Papier war gestern, heute lesen Chinesen auf dem Handy

14.11.2017

In einer Beijinger U-Bahn Augenkontakt zu einem anderen Fahrgast zu bekommen, ist gar nicht mal so einfach. Denn fast alle schauen wie gebannt auf ihre Handys. WeChat, Weibo, Spiele, Videoclips, Fernsehserien – und oft Online-Romane erfordern die volle Aufmerksamkeit.

Immer mehr Menschen registrieren sich auf Online-Literatur-Websites oder nutzen Smartphone-Anwendungen. Die Steigerungsrate der Nutzerzahlen ist phänomenal. In den vergangenen 20 Jahren ist Chinas Online-Literaturindustrie mit einem jährlichen Tempo von etwa 20 Prozent extrem gewachsen. Das geht aus einem Bericht von Beijings Städtischen Amt für Presse, Öffentlichkeitsarbeit, Radio, Film und Fernsehen hervor. 2016 wurden mehr als 1,3 Milliarden Euro umgesetzt. Das explosive Wachstum ist auch auf die ebenfalls rapide wachsende Internet- und Smartphone-Nutzerzahl zurückzuführen.

Bis Ende Juni dieses Jahres stieg die Gesamtzahl der Online-Literatur-Websites-Nutzer auf sagenhafte 352 Millionen, so berichtet das China-Internet-Netzwerk-Informationszentrum. Demnach liest die Hälfte aller chinesischen Internetnutzer Online-Literatur. Etwa 90 Prozent davon tun dies über ihr Smartphone.

Experten gehen davon aus, dass das starke Wachstum anhalten wird. Neben wertvollen Romanen findet natürlich auch Seichtes und Pornographisches Verbreitung – oft unter dem Deckmantel der Romantik. Ning Ken, Gewinner des Ersten Online-Literaturwettbewerbs bedauert dies: „Ich denke, Online-Literatur sollte etwas von hoher Qualität sein und nicht eine Art Unterhaltung. Die Qualität sollte verbessert werden."

Die Schriftstellerin Yin Xun sieht das positiver: „Als Online-Buchautorin freue ich mich über die Geschichte der Online-Literatur in der Vergangenheit." Trotz der ungeordneten Entwicklung habe Online-Literatur eine starke Vitalität und werde mit der Zeit auch eine höhere Qualität haben.

Doch es gibt längst „Online-Romane von so hoher Qualität, dass sie sogar verfilmt werden. Das geschah zum Beispiel mit den Büchern „Nirvana in Fire", „The Journey of Flower" und „Once Upon a Time".

Li Linrong, Professor an der Zweiten Pekinger Fremdsprachenhochschule, sagt, dass die Online-Literatur eine engere Verbindung mit der traditionellen chinesischen Kultur und dem immateriellen kulturellen Erbe entwickle. „Online-Literatur ist meiner Meinung nach eine erfolgreiche Vermarktung von Literatur", betont Li. Andere Kulturindustrien sollten es als gutes Beispiel nehmen, so der Professor weiter.


Diesen Artikel DruckenMerkenSendenFeedback

Quelle: CRI

Schlagworte: Papier, Handy, Lesen, Chinesen