China-USA-Europa

Wohin geht die Dreiecksbeziehung, nachdem die USA den Handelskrieg erklärt haben? Exklusiv

30.07.2018

von Zhang Chao, Beijing

 

Seit einiger Zeit schlägt US-Präsident Donald Trump immer wieder mit der Zollkeule um sich und bedroht so den freien Handel und die internationalen Regeln. Der amerikanische Weg des Unilateralismus und Protektionismus stößt bei der Internationalen Gemeinschaft, inklusive China und der EU, auf scharfe Kritik. Vor diesem komplexen internationalen Hintergrund besuchte Premierminister Li Keqiang am 09.07.2018 Deutschland, um an den 5. Deutsch-Chinesischen Regierungskonsultationen teilzunehmen. Dabei unterzeichneten die beiden Seiten Handelsabkommen über einen Gesamtwert von fast 30 Milliarden US-Dollar. Am 16.07 fand der 20. EU-China Gipfel in Beijing statt. Beide Seiten legten Entwürfe für das EU-China Investitionsabkommen vor und erreichten so eine neue Phase in den Verhandlungen um dieses. Am 25.7. trafen Trump und EU-Kommissionspräsident Juncker ein Abkommen, um die Spannungen im Handel der EU und den USA zu lindern. Die Europäische Union stimmte zu, mehr amerikanische Produkte einzuführen und die Industriezölle zu senken. Die enge Interaktion zwischen den drei Seiten innerhalb einer so kurzen Zeitspanne hat weltweit Aufmerksamkeit erregt.

 

Die amerikanische Zollkeule

Seit der Geschäftsmann Trump im Amt ist, hat dieser eine Strategie eingeschlagen, die sich deutlich von der seines Vorgängers Obama unterscheidet. Die Regeln des Welthandels und die multilateralen Handelsmechanismen straft er mit Verachtung. Trump ist der Ansicht, die bestehenden Mechanismen seien nicht in der Lage, die amerikanischen Interessen effektiv zu schützen. Die USA seien der Verlierer im Handel mit China und der Europäischen Union; eine Situation, die er zu ändern gedenkt. Seine Unzufriedenheit gegenüber der EU zeigt er ganz unverblümt und bezeichnet die Handelsbeziehungen als "ungesund" und "unfair". Am 1.6. schritt die Trump-Regierung zur Tat. Sie beschloss auf Stahlimporte aus Europa 25% und auf Aluminiumimporte 10% Zoll zu erheben. Auch gegenüber China wurden die USA einseitig aktiv. Ohne Chinas gute Absicht, den Handelsstreit durch Gespräche beizulegen, zu beachten, beschlossen die USA am 7.6. einen Zoll von 25% auf chinesische Waren im Wert von 34 Milliarden US-Dollar zu erheben und die Erhebung weiterer Zölle im Wert von 16 Milliarden US-Dollar zu prüfen. Wenige Tage später gaben die USA zusätzlich bekannt, auf chinesische Waren im Wert von 200 Milliarden US-Dollar weitere 10% Zoll zu erheben.

Gegenüber der einseitigen Entscheidung der USA, die Zölle auf Stahl und Aluminium zu erhöhen, hat die Europäische Union am 1.6. Beschwerde bei der Welthandelsorganisation eingelegt und ab dem 22.6. ihrerseits Zölle auf amerikanische Produkte erhoben, deren Wert sich auf etwa 3,2 Milliarden US-Dollar beläuft. Am 25.7. sind die EU und die USA zu einer Übereinkunft gekommen. Die Europäische Union hat zugesagt, die Industriezölle zu senken und aus den USA mehr Sojabohnen und nach Möglichkeit mehr Flüssiggas einzuführen. China hingegen hat gegenüber den USA entschlossene Gegenmaßnahmen ergriffen. Noch an dem Tag, an dem die USA einseitig die Zölle anhoben, hat China in gleichem Maßstab Gegenzölle erhoben, die vor allem Agrarprodukte, Kraftfahrzeuge sowie Fischereierzeugnisse betreffen. Gegenüber den erneuten Drohungen der USA hat China ebenfalls bekanntgegeben, die chinesischen Interessen weiter entschlossen zu verteidigen.

