Der Griff nach den Sternen beginnt am Boden

Das Team hinter der Mondmission von Chang'e-4 Exklusiv

03.02.2019

Die Leiterin des Sondenprojekts Chang'e-4, Zhang He, im Interview (Foto: Wei Yao)


3.26 Uhr MEZ am 3. Januar: Die Sonde Chang'e-4 landet selbstständig im Von-Kármán-Krater im Südpolar-Aitken-Becken auf der Rückseite des Mondes und markiert damit die erste weiche Landung der Menschheit auf der Rückseite des Mondes. Damit macht sie gleichzeitig China zur weltweit ersten Nation, die eine weiche Landung auf der Mondrückseite durchführen konnte. Nach Chang'es neuntägigem Flug erkundet der Jadehase (der Mondrover Yutu 2) die eisigen Weiten. Dieser Moment erweckte nicht nur die Begeisterung und den Stolz eines jeden Chinesen, er war auch ein Meilenstein für den ewigen Traum der Menschheit, den Mond zu erkunden.


Doch wie kam dieser neue Eintrag in den Geschichtsbüchern der Raumfahrt zustande? Welche Bedeutung hat er für Wissenschaft und Technik? Und welche ungeahnten Geschichten stecken dahinter? Das Journalisten-Team von China.org.cn war zu Besuch bei der China Academy of Space Technology (CAST) und führte Interviews mit dem Chang'e-4-Team, darunter der Leiterin des Chang'e-4-Sondenprojektes, Zhang He, dem Hauptdesigner des Landers, Li Fei und der Stellvertretenden Hauptverantwortlichen für den Mondrover Jadehase 2, Wen Bo.


Die erste Landung auf der Mondrückseite ist von außerordentlicher Bedeutung


In dem Moment, in dem Chang'e-4 selbstständig auf der Rückseite des Mondes landete, schossen Journalisten der Agentur Xinhua im Kontrollzentrum in Beijing zwei Fotos. Auf diesen Aufnahmen war eine mit Freudentränen überströmte Ingenieurin zu sehen, diese Ingenieurin war Zhang He, die Leiterin des Sondenprojekts Chang'e-4. Die Projektleiterin rangiert von ihrer Position her zwischen dem Chefingenieur und dem Stellvertretenden Chefingenieur und ist für das Tagesgeschäft im Technischen Management zuständig. Der erste Eindruck, den Zhang He erweckt, ist der einer eleganten, erfahrenen und stets gutgelaunten Frau. Sie erklärt uns, dass das Monderkundungsprogramm im Jahr 2004 mit Chang'e-1 begonnen hat und inzwischen bereits 15 Jahre läuft. Allein mit dem Chang'e-4-Projekt waren mehr als 10.000 Menschen fast vier Jahre lang beschäftigt. "Die Sonde ist sehr reibungslos auf der Mondrückseite gelandet, das gesamte Projekt war ein Erfolg. Damals kam der Chefingenieur Ye Peijian zu mir und klopfte mir auf die Schulter. 'Danke, das war nicht einfach', sagte er. In den letzten vier Jahren hatten wir alle gemeinsam viele Schwierigkeiten überwunden, die Emotionen haben mich überwältigt und deshalb bin ich damals in Tränen ausgebrochen." Als sich Zhang He an die Situation erinnert, in der diese Aufnahmen entstanden, kann sie die Aufregung in ihrer Stimme immer noch kaum verbergen.


Seit 1958 bis heute gab es mehr als 110 Mondmissionen, aber nicht einmal 20 Mondlandungen. Außerdem fanden bisher alle Landungen auf der Vorderseite des Mondes statt. Warum war es das erste Mal, dass eine Sonde auf der Rückseite landet? Zhang He erklärt, dass vor allem die technischen Anforderungen an eine Landung auf der Rückseite bisher zu hoch waren.


Zunächst sei da das Problem der Datenübertragung. Da die Mondrückseite der Erde abgewandt ist, muss ein Relais verwendet werden, das heißt, das Signal von Sonde und Lander muss über einen Satelliten im Orbit an die Erde weitergeleitet werden. Das ist eine große technologische Herausforderung. Bei der Chang'e-4-Mission wurde ein Relaissatellit mit dem Namen "Elsternbrücke" verwendet, über den erst eine erfolgreiche Datenübertragung möglich war. Darüber hinaus ist die Mondrückseite zerklüftet. Sie besteht fast nur aus Kratern, die große Schwierigkeiten bei der Landung verursachen. Die frühe Landetechnologie der USA und der Sowjetunion basierte auf "Blindflug", das heißt, der Lander landete im Sturzflug gerade dort, wo er eben aufkam. Auf der Mondvorderseite ist das noch machbar, aber die Rückseite verfügt über zu viele Krater, ist zu zerklüftet. Bei einer blinden Landung könnte die Sonde umkippen oder sogar zerstört werden. Deshalb kam dieses Mal eine intelligente Methode zum Einsatz, die auf "Hindernisvermeidung" setzt. Ab einem bestimmten Abstand von der Oberfläche der Mondrückseite konnte der Lander selbstständig die Oberfläche scannen, die eigene Horizontalbewegung steuern und die Sinkgeschwindigkeit sowie den Landeort modifizieren. Wie ein Parkourläufer konnte die Sonde so alle Hindernisse umtänzeln und elegant auf der Oberfläche aufsetzen.


Die Bedeutung und der Wert dieser Anstrengungen sind außerordentlich. Zhang He erzählt, dass die Mondrückseite mehrere hundert Millionen Jahre älter sei, als die Vorderseite. Die Bodenbeschaffenheit und Topographie der Mondrückseite zu untersuchen, sei von großer Bedeutung für die Erforschung der Entstehung und Entwicklung des Mondes. Darüber hinaus ist die Rückseite des Mondes geschützt vor Strahlungsinterferenzen von der Erde. Deshalb ist sie der ideale Ort für niederfrequente Radioteleskope.


Welche Geheimnisse können wir dem Mond also entlocken? Zhang He sagt dazu: "Derzeit sind wir dabei alle Arten von Daten zu sichten und zu sammeln. Die Wissenschaftler werden durch umfangreiche KI-gestützte Berechnungen und Schätzungen zu einem Ergebnis kommen, dass die Neugier der Menschheit gegenüber dem Kosmos befriedigen wird".

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Quelle: german.china.org.cn

Schlagworte: Chang'e-4,Rückseite,Mond,Landung