Nach Reform- und Öffnungspolitik: Chinesen sind zu begeisterten Reisenden geworden

14.06.2018

Die Insel Islay in Schottland hat Ende Mai sehr viele Touristen aus China empfangen, trotz des Mangels an berühmten Museen, Luxus-Einkaufszentren oder historischen Gegenständen.

Yue Yong, Gründer einer Whisky-Akademie in Beijing, führte 12 seiner Schüler in einer Studienfahrt zum diesjährigen Islay Festival auf die Insel – und damit sie in das Aroma von schottischem Whisky eintauchen können.

„Die neue Generation von Chinesen hält Schritt mit ihren ausländischen Kollegen“, sagt Yue. „Diese Whisky-Studienreise spiegelt ihr Interesse an verschiedenen Kulturen wider.“

Yues Schüler sind Teil der größten und am schnellsten wachsenden Gruppe von kaufkräftigen Reisenden in der Welt.

Laut einer von der Welttourismusorganisation der Vereinten Nationen im April veröffentlichten Statistik gaben chinesische Reisende im Jahr 2017 insgesamt 258 Milliarden US-Dollar (220 Milliarden Euro) im Ausland aus und verließen das Land mehr als 142 Millionen Mal mit einem internationalen Flug.

Sie haben nicht nur viel Geld ausgegeben, sondern dies auch auf viele verschiedene Arten getan.

Chinesische Reisende sind mehr an Nischen-Tourismusmärkten interessiert, wie Whisky-Verkostungen und Jagdtouren im Morgengrauen, Kurzzeit-Studienreisen, Freiwilligencamps in Übersee und Outdoor-Abenteuer, als an vielen anderen traditionellen Alternativen.

Doch vor nur vier Jahrzehnten reisten nur wenige chinesische Bürger ins Ausland.

Als die chinesische Reform- und Öffnungspolitik Anfang der 1980er Jahre die Neugier vieler Chinesen auf die Welt weckte, brachen Reisebüros in der südlichen Provinz Guangdong das Eis.

Zu Beginn waren Familienbesuche der einzige Zweck für grenzüberschreitende Reisen.

„Nur Personen, die Verwandte in Hongkong hatten, konnten sich für Reisen bewerben“, erinnert sich Li Nianyang vom Reisebüro GZL Travel Service. Er organisierte einige der frühesten Touren nach Hongkong, als die Sonderverwaltungszone noch unter britischer Kontrolle war.

Die Touren hatten feste Termine, dauerten in der Regel eine Woche, und die Kosten mussten von den Hongkonger Verwandten bezahlt werden.

Liang Hong, damals 33, deren älterer Bruder in Hongkong lebte, schloss sich im Jahr 1984 einer Tour an. Sie kehrte mit einem Schulranzen für ihre 6-jährige Tochter zurück. Es war das erste Souvenir der Familie von einer Auslandsreise.

„Was mich am meisten beeindruckte, war die U-Bahn“, erinnert sich Liang. „Die Leute haben nur ihre Chipkarten gewischt und sind in die Züge eingestiegen. Die Technologie war jenseits meiner Vorstellungskraft.“

Liangs Heimatstadt Guangzhou hatte bis 1997 keine U-Bahn-Linie. Jetzt hat die Stadt eines der geschäftigsten U-Bahnsysteme der Welt, wo Passagiere einen QR-Code scannen können, um ihre Züge zu nehmen. Die Tourismusindustrie des Landes floriert seit Jahren, und Liang war in mehr als 30 Ländern und Regionen auf der ganzen Welt.

Liang sieht sich statt einer Konsumentin als „Studentin auf Reisen“, die so viel wie möglich von der Welt sehen möchte. Zusammen mit drei Freundinnen feierte sie das neue Jahr in Peru.

Diese vier Großmütter, mit einem Durchschnittsalter von 69 Jahren, sprechen weder Englisch noch Spanisch, aber sie schafften es in 35 Tagen in die Vereinigten Staaten, Peru, Argentinien und Chile zu reisen und erreichten sogar Ushuaia, die südlichste Stadt der Welt.

Zwei Monate nach der Reise besuchte Liang mit ihrem Ehemann Indien und plant, später in diesem Jahr Israel und Jordanien zu bereisen.

Günstige Visa-Richtlinien, Online-Buchungsservice und mobile Bezahlung haben chinesischen Reisenden wie Liang ermöglicht, andere Kulturen frei und leicht zu erkunden. Reisen ist für einige Chinesen wirklich zu einer Lebensart geworden.
„Die Reform- und Öffnungspolitik hat das Leben der Chinesen drastisch verändert“, sagt Yue, Gründer der Beijing Whisky Academy. „Chinesische Touristen haben verschiedene Kulturen angenommen und tragen zudem zur Globalisierung auf der Straße bei.“


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Quelle: german.china.org.cn

Schlagworte: Reform, Öffnung, Chinesen, Reisen