Kommentar: Trump sieht Corona-Krise mit Augen des Immobilienentwicklers

03.07.2020


In einem Kommentar in der Washington Post begründete David von Drehle am 1. Juli das desaströse Krisenmanagement der US-Regierung mit der beruflichen Vergangenheit des Präsidenten. Denn zuallererst seien Immobilienentwickler Geschichtenerzähler. Egal wo sie ihre Immobilien hochziehen, für ihre potentiellen Käufer spinnen sie eine fabelhafte Geschichte von einladenden Häusern und Geschäften für die Erwachsenen, von Schulen und Spielplätzen für die Kinder, oder von dem Schwimmbad und Golfplatz um die Ecke. Auch in anderen Szenarien wie Wolkenkratzer oder Altenheime finden sie die richtigen Geschichten, die die Wohnobjekte schmackhaft machen.

 

Was brauchen sie dafür, fragt von Drehle, und gibt die Antwort selbst: In erster Linie bräuchten sie Menschen, die ihnen glauben. Dann brauchen sie Banken, die ihnen das nötige Geld geben, Regierungen, die die Genehmigungen erteilen und eventuell die Steuern senken. Natürlich bräuchten sie auch Mieter oder Käufer. Die wichtigste Zutat bleibe jedoch der Glaube. Die ersponnen Geschichten würden nur wahr, weil die Menschen daran glauben, dass sie wahr werden.

 

Wenn man also diese Perspektive einnimmt, die des kreativen Immobilienentwicklers, lasse sich Trumps aktuelle Reaktion auf das Coronavirus, die alle Welt fassungslos macht, ansatzweise verstehen.

 

Mittlerweile seien drei Monate vergangen, nachdem Trump verspätet den nationalen Notstand ausgerufen hat. Und obwohl das Land weiterhin täglich neue Rekordzahlen bei den Neuinfizierten verzeichnet, schweige der Präsident weitgehend zum Virus. Wenn er es doch einmal erwähnt, dann sei dies primär, um das Virus zu verharmlosen und die Folgen herunterzuspielen. Dabei sei es doch offensichtlich - von unzähligen Beamten des öffentlichen Gesundheitswesens und Epidemiologen dargelegt – was geschieht, wenn man das Virus als „erledigt“ abhakt und so tut als sei es ein Ding der Vergangenheit. Doch Präsident Trump scheine diese Hinweise zu ignorieren. Seine Parolen der letzten Wochen lauten „Öffnung!“ oder „Vergesst die Masken!“. In Trumps Welt, in der fabelhaften Welt eines Immobilienentwicklers, existiert das Virus nicht mehr.

 

Der Präsident möchte, dass die Öffentlichkeit ihm glaubt und scheint davon überzeugt zu sein, dass dieser Glaube sich dann auf die Realität übertragen lasse. Trumps Denkweise, so von Drehle, scheint zu sein: Wenn alle sich einig sind, dass die Gefahr vorbei ist und nicht mehr an das Virus denken, dann ist die Gefahr auch wirklich vorbei. Ein weiteres Kalkül von Trump könnte laut von Drehle sein, dass das Virus wie viele vorherige Coronaviren oder die Grippe über den Sommer verschwindet. Falls es überhaupt zurückkommt, so Trumps eventuelle Berechnung, dann erst nach der Wahl im November, wenn es bereits einen Impfstoff gibt. Diese Hoffnung auf die Sommerferien des Virus wurde nicht von Trump allein, sondern selbst von einigen optimistischen Experten geäußert. Doch der Glaube ist nicht zur Realität geworden. Jetzt, in den erhofften „Sommerferien“, sprach der WHO-Direktor die Wahrheit aus: „In Wahrheit weitet sich die Pandemie schneller aus.“

 

Der Washington Post-Autor erinnert daran, dass bald auch noch die Grippe-Saison beginnen werde. Wenn bis dahin nichts Wirkungsvolles gegen das neuartige Coronavirus unternommen werde, seien die USA bald mit beiden Krankheiten zugleich konfrontiert. Das würde die Krankenhäuser überfordern. Er empfiehlt deshalb etwas, das eigentlich selbstverständlich sein sollte: Schutzmasken in der Öffentlichkeit, soziale Distanzierung, Hände waschen. Was in den meisten Ländern der Welt Standard ist, für die USA wäre es ein Anfang. Zudem fordert er mehr Tests, bessere Kontaktverfolgung und wirksame Quarantäne-Reglungen.

 

Nicht zuletzt brauche es eine klare, wirksame Kommunikation von sachkundigen Behörden und eine dringenden Kampagne, um die Zahl der US-Amerikaner, die gegen die jährliche Grippe geimpft werden, deutlich zu erhöhen.

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Quelle: german.china.org.cn

Schlagworte: Immobilienentwickler,Coronavirus,Kommentar