sollten in diesem Jahr verstärkt werden. Dadurch solle
die Regierungsfunktion weiter optimiert werden. Weitere
Schwerpunkte seien Reformen in staatseigenen Unternehmen, in der
Finanzbranche sowie in ländlichen Regionen, wobei die Steuerpolitik
im Mittepunkt stehe. Außerdem werde ein chinesischen Umständen
angepasstes System zur Sozialabsicherung beschleunigt
errichtet.
Wen Jiabao erklärte, dass die
gegenwärtige Hauptaufgabe der chinesischen Regierung darin bestehe,
durch eine verstärkte und verbesserte Globalsteuerung die stabile
und relativ schnelle Entwicklung der chinesischen Wirtschaft zu
bewahren.
In den vergangenen zwei Jahren seien
einige Fragen in der Wirtschaftsentwicklung aufgetaucht, auf die
die Regierung rechtzeitig und entschlossen durch eine Reihe von
Maßnahmen zur Globalsteuerung reagiert hat und dadurch zu
bemerkenswerten Ergebnissen kam. Eine große Schwankung der
Wirtschaft und ein übermäßiger Preisaufstieg konnten dadurch
vermieden werden.
Zudem betonte Wen Jiabao weiter,
dass solche Fragen auf die Wirtschaftsstruktur, die Zuwachsweise
der Wirtschaft sowie auf den Mechanismus zurückzuführen seien. Die
Globalsteuerung habe zwar beachtliche Wirkungen erzielt, aber die
Grundlage sei noch nicht völlig konsolidiert. Deswegen werde die
chinesische Regierung in Zukunft noch größeren Wert auf die
Steuerung durch wirtschaftliche Mittel legen.
Über die Reform des Wechselkurses
der chinesischen Landeswährung RMB teilte Wen Jiabao mit, China
arbeitet derzeit an einem Konzept für die Reform des Wechselkurses
von RMB. das Konzept und dessen Ausarbeitungstermin könnten eine
Überraschung sein.
Seit Beginn der Wechselkursreform in
China im Jahr 1994 habe China ununterbrochen daran gearbeitet.
China habe das Ziel festgelegt, einen marktorientierten, unter
Verwaltung stehenden und floaten Wechselkurs durchzuführen. China
bemühe sich um die Stabilität und Entwicklung der Makrowirtschaft
und um einen gesunden Verlauf des Finanzwesens. Dies ziele darauf
ab, Grundlagen für den weiteren Schritt der Wechselkursreform zu
schaffen.
China sei ein verantwortungsvoller
Staat. In Sachen der Aufwertung von RMB und der Entstehung des
Wechselkursmechanismus müsse China nicht nur seine eigenen
Interessen, sondern auch den Einfluss auf die Nachbarländer und
weltweit im Auge behalten, sagte Wen weiter.
Der Ministerpräsident hat auch die
wichtigsten Maßnahmen zur Verstärkung der Verwaltung des
Wertpapiermarktes vorgestellt.
Dabei nannte er als erstes die
Erhöhung der Qualität der an der Börse notierten Unternehmen.
Zweitens, so Wen weiter, müsse ein öffentlicher gerechter und
transparenter Wertpapiermarkt aufgebaut werden. Drittens müssten
die Überwachung und Verwaltung verstärkt sowie die Maßnahmen gegen
gesetz- und vorschriftswidriges Verhalten verschärft werden.
Viertens würden der strukturelle Aufbau des Wertpapiermarktes mit
systematischem Aufbau als Kern intensiviert und fünftens die
Interessen der Investoren, einschließlich der Kleininvestoren,
garantiert.
Wen Jiabao hat vier Schwerpunkte für
die Reformen in ländlichen Regionen festgelegt. Er sagte, die
Weiterförderung einer Steuerreform stehe im Mittelpunkt der
Reformen. Als weiteres müsse die Produktivität auf dem Lande
beschleunigt werden, wobei dem Bau von Wasserwirtschaftanlagen und
der Verbreitung von Agrartechnik besondere Aufmerksamkeit geschenkt
werde. Wen betonte als dritten Reformpunkt die Erziehung in
ländlichen Gebieten, die weiterentwickelt werden müsse. Dabei
müssten das technische und kulturelle Niveau erhöht werden.
Viertens müsse die Basisdemokratie in Dörfern ausgebaut werden, die
Dorfbewohnern erlaube, ihre Dörfer selbst zu verwalten. Dabei
müsste die Verwaltungsarbeit in den Landkreisen transparenter
werden.
Die chinesische Regierung werde das
Selbstbestimmungsrecht der Bauern bei der Bestellung eigener Felder
sichern. Diese Politik werde sich nie ändern, betonte Wen.
Auf die Frage einer Taiwaner
Journalistin zum Anti-Separationsgesetz sagte Wen, dass das auf der
Jahrestagung des NVK mit großer Mehrheit angenommene
Anti-Separationsgesetz ein Gesetz zur Verstärkung und Förderung der
Beziehungen zwischen beiden Seiten der Taiwan-Straße sei und die
friedliche Wiedervereinigung zum Ziel habe. Auf keinen Fall sei das
Gesetz gegen die Bevölkerung auf Taiwan gerichtet und sei auch kein
"Kriegsgesetz".
Wen betonte, Ziel der Ausarbeitung
des Anti-Separationsgesetzes sei es, die separatistischen Kräfte
für eine sogenannte "Unabhängigkeit" Taiwans zu verhindern und zu
bekämpfen. Nur so könne es eine friedliche Lage zwischen beiden
Seiten der Taiwan-Straße geben.
