Wirtschaftswissenschaftler

Chinas Entwicklung folgt einem neuen Modell

22.09.2020


Chinas Wirtschaftswachstum werde künftig zunehmend vom Binnenverbrauch und von Investitionen angetrieben, es seien mutigere Reformmaßnahmen erforderlich, um einen effizienteren Inlandsmarkt zu kultivieren und das Potenzial des Landes für ein qualitativ hochwertigeres Wachstum freizusetzen, erklärte ein führender Wirtschaftswissenschaftler.


Justin Yifu Lin, Ehrendekan der National School of Development an der Peking-Universität und ehemaliger Chefökonom der Weltbank, sieht Chinas Wandel von einer exportorientierten hin zu einer durch Binnenkonsum und Investitionen angetriebenen Wirtschaft als einen unvermeidlichen Schritt, da seine Wirtschaft aufgrund steigender Haushaltseinkommen und einem größeren Anteil des Dienstleistungssektors am BIP expandiert. 


Seiner Ansicht nach ist diese Verschiebung auch Hauptlogik und Hauptgrund für Chinas Entwicklungsmodell des dualen Kreislaufs, das kürzlich von der obersten Führung des Landes unterbreitet wurde.


"In der Vergangenheit wurde Chinas Wachstum als exportorientiert wahrgenommen, aber das ist mittlerweile eine Fehleinschätzung. Als große Volkswirtschaft müssen wir erkennen, dass der Verbraucherbinnenmarkt und Investitionen zu den wichtigsten Triebkräften für das Wachstum werden", sagte Lin kürzlich in einem Interview in Beijing.


Binnenmarkt im Fokus


Mit dieser Stellungnahme wolle er die Fehlwahrnehmung von einem exportorientieren Wachstumsmodell Chinas rechtzeitig klarstellen, sagte Lin. Tatsächlich sei der Exportanteil am chinesischen BIP von etwa 35 Prozent im Jahr 2006 auf rund 17 Prozent im vergangenen Jahr gesunken, so Lin weiter.


China werde seinen Wettbewerbsvorteil im Welthandel weiterhin nutzen und seinen Markt weiter für ausländische Unternehmen öffnen, um seinen riesigen Verbrauchermarkt zu teilen und seine qualitativ hochwertigen Produkte zu günstigeren Preisen anzubieten.


"Es ist eine Fehleinschätzung, dass sich China auf eine nach innen gerichtete und geschlossene Wirtschaft zubewegt. Das Land wird weiterhin Ressourcen sowohl auf den internen als auch den externen Märkten nutzen, Reformen weiter vertiefen und eine stärkere Öffnung vorantreiben", sagte Lin.


Der Wirtschaftswissenschaftler erklärte, dass mutigere Reformmaßnahmen in Bereichen wie dem Finanzdienstleistungssektor, dem Arbeits- und Grundstücksmarkt sowie dem Eigentumssystem erforderlich seien, um Marktverzerrungen zu verringern und das Potenzial Chinas für ein qualitativ hochwertiges Wachstum besser freizusetzen.


"Die Politik sollte Finanzinstitute dazu ermutigen, Kleinst- und Kleinunternehmen mehr finanzielle Unterstützung und Kredite anzubieten", sagte Lin. "Privatunternehmen sollten außerdem einen breiteren Zugang zu Branchen erhalten, in denen es bislang Eintrittsbarrieren für sie gibt".


Erhöhung der Haushaltseinkommen


Lin fügte hinzu, dass auch im Bereich der Vermögensverteilung Reformen durchgeführt werden sollten, um die Einkommensungleichheit zu verringern, die regionale Integration zu fördern und mehr Menschen von den Entwicklungsvorteilen des Landes profitieren zu lassen. In der Zwischenzeit sollte die Regierung daran arbeiten, das Einkommensniveau der chinesischen Haushalte weiter zu erhöhen, da der Ausbau des Binnenverbrauchs als ein wichtiger Wachstumsmotor von entscheidender Bedeutung sei.


Wichtig sei auch eine bessere Koordination zwischen Markt und Regierung, damit die Wirtschaft des Landes von einem effizienten Markt und einer unterstützenden Regierung profitieren könne, sagte er.


Chinas Vorteil liege in seiner vollständigen Produktionskette und Innovationskraft im Bereich der neuen Technologien. Das Land verfüge über ein großes Wachstumspotenzial, da sein Pro-Kopf-BIP gerade einmal 10.000 US-Dollar überschritten habe und damit unter dem US-Niveau von etwa 62.000 US-Dollar liege, erklärte der Wirtschaftswissenschaftler.

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Quelle: german.china.org.cn

Schlagworte: China,Entwicklung,Modell