Die Absicht hinter der Erhöhung der Zölle durch die USA ist es, die Interessen Chinas und Europas zu opfern, um Trumps Slogans "America first" und "make America great again" zu realisieren. Neben dem Handel hat Trump sich auch mehrfach über die Europäischen NATO-Partner beschwert, die kein ausreichendes "Schutzgeld" gezahlt hätten, wobei sich die härteste Kritik gegen Deutschland richtete. Für die Europäische Union und Deutschland ist der ehemalige Bündnispartner nicht nur zu einem Rivalen im Handel geworden, sondern er könnte sogar zu einer Bedrohung für die Sicherheit werden. Die deutsche Bundeskanzlerin Merkel erkannte folgerichtig, dass die Zeit, als Europa und Amerika einander vollständig vertrauen konnten, zu einem gewissen Grad vorüber sei und, dass die Europäer ihr Schicksal in die eigenen Hände nehmen müssten. Was die Beziehungen zwischen China und den USA angeht, gab es zwar immer wieder dieses oder jenes Problem, die Handelsbeziehungen befanden sich jedoch stets auf einem recht positiven Entwicklungsweg und wurden als ein Ankerstein der chinesisch-amerikanischen Beziehungen gesehen. Jetzt allerdings hat die Trump-Regierung Handelsstreitigkeiten mit China angefangen und den Druck sukzessive erhöht, wodurch bereits ein ernsthafter Schaden an der Stabilität der chinesisch-amerikanischen Beziehungen entstanden ist. Die Stabilisierende Wirkung der Handelsbeziehungen ist verloren gegangen. Trumps "Sturheit" sorgt nicht nur für Unsicherheit in den weltweiten Handelsbeziehungen, sie hat auch deutliche Veränderungen in der Dreiecksbeziehung zwischen China, den USA und Europa verursacht.


Enge Kooperation zwischen China und Europa

China und die Europäische Union gehören beide zu den drei größten Volkswirtschaften der Welt und spielen eine wichtige Rolle im Welthandel. In den letzten Jahren haben sich die bilateralen Beziehungen zwischen China und Europa kontinuierlich weiterentwickelt. Im Jahr 2017 erreichte das Handelsvolumen zwischen China und Europa mit 616,9 Milliarden US-Dollar einen historischen Höchstwert. Europa ist schon seit 14 Jahren der größte Handelspartner Chinas, während China seit 13 Jahren der zweigrößte Handelspartner der Europäischen Union ist. Gleichzeitig nehmen auch die gegenseitigen Investitionen zu. Bis März 2018 beliefen sich die Investitionen der Europäischen Union in China auf insgesamt 121,0 Milliarden US-Dollar, während die chinesischen Investitionen in der EU sich auf 80,6 Milliarden US-Dollar beliefen. Als größte Volkswirtschaft in der EU ist Deutschland ein besonders wichtiger Handelspartner innerhalb der chinesisch-europäischen Handelsbeziehungen. Im Jahr 2017 erreichte das chinesisch-deutsche Handelsvolumen 168,1 US-Dollar. Damit nahm es fast 30% des Gesamtvolumens zwischen China und der EU ein und entsprach der Summe der Handelsvolumina zwischen China und Großbritannien, Frankreich sowie Italien.

In einer Situation, in der die USA die Regeln des multilateralen Handels missachten und die Zölle anheben wollen, sind die EU und China zu wichtigen Kräften bei der Aufrechterhaltung der weltweiten Handelsordnung geworden. Das liegt nicht allein daran, dass beide Schwergewichte in Wirtschaft und Handel sind, sondern liegt auch an den von China und der EU gemeinsam vertretenen Prinzipien des freien Handels und der Ablehnung gegenüber dem Handelsprotektionismus. Im diesjährigen Mai brachte Staatspräsident Xi Jinping bei seinem Treffen mit Bundeskanzlerin Merkel zum Ausdruck, dass China die Absicht habe, gemeinsam mit Europa am Multilateralismus festzuhalten und der Internationalen Gemeinschaft ein klares, berechenbares und das Vertrauen stärkendes Signal zu senden, damit die internationale Lage sich in eine stabile und für alle nützliche Richtung entwickelt. Darüber hinaus sagte Angela Merkel bei den Regierungskonsultationen im Juli, man hoffe, dass weder China noch Deutschland in den weltweiten Strudel des Protektionismus gerissen würden und, dass man dies klar und laut zum Ausdruck bringen müsse. In der gemeinsamen Erklärung zum 20. EU-China Gipfel bestätigten China und die Europäische Union erneut, dass beide Seiten mit aller Kraft eine offene Weltwirtschaft schaffen und Handelsinvestitionen freier und einfacher gestalten sowie dem Protektionismus und Unilateralismus widerstehen wollen.

