Reform und Öffnung

Vierzig Jahre: Ein neuer Ausgangspunkt und eine neue Reise Exklusiv

12.07.2018

Von Wang Xiaohui, Chefredakteur von China.org.cn

Wie das Tauen eines Gletschers; wie das Keimen eines Sämlings - Im Jahr 1978 war die zehn Jahre andauernde Kulturrevolution gerade zu ihrem Ende gekommen, als die angesammelte transformative Energie der chinesischen Gesellschaft begann, sich einem Frühjahrshochwasser gleich Bahn zu brechen. Den Zeitgeist erwidernd, aufgeladen mit den Erwartungen der Menschen brach die Reform- und Öffnungspolitik über China herein. Sie löste die Fesseln des alten Denkens, wusch die Hindernisse des alten Systems hinweg und eröffnete China einen neuen Weg der Entwicklung, der Öffnung und des Wiedererstarkens.



Ein kleiner Händler und 18 Dorfhaushalte

 

In großen Zeiten können auch kleine Leute in den Vordergrund der Geschichte rücken. Nian Guangjiu, ein kleiner Händler aus Wuhu in der Provinz Anhui, verdiente seinen Lebensunterhalt mit gerösteten Kürbiskernen. Seine Kürbiskerne waren immer reichlich, von guter Qualität und er machte kaum Gewinn damit, weshalb man ihm den Spitznamen "Dummkopf" gegeben hatte. Durch Fleiß und Ehrlichkeit konnte Nian Guangjiu seinen kleinen Handel immer weiter ausweiten. 1979 ließ er sich "Dummkopf Kürbiskerne" als Markenzeichen eintragen und aus seinem kleinen Arbeitsraum wurde langsam eine Fabrik mit fast 100 Angestellten. Die Marke war äußerst populär und brachte frischen Wind in die damalige Gesellschaft. Damals galt das Einstellen von Arbeitern allerdings als "Ausbeutung". Nian Guangjiu musste sich einer Untersuchung stellen und kam ins Gefängnis. Doch glücklicherweise verband sich das Schicksal des kleinen Mannes mit der Strömung einer großen Zeit und auf dramatische Weise kreuzten seine Wege die eines großen Mannes. Dreimal erwähnte Deng Xiaoping in seinen Reden die "Dummkopf Kürbiskerne" und löste nicht nur das Problem, dass Privatpersonen keine Arbeiter einstellen durften, sondern veränderte auch Nian Guangjius Schicksal für immer. Im Jahr 2008 wurde er als eine wichtige Persönlichkeit in 30 Jahren Reform und Öffnung ausgezeichnet.

 

Fast gleichzeitig erweckte ein Vertrag zur Landverteilung der Einwohner des Dorfes Xiaogang in Anhui die Aufmerksamkeit von Partei und Regierung. Vor 40 Jahren war Xiaogang eine Produktionsgemeinschaft, die von Dürren geplagt war und deren Einwohner größtenteils von Almosen leben mussten. Am 24. November 1978 unterzeichneten die 18 Haushalte des Dorfes einen Vertrag zur Landverteilung. Die Verteilung von Land an Privathaushalte war damals gesetzeswidrig, weshalb die Dorfbewohner ihren "Vertrag über Leben und Tod" im Geheimen schlossen und mit blutroten Handabdrücken besiegelten. Sie versprachen das Land aufzuteilen und jeder Haushalt verpflichtete sich die jährlichen Getreideabgaben an den Staat einzuhalten und dem Staat gegenüber nicht länger die Hand auszustrecken. Falls die Dorfkader dafür ins Gefängnis kämen oder hingerichtet würden, würden die übrigen Haushalte deren Kinder bis zum 18. Lebensjahr versorgen. Nach einem Jahr hatte Xiaogang die Armutsgrenze hinter sich gelassen, die Dorfbewohner mussten nicht mehr Hungern und andernorts um Almosen bitten. In der Anfangsphase der Reform- und Öffnungspolitik nannte Deng Xiaoping mehrfach das Beispiel der Landverteilung in Xiaogang. Der in einfachster Sprache verfasste, von Rechtschreibfehlern durchsetzte "Vertrag über Leben und Tod" wurde zu einem wertvollen Schriftzeugnis der Reform auf dem Land.

 

Nian Guangjiu und die Einwohner Xiaogang verfolgten damals ganz grundlegende, reelle Ziele: Einen vollen Bauch und ein lebenswertes Leben. Sie dachten nicht daran, dass diese bescheidenen Ziele stellvertretend für das Streben der Volksmassen nach einem guten Leben standen und mit der Richtung übereinstimmten, in welche die Parteigenossen fleißig arbeiteten. Das Schicksal machte sie zu Trendsettern und auch diese einfachen Arbeiter sind in die Annalen der Geschichte eingegangen.


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Quelle: german.china.org.cn

Schlagworte: Reform und Öffnung, vierzig Jahre