USA passen ihre NATO-Strategie an und verlassen Deutschland

08.07.2020

von Shen Xiaoquan, 
 
Am 15. Juni kündigte US-Präsident Donald Trump offiziell an, die Gesamtzahl der in Deutschland stationierten US-Truppen auf 25.000 zu reduzieren, und warf Deutschland gleichzeitig vor, zu wenig zu den Militärausgaben der NATO beizutragen.



Trumps Entscheidung spiegelt die Entfremdung der europäischen und amerikanischen Beziehungen wider und ist auch eine Änderung der US-amerikanischen NATO-Verteidigungsstrategie.


Die USA kündigten den Truppen-Abzug einseitig an, was zu Unzufriedenheit auf deutscher Seite führte. In einem Interview am 26. Juni erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel, dass es zwar „wichtige Gründe" gebe, das Transatlantische Verteidigungsbündnis weiter aufrechtzuerhalten, aber wenn die USA nun freiwillig ihre Rolle als Weltmacht aufgeben würden, müsse Deutschland „grundsätzlich über die Zukunft der transatlantischen Beziehungen nachdenken“.
 
Der Truppen-Abzug ist ein strategischer Rückzug der USA aus Europa

 

Der Truppen-Rückzug ist Ausdruck der derzeit von den USA betriebenen Strategie, ihre Präsenz in Europa zu verkleinern. Dies wird die europäischen Verbündeten weiter dazu veranlassen, sich bezüglich der Zuverlässigkeit der US-Verpflichtungen Sorgen zu machen. Außerdem ist Europa besorgt, dass dieses Rütteln an der gemeinsamen Verteidigungsgrundlage der NATO die europäische Sicherheitsordnung, wie sie seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges bestand hatte, verändern könnte.

 

Kanzlerin Merkel hatte als Reaktion auf Trumps diverse Bemerkungen und Maßnahmen zu den transatlantischen Beziehungen bereits betont, dass „wir Europäer unser Schicksal selbst in die Hand nehmen müssen" und „wir für unsere Zukunft kämpfen müssen".

 

Diese Bemerkungen lassen vermuten, dass Europa den USA nicht mehr vertraut und sich nicht mehr auf sie verlassen will.

 

In den vergangenen Jahren wurde häufig ein eigenständiger europäischer Verteidigungsplan diskutiert, aber bislang wurden dabei nur geringe Fortschritte erzielt, da die USA als „Unterstützer" letztendlich noch als zuverlässig galten.

 

Der von Trump angekündigte Rückzug hat Europa in Alarmbereitschaft versetzt. Europa hat nun erkannt, wie wichtig und dringend es ist, seine eigene Verteidigungsfähigkeit zu stärken. Es ist zu erwarten, dass zukünftig beim Aufbau eines unabhängigen europäischen Verteidigungsmechanismus unter französischer und deutscher Leitung erhebliche Fortschritte erzielt werden.

 
USA wollen russischen Einfluss eindämmen


Nachdem Trump beschlossen hatte, einen Teil der Truppen aus Deutschland abzuziehen, schlug Polen sofort vor, dass die abgezogenen Truppen nun in Polen stationiert werden könnten.


Polen betrachtet Russland seit langer Zeit als seine größte Sicherheitsbedrohung, und das US-Militär ist eine „wichtige Abschreckung" dagegen. Dahinter steckt die Hoffnung, die USA und die NATO als Sicherheitsgarantien nutzen zu können.


In den letzten Jahren hat Polen die militärische Zusammenarbeit mit den USA und der NATO kontinuierlich verstärkt, mit beiden aktiv gemeinsame militärische Übungen durchgeführt und den USA angeboten, ein Raketenabwehrsystem in Polen zu installieren.


Der Transfer einiger US-Truppen von Deutschland nach Polen wäre eine wesentliche Anpassung der Verteidigungsstrategie der NATO. Mit dem Beitritt der mittel- und osteuropäischen Länder zur NATO und den deutlichen Meinungsunterschieden zwischen Deutschland und den USA in vielen Fragen ist Deutschlands geopolitischer Vorteil gesunken und auch innerhalb der US-amerikanischen Europa-Strategie ist Deutschlands Stellenwert zurückgegangen. Daher will das US-Militär Anpassungen vornehmen.


Polen liegt an der östlichen Grenze des NATO-Gebiets in der Nähe zu Russland, wodurch die militärische Präsenz der USA in Polen tatsächlich auch ein Einsatz an der „Frontlinie" der NATO wäre. Von der „strategischen Verkleinerung" bis zum „Vormarsch an die Front" nimmt die neue strategische Ausrichtung der USA gegenüber der NATO bereits Gestalt an.


Obwohl Trump die veralteten NATO-Funktionen in Frage stellte, betonte er, er würde die NATO nicht aufgeben, sondern sie ganz im Gegenteil sogar stärken. Die strategische Anpassung der USA an die NATO scheint das Ergebnis der Entfremdung des europäisch-amerikanischen Bündnisses zu sein.


Die eigentliche Absicht der USA ist es jedoch, russische Expansionsversuche noch effektiver zu verhindern und einzudämmen. Russland wird klar darauf reagieren, was die geopolitische Lage Europas wiederum noch unsicherer machen wird.


Der Autor ist Forscher vom World Issues Research Center der Xinhua-Nachrichtenagentur

Diesen Artikel DruckenMerkenSendenFeedback

Quelle: german.china.org.cn

Schlagworte: Trump,US-Truppe,NATO