Es ist zu beachten, dass die chinesischen Behörden in den letzten Monaten wiederholt die Öffnung ausgeweitet und Zölle gesenkt haben. Sie haben die Restriktionen der Aktienquote für ausländische Investoren in den Bereichen Elektroautos sowie Bank- und Finanzmanagement aufgehoben und in großem Umfang die Einfuhrzölle für Fahrzeugteile und alltägliche Konsumgüter gesenkt. Zudem wurden die Negativlisten für das Jahr 2018 zum landesweiten Marktzugang und zu experimentellen Freihandelszonen veröffentlicht. Diese Aktionen zeigen nicht nur deutlich Chinas starken Willen, die Öffnung weiter auszuweiten, sondern schaffen auch neue Möglichkeiten für Unternehmen aus aller Welt, darunter auch aus der Europäischen Union. Es ist genau so, wie Li Keqiang bei den deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen sagte: "Unser Tor ist geöffnet und es wird sich nicht nur nicht schließen, sondern sogar noch weiter öffnen". Zwar ist nach Ansicht mancher Europäer der Öffnungsgrad der chinesischen Wirtschaft immer noch zu gering und sie hegen die Illusion, aus den Konflikten zwischen China und den USA Profit schlagen zu können, doch ein solches Denken ist in der heutigen Zeit der Globalisierung und der gegenseitigen Abhängigkeit hoffnungslos veraltet. China ist eine wichtige Antriebsquelle des weltweiten Wirtschaftswachstums. Wenn die chinesische Wirtschaft und die chinesischen Handelsinteressen Schaden nehmen, dann wird Europa auch kaum verschont bleiben.


Die Zukunft der Dreiecksbeziehung

Aktuell sind die Wirtschaft- und Handelsbeziehungen zwischen China, den USA und der EU komplex und mit verschiedenen Interessen und Forderungen aller drei Seiten verknüpft. Für China und die Europäische Union sind die Grundinteressen die gleichen: Beide wollen eine Offene Weltwirtschaft und Investitionen freier und einfacher gestalten sowie dem Protektionismus und Unilateralismus wiederstehen, damit sich die Globalisierung in eine offene, ausgeglichene, tolerante und für alle nutzbringende Richtung entwickelt. Die einseitigen protektionistischen Bestrebungen der Trump-Regierung sind nicht nur eine Herausforderung gegenüber dem Zeitgeist der Globalisierung, sondern stellen vor allem auch einen Schaden für die gemeinsamen Grundinteressen Chinas und der EU dar.


Das erste Abkommen, dass die Europäische Union und die USA erreichen konnten, wird in bestimmtem Maße die Spannungen in den Handelsbeziehungen zwischen beiden Seiten lindern. Aber trotzdem kann deshalb unter die Meinungsverschiedenheiten noch lange kein Schlussstrich gezogen werden. In der überaus wichtigen Frage der Automobilzölle konnte bei diesem Spitzentreffen keine Einigung erzielt werden. Darüber hinaus bestehen noch etliche Widersprüche in der Frage nach den Verteidigungsausgaben der NATO-Mitglieder. Noch wichtiger ist aber, dass, selbst wenn die EU durch Nachgeben eine zeitweise Verbesserung der Beziehungen erkaufen kann, langfristig die Frage offenbleibt, ob Trump weitere Forderungen stellt und, wie großen Spielraum die EU zum Nachgeben hat. China als Motor der Globalisierung hingegen hat bei der Reform im Inneren und der Öffnung nach außen bereits signifikante Erfolge zu verbuchen. Die Weiterführung der Reform- und Öffnungspolitik ist eine rationale Entscheidung, die dem Zeitgeist entspricht. Die Dreiecksbeziehung zwischen China, den USA und der EU erlebt gerade große Veränderungen und möglicherweise warten noch weitere Unwägbarkeiten. Zu diesem Zeitpunkt ist für China das Wichtigste, weiterhin den eigenen Rhythmus beizubehalten, Reform und Öffnung auszuweiten und seine eigenen Fähigkeiten zu verbessern. Nur so kann effektiv den Herausforderungen von außen entgegengetreten werden.


Zhang Chao, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Europastudien der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften

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Quelle: german.china.org.cn

Schlagworte: China, USA, EU, Li Keqiang