Interview

Macron: "Gemeinsam Antworten finden auf die drängenden internationalen Fragen" exklusiv

08.01.2018

Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron stattet der Volksrepublik China auf Einladung von Xi Jinping vom 8. bis zum 10. Januar 2018 einen Staatsbesuch ab, um das 54-jährige Bestehen der bilateralen Beziehungen zu feiern, das sich am 27.Januar jährt. China.org.cn hat kurz vor Macrons Besuch ein Exklusivinterview geführt. Macron sprach über eine große Bandbreite von Themen, darunter die bilateralen Beziehungen, Chinas Seidenstraßeninitiative, der weltweite Kampf gegen den Terror, internationale Kooperation und Lösungen im Kampf gegen den Klimawandel.


Emmanuel Macron (Foto: Soazig de la Moissonniere/ Französisches Präsidentenbüro)

 

China.org.cn: Guten Tag, Herr Präsident. Anfang 2018 werden Sie zu einem Staatsbesuch nach China kommen. Dies wird auch ihr erster Besuch in China seit Ihrer Wahl zum Präsidenten der französischen Republik. Welche Erwartungen haben Sie an den Besuch? Welche Themen sind für Sie von besonderer Bedeutung? Was denken Sie über China?

 

Macron: Ich hatte bereits einige Begegnungen mit Xi Jinping, zum Beispiel am Rande des G20-Gipfels in Hamburg, die hervorragend verlaufen sind. Er hat mich zu einem Staatsbesuch nach China eingeladen, was ich mit großer Freude angenommen habe. Wir beide wollten, dass das Treffen so bald wie möglich stattfindet, sodass wir beide gemeinsam den Rahmen für die nächsten fünf Jahre der umfassenden strategischen Partnerschaft festlegen können. Dies ist mein erster Staatsbesuch in China und in Asien. Für mich hat dieser Besuch einen sehr hohen Stellenwert.

 

So wie für viele Franzosen, ist China auch für mich ein faszinierendes Land – die älteste kontinuierlich bestehende Zivilisation, ein Staat älter als die Geschichte selbst, wie bereits General de Gaulle sagte. Mir ist die gegenseitige Anziehungskraft, die China und Europa über die antike Seidenstraße von Xi'an bis ans Mittelmeer miteinander verbindet, sehr bewusst. Unsere Beziehungen sind in der Zeit verankert und fußen meiner Ansicht nach auch auf der Zivilisation. Damit meine ich, dass China und Frankreich zwei Länder mit sehr verschiedenen Kulturen sind, die aber beide eine universale Berufung haben. Es sind zwei Länder, die trotz der großen Entfernung immer gewillt waren, sich zu begegnen und einander anzuerkennen. Aus all diesen Gründen wollte ich meinen Staatsbesuch in Xi'an beginnen, dies ist eine Möglichkeit, das antike China zu erleben.

 

Ich möchte auch das heutige China erleben und seiner Jugend, seinen Unternehmern, seinen Künstlern und Forschern begegnen. Für Frankreich ist China in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur ein Partner höchsten Ranges. 1964 war Frankreich das erste westliche Land, das diplomatische Beziehungen mit China aufgenommen und das Land anerkannt hat. Wir waren die ersten, die 1997 eine umfassende Partnerschaft begründet haben. Unsere Beziehungen waren immer wegweisend und wir müssen weiterhin die Avantgarde bilden.

 

Daher hoffe ich, dass es uns dieser Besuch erlaubt, unsere umfassende strategische Partnerschaft in das 21. Jahrhundert fortzuschreiben, sodass sich die heutige Situation unserer beiden Länder darin widerspiegelt und wir gemeinsam und entschieden Antworten finden auf die gegenwärtig drängenden Fragen: die Aufrechterhaltung von Frieden und Sicherheit, die vom internationalen Terrorismus und der Weitergabe von Atomwaffentechnologie in Frage gestellt wird, der Schutz der Umwelt, der Kampf gegen den Klimawandel und der freie Handel zwischen Völkern und Nationen.

 

China.org.cn: Auf dem 19. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas wurden die Xi Jinpings Ideen des Sozialismus chinesischer Prägung im neuen Zeitalter in die Parteistatuten aufgenommen und die Ziele sowie die zukünftige Richtung von Chinas Entwicklung festgelegt. Was denken Sie darüber? Seit Ihrer Wahl zum französischen Staatspräsidenten haben Sie eine Reihe von Reformen angestoßen. Durch die "schnelle, präzise und konkrete" Vorgehensweise haben Sie die Atmosphäre in der Innenpolitik verändert. Was glauben Sie, wie werden die neuen Entwicklungen in den chinesisch-französischen Beziehungen im Rahmen der umfassenden strategischen Partnerschaft aussehen? In welchen Bereichen werden beide Seiten ihre Zusammenarbeit verstärken?

 

Macron: Ich habe den 19. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas mit großer Aufmerksamkeit verfolgt. Es steht mir nicht zu, über die souveränen Entscheidungen zu urteilen, die China für sich selbst trifft, doch sind mir insbesondere die fortgesetzte Betonung der Offenheit, das Streben nach Reformen, die Betonung von Innovation und der qualitativen Aspekte des Wachstums sowie des Umweltschutzes aufgefallen. Dies sind Elemente, die unserer Partnerschaft neue Impulse verleihen können.

 

Nach dem 19. Parteitag und den tiefgreifenden politischen Veränderungen in Frankreich, die uns bestärken in unserer Absicht und unserer Fähigkeit, Europa zu reformieren, bieten sich zahlreiche Chancen. Unser Land steht erneut auf der internationalen Bühne. Ich setze eine Agenda der Transformation um, die darauf abzielt, unser Land und unsere Fähigkeit zur Innovation zu stärken, Jobs zu schaffen und kreative Energien zu befreien, indem ich unseren Bürgern das Heft des Handelns in ihre eigenen Hände zurückgebe. Ich tue dies mit großer Entschlossenheit, aber auch mit Pragmatismus, einer Fähigkeit, die auch in China geschätzt wird. Mein Ansatz ist der, dass ich sage, was ich tue und tue, was ich sage, präzise, gründlich und schnell. Dies gilt für die Innenpolitik, aber auch für unsere Beziehungen mit wichtigen Partnern. Ich möchte mit Präsident Xi Jinping eine Roadmap für die nächsten fünf Jahre entwickeln und gründlich und aufmerksam an deren Umsetzung arbeiten. Es gibt drei Schlüsselbereiche, die besonderer Aufmerksamkeit bedürfen.

1  2  3  4  >  


Diesen Artikel DruckenMerkenSendenFeedback

Quelle: german.china.org.cn

Schlagworte: Macron, China, Besuch, EU, Xi Jinping