Früherer österreichischer Bundeskanzler

Schüssel ruft China und Europa zur Zusammenarbeit auf Exklusiv

19.05.2017

Am Nachmittag des 17. Mai besuchte der ehemalige österreichische Bundeskanzler Wolfgang Schüssel die University of International Business and Economic (UIBE) und hielt eine Rede zum Thema „Perspektiven der sino-europäischen Beziehungen“.

Der ehemalige österreichische Bundeskanzler Wolfgang Schüssel

Schüssel erklärte, dass sowohl die Europäische Union als auch China nach dem Zweiten Weltkrieg eine Phase der raschen Entwicklung durchlebten. So haben beide Seiten durch ihren wirtschaftlichen Erfolg die Aufmerksamkeit der Welt auf sich gezogen, was vor allem auf eine Politik der Öffnung und des freien Handels zurückzuführen sei. Im Zeitalter der Globalisierung könne kein Land auf eigene Faust ohne Rücksicht auf seine Partner erfolgreich sein. Terrorismus, Flüchtlingskrisen und eine nur langsame Erholung der Wirtschaft beeinträchtigten alle Staaten.

Als wichtige Wirtschaftsmächte in der Welt sollten die EU und China an einem Strang ziehen und gemeinsam die globalen Probleme und Herausforderungen in Angriff nehmen.

Erstens sollten die EU und China zur Bewältigung der Flüchtlingskrise internationalen Organisationen mehr finanzielle Mittel zur Verfügung stellen. Schüssel nannte dabei die offiziellen Statistiken laut derer derzeit weltweit 60 Millionen Menschen auf der Flucht seien. Addiere man hierzu noch die Menge der nicht erfassten Flüchtlinge, ergebe sich eine noch größere Zahl. Die Flüchtlingskrise sei hierbei nicht nur ein regionales, sondern ein globales Problem, das die ganze Welt beeinträchtige. Daher sollten die EU und China ihre langfristigen Hilfen für das Rote Kreuz, das Welternährungsprogramm und andere derartige internationale Organisationen aufstocken, um diesen eine stabile wirtschaftliche Unterstützung zu bieten und den Menschen in jenen vom Krieg verwüsteten Ländern Hoffnung zu bringen. Außerdem könnten die EU und China ein Konfliktpräventionszentrum einrichten, um die Gefahr bereits im Keim zu ersticken.

Zweitens sollte man auf das Führen freundlicher, nachbarschaftlicher Beziehungen achten. Schüssel erklärte, dass unter den 22 Nachbarstaaten der EU sich viele im Krieg befänden – beispielsweise die Ukraine, Syrien, der Irak oder der Jemen. Nur durch die Aufrechterhaltung von guten nachbarschaftlichen Beziehungen könne der Frieden und die Stabilität in der Region bewahrt werden. Während der vergangenen 25 Jahre hat die EU immer wieder neue Mitgliedsstaaten angezogen und aufgenommen und dadurch eine relativ sicheres Investitionsklima geschaffen. Nun werde China mit seiner Seidenstraßen-Initiative eine Reihe von Ländern miteinander verbinden und durch seine Investitionen die Entwicklung und die Völkerverständigung zwischen diesen Staaten voranbringen. Bis zu einem gewissen Grad würde so die Seidenstraßen-Initiative ebenfalls einen Beitrag zur regionalen Stabiliät und Entwicklung leisten.

Drittens sollte an einer globalisierten Wirtschaft gearbeitet werden, von der alle profitieren können. Schüssel merkte hierbei an, dass sowohl die EU als auch China Nutznießer der Globalisierung seien, doch gebe es auch einige Länder deren Wirtschaft unter Beschuss komme. Die EU und China sollten daher erneut Überlegungen anstellen, wie sich aus der Globalisierung heraus „Win-Win“ Resultate schaffen lassen. Neben menschlichem Talent, Innovation und Technologie spielen auch die Staaten eine entscheidende Rolle. Einerseits sollten die Staaten hierbei keine absolut dominierende Rolle einnehmen, sondern die Marktwirtschaft und den freien Handel unterstützen. Andererseits müssen die Staaten aber auch gerechte Rahmenbedingungen festlegen, um die Interessen der Arbeitnehmer zu bewahren. Jedes Land habe sein eigenes Wirtschaftsmodell, es gebe hier kein „gut“ oder „schlecht“. Die Vorteile von Chinas sozialistischer Marktwirtschaft bestünden in ihrer hohen Effizienz und starken Umsetzung – Aspekte von denen die EU durchaus noch etwas lernen könnte.

Im Vorfeld dieser Rede eröffnete der Direktor der UIBE, Wang Jiaoqiong, mit Schüssel die Konferenz und präsentierte die wissenschaftliche Strukturierung der Universität, die Talentförderung und den Prozess der Internationalisierung der Institution. Dabei erinnterte er auch an eine Reihe von kulturellen Aktivitäten seit der Einrichtung eines Zentrums für österreichische Kultur.

Wang erklärte, man hoffe, dass der Besuch Schüssels eine Gelegenheit biete, den kulturellen und wirtschaftlichen Austausch mit den Hochschulen in Österreich zu stärken und die Zusammenarbeit mit dem Zentrum für österreichische Kultur zu intensivieren.

Schüssel sagte, dass der Internationalisierungsprozess der Universität für Internationale Wirtschaftswissenschaften und Handel sehr besonders sei. Die Bereiche Finanzen und Fremdsprachen bildeten eine gute Grundlage für regionale und länderspezifische Studien. Man hoffe daher, dass beider Länder ihren universitären Austausch intensivieren werden und man gemeinsam Talente ausbilden könnte.

Wolfgang Schüssel wurde 1945 in Wien geboren. Er erhielt an der Wiener Universität seinen Doktortitel in Jura und ist Mitglied der Österreichischen Volkspartei. Er diente von 2000 bis 2007 als Bundeskanzler Österreichs und besuchte bereits mehrmals China.

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Quelle: german.china.org.cn

Schlagworte: Wolfgang Schüssel,Globalisierung,Flüchtlingskrise