Die große Angst vor Chinas Erfolg

24.03.2020

Nennen Sie mir bitte einen Menschen ohne Vorurteile. Mir fällt niemand ein. Bevor ich die USA bereist habe und dort die Freundlichkeit der Menschen erlebt habe, hatte ich sehr viele Vorurteile über dieses doch so schöne Land und seine zumeist sehr netten Leute. Ich habe natürlich immer noch Vorurteile, aber wesentlich weniger. Vielleicht ist es ein Vorurteil, dass ich das amerikanische Volk weit mehr schätze als seine Regierungen. Aber ich lasse mich gerne von US-Präsident Donald Trump überzeugen, dass er mehr drauf hat als Machtpolitik und "America first!". Er kann Taten für sich sprechen lassen.

Bevor ich anfing, in China zu arbeiten, kannte ich das Land schon durch einige Urlaubsreisen. Aber in einem Land zu leben und zu arbeiten, ist noch etwas ganz Anderes. Einige Menschen aus meinem Umfeld konnten meinen Schritt weder verstehen noch gutheißen. "Was, du gehst nach China?! Warum arbeitest du nicht in den USA oder Australien?", fragte mich zum Beispiel entgeistert ein befreundeter Arzt. Nun, die Antwort war ganz einfach: Ich wollte in China arbeiten.

Ich wollte in China arbeiten, weil ich das Land sehr interessant und spannend fand. Ich hatte mich oft gefragt, wie ein Land mit 1,4 Milliarden Menschen, das also über gut 17 Mal so viele Bürger wie Deutschland verfügt, es schafft, dass die Menschen so friedlich zusammenleben und sich überdies die Gesellschaft stetig weiterentwickelt. Und warum kann China Bahnstrecken und Flughäfen so schnell bauen, aber wir Deutschen nicht?

China bekämpft auch die Armut erfolgreich und es gibt dort immer mehr Menschen mit guten Einkommen, ganz gegen den globalen Trend. Während in China Milliarden Bäume gepflanzt und ganze Wüsten begrünt werden, wird woanders viel geredet. Das sind Fakten, die jeder selbst überprüfen kann. Natürlich muss auch in China noch viel mehr für den Umweltschutz getan werden. Die Luft in Beijing ist zwar viel besser, als ich es erwartet hätte, aber die Qualität ist noch weit von deutscher Landluft entfernt.

Was Chinesen vielleicht auszeichnet, sind, um es vereinfacht auszudrücken, die guten alten preußischen Tugenden, wie etwa Fleiß, Pünktlichkeit und Vertragstreue. Da in der Volksrepublik auch viel Raum für Individualität und Kreativität ist, kommen immer mehr Patente aus China. Wie alle inzwischen wissen, hat China auch auf die Epidemie mit Tausenden von Innovationen reagiert.

Viele Deutsche, Österreicher und Schweizer, aber auch Menschen aus anderen Ländern könnten hervorragend mit den pragmatischen und offenen Chinesen zusammenarbeiten. Einige tun es ja sogar bereits. Und in China arbeiten auch recht viele Ausländer und das wohl meistens mit viel Freude. Chinesen sind wie wir. Sie wissen vielleicht nur etwas besser, wann Zeit für Nebensächliches und Gelaber ist, und wann man sich zusammenreißen und hart arbeiten muss.

Ich denke, dass Regierungen immer dann besonders erfolgreich sind, wenn sie im Interesse ihres Volkes handeln. Und mit seinen globalen Großprojekten, wie der Seidenstraßen-Initiative zum Beispiel, ist China wahrscheinlich deshalb so erfolgreich, weil viele Länder davon wirklich profitieren. Natürlich hat China eigene Interessen und muss diese auch durchsetzen. Aber ich bin davon überzeugt, dass China nicht die Weltherrschaft anstrebt. Einige denken das ja. Chinesen sind definitiv dafür zu friedlich und zu kooperativ. Chinesen sind kein kriegerisches Volk. Sie, alle 1,4 Milliarden, würden aber jeden Angreifer zum Teufel jagen. Man braucht sich nur einmal ansehen, welche Länder die meisten Kriege führen und in die meisten Krisen verwickelt sind. Wenn es dazu eine Liste im Internet gibt, wird sich China darin irgendwo auf einem der letzten Plätze wiederfinden.

Wer China misstraut, sollte einen Urlaub in China planen, Reisen bildet. Mit Chinesen oder Ausländern, die in China leben, zu sprechen, erweitert auch den Horizont. Misstrauen ist ja nicht verkehrt, aber Misstrauen ohne die Bereitschaft, etwas dazuzulernen und gegebenenfalls seinen Standpunkt zu ändern, ist gefährlich und schadet einem selbst letztlich am meisten.

Bücher von Chinesen oder Ausländern über China zu lesen, ist ebenso hilfreich. Sich vielseitig und vor allem entgegen der eigenen Vorurteile zu informieren, kann sogar die Völkerverständigung fördern, wenn das nur genügend Menschen tun. Wer etwas nicht anhört, weil es von Jemandem aus der falschen Gesellschaftsschicht, aus der falschen Partei oder eben dem falschen Land stammt, schränkt seinen Horizont ohne Not ein.

Wenn man etwas Neues lernen will, holt man sich am besten Rat bei denen, die das schon sehr gut beherrschen und wissen, wie man es sich aneignet. China ist sehr weit bei der Bewältigung dieser Gesundheitskrise und hat sogar schon viele seiner Erkenntnisse verständlich und in vielen verschiedenen Sprachen zusammengefasst. Italien hat klug gehandelt und China um Hilfe gebeten. Das europäische Land hat davon profitiert und die Italiener sind sehr dankbar. Sie werden sich an die Herzlichkeit der Chinesen auch sicherlich noch lange nach der Krise erinnern. Wenn nun in Deutschland schnell Kliniken für COVID-19-Kranke errichtet werden sollen, wäre es doch das Klügste, die chinesischen Experten zu fragen, die binnen Tagen funktionsfähige Modulkrankenhäuser errichtet haben. Vielleicht ist das schon geschehen oder passiert noch. Stephan Pusch (CDU), Landrat des von der Epidemie sehr stark betroffenen NRW-Kreis Heinsberg, hat gestern China um Schutzmaterialien und fachlichen Rat gebeten. Dies tat er in einem offenen Brief an den chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping. Pusch verurteilt in dem Schreiben auch Schuldzuweisungen, wie die durch US-Präsident Donald Trump.

Vor Chinas Erfolg braucht Niemand Angst zu haben. Weitsichtige Unternehmer und Politiker nutzen Chinas Erfolg, indem sie sich an Chinas Projekten beteiligen, direkt in chinesische Unternehmen oder deren Aktien investieren oder selbst in China etwas aufbauen. Wer jetzt schnell das Potenzial von "Made in China" erkennt, kann nicht nur wirtschaftlich profitieren, sondern auch die internationale Gemeinschaft weiter stärken. Wer aber aus Angst oder Misstrauen, lieber abwartet, verpasst eine große Chance.


Text: Nils Bergemann


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Quelle: CRI

Schlagworte: China,Chinesen,Epidemie