Chinas oberstes Gericht klärt Notwehrrecht

19.09.2018

Chinas Oberster Gerichtshof hat eine Entscheidung zum Notwehrrecht angekündigt. Dabei geht es um den Unterschied zwischen erlaubter Selbstverteidigung und unerlaubtem Notwehrexzess. Widersprüchliche Urteile aus der Vergangenheit machen eine Klarstellung notwendig.

Das oberste Gericht Chinas hat am Dienstag eine Entscheidung zur Anwendung des Notwehrrechts angekündigt. Im Mittelpunkt steht die Frage, wann eine Verteidigungshandlung legal ist, und wann sie als Notwehrexzess eingestuft wird. Zudem soll auch das Strafmaß präzisiert werden. Dadurch soll nach kontroversen Gerichtsentscheidungen der jüngeren Vergangenheit der Rechtsfrieden gewahrt bleiben.

„Die Rechtsinterpretation schützt die Interessen von Guten Samaritern und ermutigt die Menschen, sich gegenseitig zu helfen“, sagte Jiang Qingbo, der Leiter des obersten Forschungsbüros beim Gericht. Die Interpretation wurde in den Plan des Gerichts zur Umsetzung der sozialistischen Grundwerte in den nächsten fünf Jahren aufgenommen. Die höchste Justizbehörde gab jedoch nicht bekannt, wann die Entscheidung ausgefertigt wird.

Wang Wanqiong, Strafrechtsanwältin aus der Provinz Sichuan, kann die Veröffentlichung der Interpretation kaum erwarten. Einer ihrer Fälle warf die Frage auf, wie Selbstverteidigung definiert werden soll. Ihr Mandant wurde wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer neunjährigen Freiheitsstrafe verurteilt, weil er im vergangenen Jahr einen Mann in einer Bar mit Bierflasche auf den Kopf geschlagen und getötet hatte.

„Der Angeklagte wurde zuerst angegriffen. Er rief mehrmals den Krankenwagen, nachdem er festgestellt hatte, dass er den betrunkenen Angreifer schwer verletzt hatte“, sagte Wang. Siewundert sich, warum seine Aktion nicht als berechtigte Selbstverteidigung angesehen werden sollte. Vergangenen Monat hatten die Justizbehörden in Kunshan, Provinz Jiangsu, in einem ähnlichen Fall auf Notwehr erkannt.

Damals tötete ein E-Bike-Fahrer einen Mann, der ihn zuvor angegriffen hatte. Die Behörden kamen zu dem Ergebnis, dass es sich um rechtmäßige Notwehr gehandelt hat.

„Wenn die Behörden in ähnlich gelagerten Fällen zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, müssen die Gerichte festlegen, was Notwehr ist, und welche Handlungen als Notwehrexzess zu werten sind“, sagte die Anwältin. Die Antwort auf diese Frage sei nicht einfach.

Ruan Chuansheng, ein Professor für Strafrecht am Shanghaier Verwaltungsinstitut, sagte, es sei absolut notwendig, dass das Gericht die Angelegenheit klarstellt. Nur so könne die Gerechtigkeit in der Gesellschaft gewahrt bleiben. „Bürger werden bereit sein, sich bei einem Angriff entschiedener zu verteidigen und zudem dazu ermutigt, anderen in Notsituationen zu helfen, sobald die Interpretation veröffentlicht wird“, sagte er.


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Quelle: german.china.org.cn

Schlagworte: Notwehrrecht,Selbstverteidigung,oberstes Gericht