Das hängende Kloster "Xuankongsi" |
Das Hängende Kloster, „Xuankongsi", in der Provinz Shanxi ist in ganz China berühmt. Ich hatte von ihm schon gehört, als ich noch ein Kind war. Lange Zeit dachte ich, dass ein mitten in eine Felswand gebautes Kloster nur eine Legende oder funkelnde Phantasie sein könnte. Eine Fotografie überzeugte mich schließlich von seiner tatsächlichen Existenz. Ich fand das Kloster fünf Kilometer außerhalb der Kreisstadt Hunyuan im nördlichen Shanxi. Völlig gebannt blickte ich auf das im 6. Jahrhundert während der Nördlichen Wei-Dynastie erbaute Wunder. Das Kloster, das dem Hengshan, einem der fünf „Heiligen Berge“ Chinas, gegenüberliegt, wirkt wie ein in den Fels gemaltes Wandbild. Als ich näher kam, begann ich, die kühnen Umrisse deutlicher auszumachen. Doch erst als ich nahe am Eingang war, bekam ich einen wirklichen Eindruck von dieser atemberaubenden Struktur. Kein Wunder, dass es in der Volksüberlieferung heißt, der ganze Bau hänge nur an drei Pferdehaaren! Das kleine Kloster, bestehend aus 40 winzigen Hallen und Pavillons, wurde entlang den Konturen der Steilwand gebaut, wobei man sich natürlicher Aushöhlungen und Vorsprünge zur Abstützung bediente. Die Gebäude, scheinbar in der Luft hängend, ruhen auf Holzträgern, die aus dem Felsen herausragen. Ihr Gewicht wird außerdem von darunter liegenden Balken abgefangen, die Schiffrumpfförmig geformt sind. Gänge, Brücken und Gehsteige verbinden die Bauten miteinander. Obwohl verschieden und verstreut, bilden die Gebäude eine harmonisch ausbalancierte und einheitliche Gruppe. Sichtbar flossen Kühnheit und Wagemut in die Konstruktion mit ein. Aufgrund des begrenzten Raumes diente der Fels meist als hintere Wand der Hallen und wurde weiter ausgehöhlt, um Buddha- und Götterstatuen aufzunehmen. Gewundene Treppen machen die Anlage nicht nur kompakter, sondern auch interessanter -und verwirrender, wie Besucher, die sich ohne Führer zurechtzufinden suchen, schnell feststellen müssen. Das Kloster beherbergt 80 Bronze-, Eisen-, Ton- und Steinstatuen. Die tangzeitlichen Tonskulpturen zählen zu den besten aus dieser Epoche erhaltenen. Ein riesiges, wunderschön ausgeführtes Relief, den Tathagata-Buddha darstellend, ist oberhalb des Klosters aus dem Felsen gemeißelt. Die schlechten Straßen in alten Zeiten machte die Erbauung von Tempeln und Klöstern in abgelegenen Berggegenden schon schwierig genug. Dort dann noch mitten in eine Felswand hineinzubauen, grenzt an die Unfassbarkeit eines Wunders. Als der erste Vorschlag dazu gemacht wurde, soll kaum jemand seine Verwirklichung für möglich gehalten haben. Ein Baumeister namens Zhang willigte schließlich ein, die Aufgabe zu übernehmen. Zunächst wurden die einzelnen Teile am Fuß des Felsen vorgefertigt, dann transportierte man sie auf den Gipfel und ließ sie von da herunter. Die Bauarbeiter hingen an Seilen, mit je einer Schleife um die Hüfte und um die Füße. Langsam wurde das beispiellose Bauwerk vollendet. Obwohl es über die Jahrhunderte Wind und Regen ja sogar Erdbeben ausgesetzt war, hängt das Kloster noch immer in der Felswand, ein Monument des Friedens und der Anmut. (China Heute/China.org.cn, 19. April 2004) |