Wen Jiabao fuhr fort, in dem
Anti-Separationsgesetz sei deutlich festgelegt worden,
Personenkontakte zwischen beiden Seiten der Taiwan-Straße,
wirtschaftliche Kooperation sowie direkte Post-, Transport- und
Handelskontakte zu fördern. Gefördert werde auch der Austausch in
den Bereichen Bildung, Wissenschaft und Technik sowie Kultur. In
dem Gesetz sei zudem der Schutz der Interessen der Taiwaner
Unternehmer festgeschrieben.
Außerdem bekräftigte Wen Jiabao,
dass die Lösung der Taiwan-Frage eine innere Angelegenheit Chinas
darstelle. Dabei werde China keine ausländische Einmischung dulden
und fürchten. Obwohl eine Wiedervereinigung zwischen dem Festland
und der Inselprovinz Taiwan noch nicht realisiert sei, sei die
Tatsache überhaupt nicht geändert, dass es nur ein China gebe. So
sei der Status quo zwischen beiden Seiten der Taiwan-Strasse.
"Ich will nicht sehen, die
Taiwan-Frage mit nichtfriedlichen Mitteln beizulegen. Solange es
auch nur den Hauch der Hoffnung gibt, wird man mit größten
Anstrengungen eine Wiedervereinigung des Landes suchen", sagte
Wen.
Über Tung Chee Hwas Rücktritt
betonte Wen Jiabao, der neue Chefadministrator der chinesischen
Sonderverwaltungszone Hong Kong werde nach dem Hong Konger
Grundgesetz und anderen einschlägigen Gesetzen bestimmt.
Wen würdigte die Anstrengungen und
Beiträge des Hong Konger Chefadministrators, Tung Chee Hwa, in den
vergangenen sieben Jahren, der vergangene Woche aus
gesundheitlichen Gründen zurückgetretenen war. Wen bekräftigte
außerdem, dass die Zentralregierung konsequent an den Richtlinien
"ein Land, zwei Systeme", "Verwaltung Hong Kongs durch die Hong
Konger" und "hochgradige Autonomie" festhalten werde. Er sei
überzeugt, dass die Hong Konger in der Lage seien, Hong Kong gut zu
verwalten.
Die Todesstrafe in China könne nach
chinesischen Gegebenheiten derzeit nicht aufgehoben werden. Doch
wolle man mit entsprechenden Systemen stärker über die
Sorgfältigkeit und Rechtmäßigkeit bei der Verhängung der
Todesstrafe wachen, sagte der Ministerpräsident.
Ferner erklärte Wen, in China sei
man dabei, das Justizsystem zu reformieren. Dazu gehöre, dass
verhängte Todesstrafen künftig vom Chinesischen Obersten
Volksgericht bestätigt werden müssen.
Der Ministerpräsident hat auf der Pressekonferenz auch die
Drei-Punkte-Prinzipien für die Verstärkung und Verbesserung der
chinesisch-japanischen Beziehungen vorgestellt. Demnach müssen
China und Japan Lehren aus der Geschichte ziehen und sich an der
Zukunft orientieren. Japan muss an dem Ein-China-Prinzip
festhalten. Außerdem sollen beide Länder die Zusammenarbeit
verstärken und sich gemeinsam entwickeln.
Das Verhalten, wie Japan die
historischen Fragen behandeln wird, stehe im Mittelpunkt der
Entwicklung der Beziehungen zwischen China und Japan. Anlässlich
des 60. Jubiläums des Antifaschismus-Krieges hoffe China, dass
Japan selbst nachdenken und die Entwicklung der bilateralen
Freundschaft fördern könne, sagte Wen Jiabao.
Die geplante Sibirien-Ölpipeline
solle laut der russischen Regierung bevorzugt bis nach China gehen.
Wen Jiabao gab weiter bekannt, er werde in der zweiten Jahreshälfte
mit seinem russischen Amtskollegen zum 10. chinesisch-russischen
Ministerpräsidententreffen zusammenkommen. Dabei solle es um die
Wirtschaft und den Handel beider Länder und vor allem um die
Zusammenarbeit im Energiebereich gehen. Auch in anderen Bereichen
sei ein Ausbau der Kooperation zwischen China und Russland geplant,
so der chinesische Regierungschef.
Wen Jiabao wird in Kürze zu
Beratungen nach Indien reisen. Auf der Pressekonferenz kündigte er
an, mit indischen Spitzenpolitikern das Prinzip zur Lösung der
Grenzfrage zwischen beiden Ländern festlegen zu wollen.
Das Prinzip beinhalte
gleichberechtigte Konsultationen, gegenseitiges Verständnis und
Entgegenkommen. Zugleich müssten beide Länder sowohl die Geschichte
respektieren als auch die Realitäten wahrnehmen. Auf dieser
Grundlage sollten China und Indien einen fairen, gerechten und für
beide akzeptablen Plan ausarbeiten, sagte Wen Jiabao.
Ferner betonte der chinesische
Ministerpräsident die große Bedeutung der Freundschaft zwischen
China und Indien für Asien und die ganze Welt. China und Indien
seien keine Konkurrenten, sondern Freunde. Darüber hinaus habe die
wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern großes
Potential.
(CRI/China.org.cn, 14. März.
2005)
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