Lamaschule gibt Wissen an junge Generation weiter

Jeden Morgen um 6 Uhr stehen Rinqen Norbu und 30 weitere Lamas auf und beginnen ihren Tag im Kloster Nalanzha in dem südwestchinesischen Autonomen Gebiet Tibet mit dem Lesen von Skripten.

Als Schüler der seit 1959 ersten und einzigen von Lamas gegründeten und geleiteten Schule in Tibet erklärt der 19-jährige Rinqen, dass er stolz darauf sei, hier lernen zu dürfen. Die 1992 vom verstorbenen Cuchim Gyaincain, einem bedeutenden "Lebenden Buddha", gegründete Lamaschule genießt in ganz Tibet einen einwandfreien Ruf.

Vor den 1950ern herrschte in der Region überwiegend ein feudales System, in dem nur Kinder aus Familien Adeliger eine Ausbildung erhalten konnten. Den Leibeigenen und deren Nachkommen wurde dieses Recht vorenthalten.

Unter dem strengen hierarchischen System hatten nur einige wenige Lamas ,mit Ausnahme derer mit hohem gesellschaftlichem Status, die Möglichkeit eines Studiums des tibetischen Buddhismus, erklärt der 37 Jahre alte Sangbo, der nach dem Tod von Cuchim Gyaincain im Jahr 2001 zum zweiten Direktor der Schule ernannt wurde.

Cuchim Gyaincain, der als einer der hervorragendsten Gelehrten für tibetischen Buddhismus galt, war auch ein Experte für tibetische Medizin und das tibetische Kalendersystem. Gyaincains größter Wunsch sei schon immer gewesen, sein Wissen über tibetische Medizin weiterzugeben und nicht mit in den Himmel zu nehmen, so Sangbo.

Für die Gründung der Schule spendete Cuchim Gyaincain insgesamt 220.000 Yuan (26.500 USD). Außerdem spendet eine lokale tibetische Arzneimittelfirma jährlich 80.000 Yuan (9.400 USD).

In Tibet gibt es über 1.700 Tempel, in denen 47.000 Lamas leben. Obwohl andere Tempel in Tibet, wie das Kloster Sera und das Kloster Zhebung, auch das Studium von Skripten und der tibetischen Sprache anbieten, deckt die Klosterschule Nalanzha eine größere Bandbreite ab.

In einem Zeitraum von acht Jahren studiere man in Nalanzha den tibetischen Buddhismus, die tibetische Sprache, Medizin, das Kalendersystem, Rhetorik, die Astrologie Tibets und tibetische Dramen, so Rinqen Norbu.

Weiter werde den Schülern durch das Lesen tibetischer Ausgaben der Zeitung "Tibet Daily" Wissen über die religiösen politischen Richtlinien und Gesetze des Staates vermittelt, erklärt Sangbo.

Ursprünglich stammt Rinqen Norbu aus dem Tempel Qiangqiulin im Kreis Nagqu, die restlichen Schüler kommen aus anderen Gebieten. Nach der Empfehlung durch ihre Tempel mussten alle zuerst eine Aufnahmeprüfung bestehen.

Der 39-jährige Lehrer Dawa in Nalanzha wurde 14 Jahre lang von Cuchim Gyaincain unterrichtet. Er erzählt, dass die Schüler hier sehr eifrig lernen und am Ende des Schuljahres sehr gute Prüfungsergebnisse erreichen.

Der Alltag der Schüler ist einfach und voller Aktivitäten. Nach dem Aufstehen um 6 Uhr morgens dauert das tägliche Studium über 10 Stunden. Jede zweite Woche haben die Schüler einen freien Tag und nach den Prüfungen am 1. Dezember nach dem tibetischen Kalender einen einmonatigen Urlaub.

Die aufregendste Erfahrung sei das zweistündige Debattieren über Buddhismus ab 16 Uhr jeden Tag. Die Atmosphäre sei sehr intensiv und die Schüler so erregt, dass sie manchmal beim Debattieren ihre Arme nicht ruhen lassen können, so Rinqen.

Bislang absolvierten 23 Lamas die Ausbildung an dieser Schule, die meisten davon kehrten wieder in ihre Tempel zurück.

Der 30-jährige Dainzin, ein Lama aus dem Tempel Zhadang in dem Bezirk Shannan, berichtet, dass er zuvor in einem kleineren Tempel gelebt habe. In diesem habe es kaum Lamas mit einem höheren Verständnis für Buddhismus gegeben. Nach seinem achtjährigen Studium an der Klosterschule Nalanzha habe er nicht nur sein Wissen über den Buddhismus vertiefen können, sondern auch genügend über tibetische Medizin erfahren, um lokale Patienten behandeln und kurieren zu können.

Nach seinem Abschluss an der Schule möchte Rinqen sein Wissen an jüngere Lamas weitergeben und in seiner Heimatstadt als Arzt praktizieren.

(China.org.cn, Xinhua, 4. März 2004)