Ye Lianping ist ein pensionierter Lehrer aus der ostchinesischen Provinz Anhui. Die Lehrer in China verbringen nun ihre Sommerferien. Doch für den 92-jährigen Senior ist es die geschäftigste Zeit des Jahres: Drei Stunden Unterricht am Vormittag und zwei Stunden am Nachmittag. Dazu kommen noch das Kopieren der Lernmaterialien, Korrigieren der Hausaufgaben und Unterrichtsvorbereitung. Eine randvolle Tagesordnung.

Ye Lianping gibt Englischunterricht im „Heim der zurückgelassenen Minderjährigen“. (Foto von Liu Junxi, Xinhua)

Das Dorf Bu’Chen Cun, in dem Ye wohnte, befindet sich im Mittelosten der Gemeinde Wujiang. Die meisten jungen Leute aus dem abgelegenen Dorf arbeiten gegenwärtig in den städtischen Gebieten. Ihre Eltern und Kinder sind daheim geblieben. Doch die älteren Menschen sind oft nicht in der Lage, ihren Enkelinnen und Enkeln beim Lernen zu helfen. Im Jahr 2000 rief Herr Ye, der damals schon in den Ruhestand getreten war, das „Heim der zurückgelassenen minderjährigen“ ins Leben und bietet seither kostenlosen Nachhilfeunterricht für Englisch an.

Ye und seine Frau haben keine Kinder. Sie führen ein bescheidenes Leben in einem flachen Haus, das vor 30 Jahren gebaut wurde. Doch Ye versucht alles, um den Kindern zu helfen. Viele Schüler, deren Zuhause weit weg von der Ferienschule liegt, übernachten zum Beispiel bei ihm. Im Laufe der vergangenen 19 Jahre hat der alte Mann über 1000 Kindern Unterkunft geboten.

In der letzten Zeit erhält Yes Kinderheim auch Unterstützung der lokalen Regierung und von Freiwilligen, die aus allen Landesteilen kommen. Ehrenurkunden und Banner hängen überall an der Wand. In einer davon wird Ye bezeichnet als „Kerzenlicht im Dorf, das nie ausgeht.“ Doch der 92-jährige sagte dazu: „Das ist ja ein Kompliment. Eine Kerze ist viel heller. Ich bin höchstens ein Glühwürmchen. Mir fehlt am meisten die Zeit, um den Kindern zu helfen. Ich muss also mit der Zeit wettlaufen“, so Ye.