Chinesen essen chinesisch

US-Studie vergleicht Gastronomie in verschiedenen Ländern Exklusiv

26.07.2019


Von Oliver Neschke, Beijing


Für viele Touristen ist bei einer Reise in ein fremdes Land eine der wichtigsten Erfahrungen, die dortigen lokalen Speisen zu probieren. Dies gestaltet sich allerdings zunehmend schwieriger, wie eine neue Studie zeigt. China bildet aber noch eine Ausnahme in diesem Trend.


In Italien isst man Pizza, in England Fish & Chips, in Spanien Tapas, in Deutschland Bratwurst und in den USA Hamburger – so lauten die klischeehaften Vorstellungen vieler Touristen, bevor sie das jeweilige Land besuchen.

Und tatsächlich war es noch vor wenigen Jahren so, dass man auf einer Reise in ein fremdes Land kaum daran vorbeikam, sich aus der dortigen lokalen Küche zu ernähren. Vor der Hochphase der Globalisierung bildeten ausländische Speisen noch die Ausnahme, etwas, das es nur zu besonderen Anlässen gab, und für das man etwas tiefer in die Tasche greifen musste. Mit der zunehmenden Vernetzung der Welt und dem weltweiten Austausch von Waren und Dienstleistungen wurde jedoch auch das Angebot fremder Speisen immer größer und besser verfügbar.

 

Fremdes im Fremden


Eine neue Studie von Joel Waldfogel von der Carlson School of Management der Universität Minnesota  mit dem Titel „Dining out as Cultural Trade“, die im Juni veröffentlicht wurde, bestätigt nun genau dies. Waldfogel untersuchte insgesamt 17 Länder aus Europa, Nord- und Südamerika und Asien und stützte sich dabei auf Daten der Reise-Websites Tripadvisor und Euromonitor. Zum einen ging er der Frage nach, wie viel Prozent die heimische Küche in einem Land ausmacht, und zum anderen, wie stark die jeweilige nationale Küche ins Ausland exportiert wird.


Die Ergebnisse sind eindeutig: Im Zuge der Globalisierung sind die heimischen Küchen in vielen Ländern immer mehr verschwunden. In Deutschland ist dies am extremsten unter den 17 Ländern. Mittlerweile führen nur noch 35,5 Prozent aller Gastronomie-Anbieter traditionell deutsche Gerichte auf der Speisekarte. Wenn man den Fast-Food-Sektor nicht einbezieht, sind es sogar lediglich 34,2 Prozent. Unter den ausländischen Küchen in Deutschland dominieren vor allem die US-amerikanische (z.B. McDonalds oder Burger King) mit 13,8 Prozent und die italienische Küche (11,9 Prozent). Chinesische Speisen machen fast 4 Prozent aus. Ohne den Fast-Food-Sektor sinkt der amerikanische Anteil stark auf knapp über 2 Prozent und Chinas Anteil erhöht sich auf 5 Prozent.

 

Ausnahmen bestätigen die Regel


Erfreut sich weiterhin großer Beliebtheit in China: Hotpot (Foto von Xinhua)


In China ist die Situation vollkommen anders. Hier macht die heimische Küche noch 70,8 Prozent des Speiseangebots (inklusive Fast-Food) aus. Damit belegt das Land den dritten Platz hinter Italien (77,3 Prozent) und der Türkei (73,4 Prozent). Die Studie untersuchte für die meisten Länder 60 Städte, für große Länder wie China allerdings 160 Städte. Während auch in chinesischen Großstädten wie Beijing, Shanghai oder Hangzhou das Angebot ausländischer Speisen immer schneller wächst, hält sich dieser Trend vor allem im mittleren und westlichen Teil des Landes noch stark in Grenzen. Eine genaue detaillierte Analyse der Lage in den einzelnen Städten bietet die Studie leider nicht.


Der hohe Anteil der heimischen Küche in China kann aber nicht als allgemeiner Trend in der ostasiatischen Region gesehen werden. Zwar folgt Japan mit 70,6 Prozent ganz knapp auf Rang vier, Südkorea findet sich mit 48,5 Prozent jedoch nur auf Platz 12 wieder. Vor allem in dieser Region erreicht China sehr gute Ergebnisse hinsichtlich des Exports seiner Speisen. In Südkorea machen chinesische Gerichte aktuell fast 15 Prozent des Gastronomie-Marktes (exklusive Fast-Food) aus, in Japan sind es 11,5 Prozent und in Indien sogar 23,5 Prozent.  Dies ist der höchste Wert in der gesamten Studie, den ein Land in einem anderen Land erreicht. Nimmt man den Fast-Food-Bereich noch dazu, steigt der Wert sogar auf 25,6 Prozent. In anderen Worten: China stellt also fast ein Viertel der Gerichte in Indien!

 

Flexibler Appetit ist gefragt


Die Studie ist ein interessanter Einblick in die aktuellen Vorlieben der Menschen in ausgewählten Ländern und liefert dabei einige Überraschungen. Während die italienische Küche schon vorher allgemein weltweit  als sehr beliebt galt, sind vor allem die hohen Exportwerte der chinesischen und die niedrigen heimischen Werte der deutschen Küche auffallend. Hinsichtlich der US-amerikanischen Küche wird offensichtlich, dass diese primär im Fast-Food-Sektor dominiert, in anderen Bereichen jedoch weltweit nicht sehr nachgefragt ist. Mit Hinblick auf Indien lässt sich mit etwas Humor zusammenfassen: Wer seinen nächsten Trip nach Mumbai oder Neu Delhi plant, sollte vorher sicherstellen, dass er chinesisches Essen mag!

Diesen Artikel DruckenMerkenSendenFeedback

Quelle: german.china.org.cn

Schlagworte: Studie,Gastronomie,chinesisch,Deutschland