Die großen Lieder der Dong: Himmlische Klänge aus den Bergen Guizhous
Das Dorf Xiaohuang im autonomen Bezirk der Miao und Dong-Nationalität in der Provinz Guizhou ist einer der Ursprungsorte der Großen Lieder der ethnischen Gruppe der Dong und wird daher auch als „Heimat der Großen Lieder der Dong“ bezeichnet.
Die Großen Lieder der Dong blicken auf eine mehr als 2500 Jahre alte Geschichte zurück. Sie sind eine Art Volkschor mit mehreren Stimmen, ohne Dirigent und ohne musikalische Begleitung.
Der Klang variiert zwischen hoch und tief, laut und leise. Die Lieder klingen manchmal ausgelassen, manchmal beruhigend und spiegeln das Leben der Dong wider, von historischen Ereignissen bis hin zu den Ritualen des täglichen Lebens. Die Dongs nutzen Lieder als Mittel, um Meinungen auszudrücken, Emotionen zu vermitteln und Ereignisse festzuhalten.
„Wir singen Lieder, wenn wir uns unterhalten, Geschichten erzählen, Gäste begrüßen, den Tisch decken, essen, lieben oder opfern“, erzählt ein alter Dorfbewohner. Die Großen Lieder decken sozusagen alle Aspekte des Lebens der Dong ab.
Die Großen Lieder der Dong erfordern ein Gesangsensemble von mindestens drei Personen, wobei jedes Ensemble aus mindestens einem Vorsänger, einem Sopran oder Tenor und mehreren Bassstimmen besteht.
Die Dongs haben keine eigene Schrift und können daher ihre Großen Lieder nur mündlich von Generation zu Generation weitergeben.
In den Dong-Dörfern kann fast jeder singen, von 80- oder 90-jährigen Senioren bis hin zu 4- oder 5-jährigen Kindern. In Xiaohuang, einem Dorf mit ca. 4.000 Einwohnern, sind z.B. mehr als 100 Gesangsgruppen unterschiedlichen Alters mit insgesamt 3.000 Mitgliedern organisiert.
Pan Cha Yinhua ist eine repräsentative Bewahrerin der Großen Lieder der Dong. “Die Menschen werden alt, wenn sie nicht mehr singen, und die Blumen blühen nicht, wenn sie keine Lieder hören”, sagt die 81-Jährige lächelnd.
Laut Pan Cha Yinhua glauben die Dongs, dass Essen den Körper und Singen das Herz nährt. Die Großen Lieder der Dong imitieren die Geräusche der Natur, wie das Zwitschern der Vögel, das Quaken der Frösche und das Zirpen der Zikaden. Mit ihrem Gesang preisen die Dongs die Schönheit der Natur, drücken ihre Sehnsucht nach Liebe aus und gedenken ihrer Vorfahren.
2006 wurden die Großen Lieder der Dong in das erste nationale Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Im Jahr 2009 wurden sie in die repräsentative UNESCO-Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufgenommen. Die Bewertung der UNESCO lautete: eine nationale Stimme, eine menschliche Kultur.
He Songyu, stellvertretender Direktor des Instituts für Literatur an der Pädagogischen Universität Guizhou, sieht in den Großen Liedern der Dong eine kulturelle Praxis dieser ethnischen Gruppe und eine Form, ihre langjährigen Erfahrungen in einer schriftlosen Gesellschaft zusammenzufassen. Die Großen Lieder der Dong ahmen nicht nur die Natur nach, sondern spiegeln auch die Arbeit, das Leben und die zwischenmenschlichen Beziehungen der Dongs wider, so He Songyu.
In den 1980er Jahren wurden die Großen Lieder der Dong in Frankreich aufgeführt. Es war der erste Auftritt dieser chinesischen Volksmusik im Ausland. Seitdem sind die Großen Lieder der Dong immer häufiger bei großen Veranstaltungen zu hören.