Der Huangguoshu-Wasserfall

Im Autonomen Kreis Zhenning der Buyi- und Miao-Nationalität in der Provinz Guizhou tost mitten im Lauf des Baishui-Flusses, eines Nebenflusses des Wujiang-Stromes, ein gigantisches Naturschauspiel: der Huangguoshu-Wasserfall. Mit einer Breite von über achtzig Metern und mit einer Fallhöhe von über siebzig Metern ist er der mächtigste Wasserfall in China.

Fährt man von der Provinzhauptstadt Guiyang aus ca. 150 km nach Südwesten, dann kann man ihn schon hören. Etwa eine Viertelstunde später, nach einer scharfen Kurve, ragt dann der „Donnergott" vor einem auf.

Dem Wasserfall zu Füßen liegt ein Städtchen, das zwar viel kleiner und jünger als der Donnerer ist, ihm aber seinen Namen gegeben hat: Huangguoshu heißt es, „Dorf der gelben Früchte", weil es hier in seiner lieblichen Umgebung so viele Mandarinen gibt.

Über eine 500-stufige steinerne Treppe gelangt man hinunter an die Stelle, wo die Wassermassen sich in sich selbst und die Erde verbohren, an den „Nashorn-Kolk". Sieht man nach oben, dann gewahrt man oben an der überhängenden Felswand einen riesengroßen steinernen Dickhäuter. Von dort brüllt das Gewässer in die Tiefe; noch hundert Meter weiter kann man sein eigenes Wort nicht verstehen. Wenn mitten im Sommer, bei Hochwasser, die Abflussmenge des Flusses gar 2.000 Sekundenkubikmeter erreicht, klirren noch Kilometer entfernt jedem die Ohren.

Es gibt hinter dem Wasserfall an der Felswand eine Höhle, die gewöhnlich vom Wasserfall verhüllt wird. Daraus leitet sich ihr Name „Wasservorhanghöhle“ her. Einstmals muss es ein paar Abenteurern gelungen sein, bei niedrigem Wasserstand in die Höhle einzudringen, denn bei ihrer Wiederentdeckung fand man ein Andenken vor: In die Höhlenwand waren vier große chinesische Schriftzeichen „Xue Yin Chuan Xia" eingehauen: „Kristalline Gischt im Morgenrot".

Steckt man den Kopf in die Höhle stellt man fest, dass es in diesem gespenstisch finsteren Schlund stark tropft und zudem furchteneinflößend laut widerhallt. Die „Wasservorhanghöhle" ist mehr als zwanzig Meter tief und weist drei schöne Aussichtspunkte auf.

Der „Nashorn-Kolk", die Bezeichnung des tiefen Fallteiches, stammt aus einer Überlieferung. Es kam dereinst einmal ein Nashorn aus dem Teich und rang mit einem Büffel – weiter ist darüber leider nichts mehr bekannt. Tatsächlich ist der Teich unermeßlich tief. Die Wassersäulen, die sich in ihn drängen, lassen das Wasser hundert Meter hoch zu einem permanenten Sprühregen emporspritzen. Wer im Sommer hier übernachtet, kann sich an der berauschenden Kühle und Frische erfreuen.

Vor über dreihundert Jahren, noch in der Ming-Zeit, hielt sich der bekannte chinesische Reiseberichtschreiber Xu Xiake hier auf und hat diese majestätische Landschaft in Verse übertragen. In der Qing-Dynastie wurde hier ein Pavillon für die Bewunderung des Wasserfalls gebaut.

Nach der Gründung des Neuen China wurde dieser Pavillon restauriert, außerdem wurde eine Halle gebaut, von der aus man den Wasserfall trockenen Fußes besichtigen kann, und ein Teeturm errichtet, von dem aus man die ganze Landschaft übersehen kann. Um den Touristen die Reise hierhin zu erleichtern, sind eine Landstraße, ein Busbahnhof und eine Steintreppe gebaut worden. Zudem haben etliche Restaurants ihre Pforten aufgemacht.

(China Heute/China.org.cn, 5. Februar 2004)